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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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Dort Sanct Elmo, wie drohts von dem grünenden Berg
herab!

Jenes andere, rings von Gewässer umplätschert, einst
War's der Garten Lukulls, des entthronten Augustulus
Schönes Inselasyl, in die Welle hinausgestreckt. --
Wo du gehst, es ergießen in Strömen die Menschen sich:
Willst zum Strande du folgen vielleicht und die Fischer
sehn,

Wie mit nerviger Kraft an das Ufer sie ziehn das Netz,
Singend, fröhliches Muths, in beglückender Dürftigkeit?
Und schon lauert der bettelnde Mönch an dem Ufersand,
Heischt sein Theil von dem Fang, und die Milderen rei¬
chen's ihm.

Ihre Weiber indeß, in beständiger Plauderlust,
Sitzen unter den Thüren, die Spindel zur Hand, umher.
Sieh, da zeigt sich ein heiteres Paar, und es zieht im
Nu

Castagnetten hervor und beginnt die bacchantische
Tarantella, den üppigen Tanz, und es bildet sich
Um die Beyden ein Kreis von Beschauenden flugs um¬
her ;

Mädchen kommen sogleich und erregen das Tamburin,
Dem einfacheren Ohr der Zufriedenen ist's Musik:
Zierlich wendet die Schöne sich nun, und der blühende
Jüngling auch. Wie er springt! Wie er leicht und be¬
hend sich dreht,

Stampfend, Feuer im Blick! Und er wirft ihr die Rose zu.
Anmuth aber verläßt den Begehrenden nie, sie zähmt
Sein wollüstiges Auge mit reizender Allgewalt:
Wohl dem Volke, dem glücklichen, dem die Natur verliehn
Angeborenes Maß, dem entfesselten Norden fremd! --
Durch's Gewühle mit Müh', ein Ermattender, drängst
du dich,

Dort Sanct Elmo, wie drohts von dem gruͤnenden Berg
herab!

Jenes andere, rings von Gewaͤſſer umplaͤtſchert, einſt
War's der Garten Lukulls, des entthronten Auguſtulus
Schoͤnes Inſelaſyl, in die Welle hinausgeſtreckt. —
Wo du gehſt, es ergießen in Stroͤmen die Menſchen ſich:
Willſt zum Strande du folgen vielleicht und die Fiſcher
ſehn,

Wie mit nerviger Kraft an das Ufer ſie ziehn das Netz,
Singend, froͤhliches Muths, in begluͤckender Duͤrftigkeit?
Und ſchon lauert der bettelnde Moͤnch an dem Uferſand,
Heiſcht ſein Theil von dem Fang, und die Milderen rei¬
chen's ihm.

Ihre Weiber indeß, in beſtaͤndiger Plauderluſt,
Sitzen unter den Thuͤren, die Spindel zur Hand, umher.
Sieh, da zeigt ſich ein heiteres Paar, und es zieht im
Nu

Caſtagnetten hervor und beginnt die bacchantiſche
Tarantella, den uͤppigen Tanz, und es bildet ſich
Um die Beyden ein Kreis von Beſchauenden flugs um¬
her ;

Maͤdchen kommen ſogleich und erregen das Tamburin,
Dem einfacheren Ohr der Zufriedenen iſt's Muſik:
Zierlich wendet die Schoͤne ſich nun, und der bluͤhende
Juͤngling auch. Wie er ſpringt! Wie er leicht und be¬
hend ſich dreht,

Stampfend, Feuer im Blick! Und er wirft ihr die Roſe zu.
Anmuth aber verlaͤßt den Begehrenden nie, ſie zaͤhmt
Sein wolluͤſtiges Auge mit reizender Allgewalt:
Wohl dem Volke, dem gluͤcklichen, dem die Natur verliehn
Angeborenes Maß, dem entfeſſelten Norden fremd! —
Durch's Gewuͤhle mit Muͤh', ein Ermattender, draͤngſt
du dich,

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[284/0294] Dort Sanct Elmo, wie drohts von dem gruͤnenden Berg herab! Jenes andere, rings von Gewaͤſſer umplaͤtſchert, einſt War's der Garten Lukulls, des entthronten Auguſtulus Schoͤnes Inſelaſyl, in die Welle hinausgeſtreckt. — Wo du gehſt, es ergießen in Stroͤmen die Menſchen ſich: Willſt zum Strande du folgen vielleicht und die Fiſcher ſehn, Wie mit nerviger Kraft an das Ufer ſie ziehn das Netz, Singend, froͤhliches Muths, in begluͤckender Duͤrftigkeit? Und ſchon lauert der bettelnde Moͤnch an dem Uferſand, Heiſcht ſein Theil von dem Fang, und die Milderen rei¬ chen's ihm. Ihre Weiber indeß, in beſtaͤndiger Plauderluſt, Sitzen unter den Thuͤren, die Spindel zur Hand, umher. Sieh, da zeigt ſich ein heiteres Paar, und es zieht im Nu Caſtagnetten hervor und beginnt die bacchantiſche Tarantella, den uͤppigen Tanz, und es bildet ſich Um die Beyden ein Kreis von Beſchauenden flugs um¬ her ; Maͤdchen kommen ſogleich und erregen das Tamburin, Dem einfacheren Ohr der Zufriedenen iſt's Muſik: Zierlich wendet die Schoͤne ſich nun, und der bluͤhende Juͤngling auch. Wie er ſpringt! Wie er leicht und be¬ hend ſich dreht, Stampfend, Feuer im Blick! Und er wirft ihr die Roſe zu. Anmuth aber verlaͤßt den Begehrenden nie, ſie zaͤhmt Sein wolluͤſtiges Auge mit reizender Allgewalt: Wohl dem Volke, dem gluͤcklichen, dem die Natur verliehn Angeborenes Maß, dem entfeſſelten Norden fremd! — Durch's Gewuͤhle mit Muͤh', ein Ermattender, draͤngſt du dich,

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/294>, abgerufen am 25.11.2024.