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Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829.

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Kehren dann nach dreißig Jahren, eine Probe dann bestehn,
Da bisher du nichts als Täuschung, nichts als Hochverrath
ersannst,
Ob du mich platonisch lieben, und aus Liebe sterben kannst.
Diagoras.
Ueberzeugen dich, ich könne sterben, will ich alsobald,
Fliehen nach der Löwenhöhle, fliehen zum Hyänenwald,
Oder fliehn an's Meeresufer, wo ein lecker Nachen winkt,
Ihn besteigend, will ich schiffen, bis er berstend untersinkt!

(Ab.)
Zelinde.
Drohe nur! Nach dreißig Jahren seh' ich dich gesund und
frisch
Hier am Hofe wieder; doch da kommt ja mein Gemahl zu
Tisch.


Polybus, Zelinde.
Zelinde.
O mein Gemahl! Gedenke nicht der Nahrung,
Und freue jetzt dich einer süßern Gabe,
Die ich nach mancher ehlichen Erfahrung,
Wie eine Sara, dir zu bieten habe:
In dieser Windeln stiller Aufbewahrung
Schläft, was du lange dir ersehnt, ein Knabe:
Sieh dieses Kind, ich hab' es dir geboren,
Und ihm den Namen Oedipus erkoren.
Polybus.
Warum verbargst du diesen großen Segen,
Anstatt die Schwangerschaft mir mitzutheilen?
3*
Kehren dann nach dreißig Jahren, eine Probe dann beſtehn,
Da bisher du nichts als Taͤuſchung, nichts als Hochverrath
erſannſt,
Ob du mich platoniſch lieben, und aus Liebe ſterben kannſt.
Diagoras.
Ueberzeugen dich, ich koͤnne ſterben, will ich alſobald,
Fliehen nach der Loͤwenhoͤhle, fliehen zum Hyaͤnenwald,
Oder fliehn an's Meeresufer, wo ein lecker Nachen winkt,
Ihn beſteigend, will ich ſchiffen, bis er berſtend unterſinkt!

(Ab.)
Zelinde.
Drohe nur! Nach dreißig Jahren ſeh' ich dich geſund und
friſch
Hier am Hofe wieder; doch da kommt ja mein Gemahl zu
Tiſch.


Polybus, Zelinde.
Zelinde.
O mein Gemahl! Gedenke nicht der Nahrung,
Und freue jetzt dich einer ſuͤßern Gabe,
Die ich nach mancher ehlichen Erfahrung,
Wie eine Sara, dir zu bieten habe:
In dieſer Windeln ſtiller Aufbewahrung
Schlaͤft, was du lange dir erſehnt, ein Knabe:
Sieh dieſes Kind, ich hab' es dir geboren,
Und ihm den Namen Oedipus erkoren.
Polybus.
Warum verbargſt du dieſen großen Segen,
Anſtatt die Schwangerſchaft mir mitzutheilen?
3*
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[35/0041] Kehren dann nach dreißig Jahren, eine Probe dann beſtehn, Da bisher du nichts als Taͤuſchung, nichts als Hochverrath erſannſt, Ob du mich platoniſch lieben, und aus Liebe ſterben kannſt. Diagoras. Ueberzeugen dich, ich koͤnne ſterben, will ich alſobald, Fliehen nach der Loͤwenhoͤhle, fliehen zum Hyaͤnenwald, Oder fliehn an's Meeresufer, wo ein lecker Nachen winkt, Ihn beſteigend, will ich ſchiffen, bis er berſtend unterſinkt! (Ab.) Zelinde. Drohe nur! Nach dreißig Jahren ſeh' ich dich geſund und friſch Hier am Hofe wieder; doch da kommt ja mein Gemahl zu Tiſch. Polybus, Zelinde. Zelinde. O mein Gemahl! Gedenke nicht der Nahrung, Und freue jetzt dich einer ſuͤßern Gabe, Die ich nach mancher ehlichen Erfahrung, Wie eine Sara, dir zu bieten habe: In dieſer Windeln ſtiller Aufbewahrung Schlaͤft, was du lange dir erſehnt, ein Knabe: Sieh dieſes Kind, ich hab' es dir geboren, Und ihm den Namen Oedipus erkoren. Polybus. Warum verbargſt du dieſen großen Segen, Anſtatt die Schwangerſchaft mir mitzutheilen? 3*

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Zitationshilfe: Platen, August von: Der romantische Oedipus. Stuttgart u. a., 1829, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_oedipus_1829/41>, abgerufen am 11.12.2024.