Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.X. Auf Gewässer, welche ruhen, Weil gebändiget vom Eise, Zieht die Jugend leichte Kreise, Wandelnd auf den Flügelschuhen. Doch ich wandle, Freund, alleine, Freund, allein und nicht zum Ziele: Der Gestalten sind so viele, Leider aber nicht die Deine. Hefte den Kothurn der Wogen An die leichten Hermesfüße, Daß begegnend bald dich grüße, Dem du dich so lang' entzogen! Welch ein Glück, dahin zu schwinden Auf der Fläche, klar und eben, Magisch sich vorüberschweben, Flieh'n sich und sich wiederfinden! Aber ist es nicht vergebens? Weilst du nicht, was kann es frommen? Dies unstäte Gehn und Kommen Ist das wahre Bild des Lebens. v. Platen's Gedichte. 2
X. Auf Gewaͤſſer, welche ruhen, Weil gebaͤndiget vom Eiſe, Zieht die Jugend leichte Kreiſe, Wandelnd auf den Fluͤgelſchuhen. Doch ich wandle, Freund, alleine, Freund, allein und nicht zum Ziele: Der Geſtalten ſind ſo viele, Leider aber nicht die Deine. Hefte den Kothurn der Wogen An die leichten Hermesfuͤße, Daß begegnend bald dich gruͤße, Dem du dich ſo lang' entzogen! Welch ein Gluͤck, dahin zu ſchwinden Auf der Flaͤche, klar und eben, Magiſch ſich voruͤberſchweben, Flieh'n ſich und ſich wiederfinden! Aber iſt es nicht vergebens? Weilſt du nicht, was kann es frommen? Dies unſtaͤte Gehn und Kommen Iſt das wahre Bild des Lebens. v. Platen's Gedichte. 2
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X.
Auf Gewaͤſſer, welche ruhen,
Weil gebaͤndiget vom Eiſe,
Zieht die Jugend leichte Kreiſe,
Wandelnd auf den Fluͤgelſchuhen.
Doch ich wandle, Freund, alleine,
Freund, allein und nicht zum Ziele:
Der Geſtalten ſind ſo viele,
Leider aber nicht die Deine.
Hefte den Kothurn der Wogen
An die leichten Hermesfuͤße,
Daß begegnend bald dich gruͤße,
Dem du dich ſo lang' entzogen!
Welch ein Gluͤck, dahin zu ſchwinden
Auf der Flaͤche, klar und eben,
Magiſch ſich voruͤberſchweben,
Flieh'n ſich und ſich wiederfinden!
Aber iſt es nicht vergebens?
Weilſt du nicht, was kann es frommen?
Dies unſtaͤte Gehn und Kommen
Iſt das wahre Bild des Lebens.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/27>, abgerufen am 03.03.2025. |