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Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895.

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Jahre 1876--80 53502 Kinder geboren, davon 13023, oder
etwa ein Viertel, ehe die Mutter 25 Jahre alt war. In
Berlin betrug für 1878 - 80 dieser Bruchtheil 23,8 %.*)
In den Neuengland-Staaten sind unter den Eheschliessenden
15--25 % der Frauen unter 20 Jahren und etwa 60 %
von ihnen unter 25 Jahren, von den heirathenden Männern
stehen etwa 40 % unter 25 Jahren.

Nach den Arbeiten von Körösi**) ist es zweifellos,
dass die Kinder, die vor der völligen Reife der Mütter
gezeugt werden, lebensschwächer sind, und dass man diese
völlige Reife der Mütter für gewöhnlich zu früh ansetzt.

Ein Ausschliessen offenbarer Schwächlinge und Kranker
von der Fortpflanzung findet nur in seltenen Fällen statt.
Krethi und Plethi heirathet lustig drauf los. Kränkliche
Menschen, alte Roues heirathen manchmal nur zu dem
Zweck, eine Pflegerin zu bekommen, und wenn dabei
dann nebenher noch so ein Häufchen Jammer auf die Welt
kommt, wird es noch mit aller möglichen Sorgfalt auf-
gepäppelt. In neuerer Zeit bemühen sich fromme Damen
sogar als Heirathsvermittler zwischen Blinden und Taub-
stummen.

Auch von kräftigen Gatten werden oft genug minder-
werthige Kinder gezeugt, weil sie die zwar der Wissenschaft
bekannten, aber in Folge unserer vortrefflichen Erziehung
ihnen selbst nicht zu Ohren gekommenen günstigen
Zeugungsbedingungen nicht zu benutzen und die ungünstigen
nicht zu vermeiden verstehen. Da wird so manches Kind
im halben Rausch oder kleineren Bruchtheilen dieses herr-
lichen Zustandes gezeugt, das sonst viel besser gerathen
wäre. So mancher Sprosse starker Geschlechter büsst
etwas von ihrer Constitutionskraft ein, weil der Vater ein

*) Statistik des Deutschen Reichs. Neu Folge, Bd. 44. S. 142.
**) Körösi, J. Ueber den Einfluss des elterlichen Alters auf
die Lebenskraft der Kinder. Hildebrand's Jahrb. für National-
Oeconomie und Stat. 3. Folge, 4. Bd. S. 518.

Jahre 1876—80 53502 Kinder geboren, davon 13023, oder
etwa ein Viertel, ehe die Mutter 25 Jahre alt war. In
Berlin betrug für 1878 ‒ 80 dieser Bruchtheil 23,8 %.*)
In den Neuengland-Staaten sind unter den Eheschliessenden
15—25 % der Frauen unter 20 Jahren und etwa 60 %
von ihnen unter 25 Jahren, von den heirathenden Männern
stehen etwa 40 % unter 25 Jahren.

Nach den Arbeiten von Körösi**) ist es zweifellos,
dass die Kinder, die vor der völligen Reife der Mütter
gezeugt werden, lebensschwächer sind, und dass man diese
völlige Reife der Mütter für gewöhnlich zu früh ansetzt.

Ein Ausschliessen offenbarer Schwächlinge und Kranker
von der Fortpflanzung findet nur in seltenen Fällen statt.
Krethi und Plethi heirathet lustig drauf los. Kränkliche
Menschen, alte Roués heirathen manchmal nur zu dem
Zweck, eine Pflegerin zu bekommen, und wenn dabei
dann nebenher noch so ein Häufchen Jammer auf die Welt
kommt, wird es noch mit aller möglichen Sorgfalt auf-
gepäppelt. In neuerer Zeit bemühen sich fromme Damen
sogar als Heirathsvermittler zwischen Blinden und Taub-
stummen.

Auch von kräftigen Gatten werden oft genug minder-
werthige Kinder gezeugt, weil sie die zwar der Wissenschaft
bekannten, aber in Folge unserer vortrefflichen Erziehung
ihnen selbst nicht zu Ohren gekommenen günstigen
Zeugungsbedingungen nicht zu benutzen und die ungünstigen
nicht zu vermeiden verstehen. Da wird so manches Kind
im halben Rausch oder kleineren Bruchtheilen dieses herr-
lichen Zustandes gezeugt, das sonst viel besser gerathen
wäre. So mancher Sprosse starker Geschlechter büsst
etwas von ihrer Constitutionskraft ein, weil der Vater ein

*) Statistik des Deutschen Reichs. Neu Folge, Bd. 44. S. 142.
**) Körösi, J. Ueber den Einfluss des elterlichen Alters auf
die Lebenskraft der Kinder. Hildebrand’s Jahrb. für National-
Oeconomie und Stat. 3. Folge, 4. Bd. S. 518.
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[149/0169] Jahre 1876—80 53502 Kinder geboren, davon 13023, oder etwa ein Viertel, ehe die Mutter 25 Jahre alt war. In Berlin betrug für 1878 ‒ 80 dieser Bruchtheil 23,8 %. *) In den Neuengland-Staaten sind unter den Eheschliessenden 15—25 % der Frauen unter 20 Jahren und etwa 60 % von ihnen unter 25 Jahren, von den heirathenden Männern stehen etwa 40 % unter 25 Jahren. Nach den Arbeiten von Körösi **) ist es zweifellos, dass die Kinder, die vor der völligen Reife der Mütter gezeugt werden, lebensschwächer sind, und dass man diese völlige Reife der Mütter für gewöhnlich zu früh ansetzt. Ein Ausschliessen offenbarer Schwächlinge und Kranker von der Fortpflanzung findet nur in seltenen Fällen statt. Krethi und Plethi heirathet lustig drauf los. Kränkliche Menschen, alte Roués heirathen manchmal nur zu dem Zweck, eine Pflegerin zu bekommen, und wenn dabei dann nebenher noch so ein Häufchen Jammer auf die Welt kommt, wird es noch mit aller möglichen Sorgfalt auf- gepäppelt. In neuerer Zeit bemühen sich fromme Damen sogar als Heirathsvermittler zwischen Blinden und Taub- stummen. Auch von kräftigen Gatten werden oft genug minder- werthige Kinder gezeugt, weil sie die zwar der Wissenschaft bekannten, aber in Folge unserer vortrefflichen Erziehung ihnen selbst nicht zu Ohren gekommenen günstigen Zeugungsbedingungen nicht zu benutzen und die ungünstigen nicht zu vermeiden verstehen. Da wird so manches Kind im halben Rausch oder kleineren Bruchtheilen dieses herr- lichen Zustandes gezeugt, das sonst viel besser gerathen wäre. So mancher Sprosse starker Geschlechter büsst etwas von ihrer Constitutionskraft ein, weil der Vater ein *) Statistik des Deutschen Reichs. Neu Folge, Bd. 44. S. 142. **) Körösi, J. Ueber den Einfluss des elterlichen Alters auf die Lebenskraft der Kinder. Hildebrand’s Jahrb. für National- Oeconomie und Stat. 3. Folge, 4. Bd. S. 518.

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Zitationshilfe: Ploetz, Alfred: Grundlinien einer Rassenhygiene. Berlin: Fischer, 1895, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ploetz_rassenhygiene_1895/169>, abgerufen am 22.11.2024.