Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.III. Amalfi. Festtag ist's und belebt sind Zellen und Gänge des Klosters, Welches am Felsabhang, in der Nähe des schönen Amalfi, Fluth und Gebirge beherrscht, und dem Auge behaglichen Spielraum Gönnt, zu den Füßen das Meer und hinaufwärts kantige Gipfel, Steile Terrassen umher, wo in Lauben die Rebe sich auf¬ rankt. Doch nicht Mönche bewohnen es mehr, nicht alte Choräle Hallen im Kirchengewölb' und erwecken das Echo des Kreuzgangs: Leer steht Saal und Gemach, in den Kalktufgrotten der Felswand Knien, der Gebete beraubt, eingehende Heiligenbilder. Sonntags aber entschallt den verödeten, langen Gebäuden Frohe Musik, es besucht sie die luftige Jugend Amalfi's: Kinder beschwingen im Hof, blitzäugige Knaben, den Kreisel Rasch an der Schnur, und fangen den taumelnden dann in der Hand auf; Aeltere werfen die Kugel indeß, die Entfernungen messend, Zählen, im Spiele der Morra, die Finger mit hurtigem Scharfblick, Oder sie stimmen zu rauhem Gesang einfache Guitarren, Freudebewegt. Theilnehmend erscheint ein gesitteter Jüng¬ ling Unter der Schaar, doch nicht in die Spiele sich selbst ein¬ mengend; III. Amalfi. Feſttag iſt's und belebt ſind Zellen und Gaͤnge des Kloſters, Welches am Felsabhang, in der Naͤhe des ſchoͤnen Amalfi, Fluth und Gebirge beherrſcht, und dem Auge behaglichen Spielraum Goͤnnt, zu den Fuͤßen das Meer und hinaufwaͤrts kantige Gipfel, Steile Terraſſen umher, wo in Lauben die Rebe ſich auf¬ rankt. Doch nicht Moͤnche bewohnen es mehr, nicht alte Choraͤle Hallen im Kirchengewoͤlb' und erwecken das Echo des Kreuzgangs: Leer ſteht Saal und Gemach, in den Kalktufgrotten der Felswand Knien, der Gebete beraubt, eingehende Heiligenbilder. Sonntags aber entſchallt den veroͤdeten, langen Gebaͤuden Frohe Muſik, es beſucht ſie die luftige Jugend Amalfi's: Kinder beſchwingen im Hof, blitzaͤugige Knaben, den Kreiſel Raſch an der Schnur, und fangen den taumelnden dann in der Hand auf; Aeltere werfen die Kugel indeß, die Entfernungen meſſend, Zaͤhlen, im Spiele der Morra, die Finger mit hurtigem Scharfblick, Oder ſie ſtimmen zu rauhem Geſang einfache Guitarren, Freudebewegt. Theilnehmend erſcheint ein geſitteter Juͤng¬ ling Unter der Schaar, doch nicht in die Spiele ſich ſelbſt ein¬ mengend; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="288" facs="#f0298"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Amalfi.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">F</hi>eſttag iſt's und belebt ſind Zellen und Gaͤnge des Kloſters,</l><lb/> <l>Welches am Felsabhang, in der Naͤhe des ſchoͤnen Amalfi,</l><lb/> <l>Fluth und Gebirge beherrſcht, und dem Auge behaglichen<lb/><hi rendition="#et">Spielraum</hi></l><lb/> <l>Goͤnnt, zu den Fuͤßen das Meer und hinaufwaͤrts kantige<lb/><hi rendition="#et">Gipfel,</hi></l><lb/> <l>Steile Terraſſen umher, wo in Lauben die Rebe ſich auf¬<lb/><hi rendition="#et">rankt.</hi></l><lb/> <l>Doch nicht Moͤnche bewohnen es mehr, nicht alte Choraͤle</l><lb/> <l>Hallen im Kirchengewoͤlb' und erwecken das Echo des<lb/><hi rendition="#et">Kreuzgangs:</hi></l><lb/> <l>Leer ſteht Saal und Gemach, in den Kalktufgrotten der<lb/><hi rendition="#et">Felswand</hi></l><lb/> <l>Knien, der Gebete beraubt, eingehende Heiligenbilder.</l><lb/> <l>Sonntags aber entſchallt den veroͤdeten, langen Gebaͤuden</l><lb/> <l>Frohe Muſik, es beſucht ſie die luftige Jugend Amalfi's:</l><lb/> <l>Kinder beſchwingen im Hof, blitzaͤugige Knaben, den Kreiſel</l><lb/> <l>Raſch an der Schnur, und fangen den taumelnden dann<lb/><hi rendition="#et">in der Hand auf;</hi></l><lb/> <l>Aeltere werfen die Kugel indeß, die Entfernungen meſſend,</l><lb/> <l>Zaͤhlen, im Spiele der Morra, die Finger mit hurtigem<lb/><hi rendition="#et">Scharfblick,</hi></l><lb/> <l>Oder ſie ſtimmen zu rauhem Geſang einfache Guitarren,</l><lb/> <l>Freudebewegt. Theilnehmend erſcheint ein geſitteter Juͤng¬<lb/><hi rendition="#et">ling</hi></l><lb/> <l>Unter der Schaar, doch nicht in die Spiele ſich ſelbſt ein¬<lb/><hi rendition="#et">mengend;</hi></l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [288/0298]
III.
Amalfi.
Feſttag iſt's und belebt ſind Zellen und Gaͤnge des Kloſters,
Welches am Felsabhang, in der Naͤhe des ſchoͤnen Amalfi,
Fluth und Gebirge beherrſcht, und dem Auge behaglichen
Spielraum
Goͤnnt, zu den Fuͤßen das Meer und hinaufwaͤrts kantige
Gipfel,
Steile Terraſſen umher, wo in Lauben die Rebe ſich auf¬
rankt.
Doch nicht Moͤnche bewohnen es mehr, nicht alte Choraͤle
Hallen im Kirchengewoͤlb' und erwecken das Echo des
Kreuzgangs:
Leer ſteht Saal und Gemach, in den Kalktufgrotten der
Felswand
Knien, der Gebete beraubt, eingehende Heiligenbilder.
Sonntags aber entſchallt den veroͤdeten, langen Gebaͤuden
Frohe Muſik, es beſucht ſie die luftige Jugend Amalfi's:
Kinder beſchwingen im Hof, blitzaͤugige Knaben, den Kreiſel
Raſch an der Schnur, und fangen den taumelnden dann
in der Hand auf;
Aeltere werfen die Kugel indeß, die Entfernungen meſſend,
Zaͤhlen, im Spiele der Morra, die Finger mit hurtigem
Scharfblick,
Oder ſie ſtimmen zu rauhem Geſang einfache Guitarren,
Freudebewegt. Theilnehmend erſcheint ein geſitteter Juͤng¬
ling
Unter der Schaar, doch nicht in die Spiele ſich ſelbſt ein¬
mengend;
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/298>, abgerufen am 03.03.2025. |