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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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Nicht weil im Prunksaal Schätze der Kunst du häufst,
Vor denen jezt stummgaffende Britten stehn;
Wie manches Denkmal ist, Florenz, dir
Fremder geworden als selbst dem Fremdling!
Nie wieder tritt die Sonne der Medicis,
Was auch geschehn mag, über den Horizont,
Längst schläft Da Vinci, Buonarotti,
Macchiavell und der alte Dante:
Allein du blühst durch deine Gestalten fort,
Und jener Kunst Vorbilder, sie wandeln am
Lungarno heut wie sonst, sie füllen
Deine Theater noch an, wie vormals.
Kaum hat der Blick, vor zögerndem Unbestand
Sich scheuend, freudvoll eine Gestalt erwählt,
Als höchste Schönheit kaum gefeiert:
Wandelt die schönere schon vorüber!
Und hat das florentinische Mädchen nicht
Von frühster Jugend liebend emporgestaunt
Zur Venus Tizians, und tausend
Reize der Reizenden weggelauschet?
Und deiner Söhne Mütter, o sprich, Florenz!
Ob nie die sehnsuchtsvolleren Blicke sie
Gesenkt vor Benvenuto's Perseus,
Oder dem himmlischen Apollino?
Nicht weil im Prunkſaal Schaͤtze der Kunſt du haͤufſt,
Vor denen jezt ſtummgaffende Britten ſtehn;
Wie manches Denkmal iſt, Florenz, dir
Fremder geworden als ſelbſt dem Fremdling!
Nie wieder tritt die Sonne der Medicis,
Was auch geſchehn mag, uͤber den Horizont,
Laͤngſt ſchlaͤft Da Vinci, Buonarotti,
Macchiavell und der alte Dante:
Allein du bluͤhſt durch deine Geſtalten fort,
Und jener Kunſt Vorbilder, ſie wandeln am
Lungarno heut wie ſonſt, ſie fuͤllen
Deine Theater noch an, wie vormals.
Kaum hat der Blick, vor zoͤgerndem Unbeſtand
Sich ſcheuend, freudvoll eine Geſtalt erwaͤhlt,
Als hoͤchſte Schoͤnheit kaum gefeiert:
Wandelt die ſchoͤnere ſchon voruͤber!
Und hat das florentiniſche Maͤdchen nicht
Von fruͤhſter Jugend liebend emporgeſtaunt
Zur Venus Tizians, und tauſend
Reize der Reizenden weggelauſchet?
Und deiner Soͤhne Muͤtter, o ſprich, Florenz!
Ob nie die ſehnſuchtsvolleren Blicke ſie
Geſenkt vor Benvenuto's Perſeus,
Oder dem himmliſchen Apollino?
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[245/0255] Nicht weil im Prunkſaal Schaͤtze der Kunſt du haͤufſt, Vor denen jezt ſtummgaffende Britten ſtehn; Wie manches Denkmal iſt, Florenz, dir Fremder geworden als ſelbſt dem Fremdling! Nie wieder tritt die Sonne der Medicis, Was auch geſchehn mag, uͤber den Horizont, Laͤngſt ſchlaͤft Da Vinci, Buonarotti, Macchiavell und der alte Dante: Allein du bluͤhſt durch deine Geſtalten fort, Und jener Kunſt Vorbilder, ſie wandeln am Lungarno heut wie ſonſt, ſie fuͤllen Deine Theater noch an, wie vormals. Kaum hat der Blick, vor zoͤgerndem Unbeſtand Sich ſcheuend, freudvoll eine Geſtalt erwaͤhlt, Als hoͤchſte Schoͤnheit kaum gefeiert: Wandelt die ſchoͤnere ſchon voruͤber! Und hat das florentiniſche Maͤdchen nicht Von fruͤhſter Jugend liebend emporgeſtaunt Zur Venus Tizians, und tauſend Reize der Reizenden weggelauſchet? Und deiner Soͤhne Muͤtter, o ſprich, Florenz! Ob nie die ſehnſuchtsvolleren Blicke ſie Geſenkt vor Benvenuto's Perſeus, Oder dem himmliſchen Apollino?

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/255>, abgerufen am 25.11.2024.