Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXII. Jahre schwanden, dieser Busen ist von Liebe rein ge¬ wesen, Was ihn wieder hat befangen, ist ein Becher Wein ge¬ wesen: Frühlingshauch aus goldnen Locken lockte mich in ehr'ne Bande, Denn ihr Anbeginn ist Irrthum, und ihr Ende Pein gewesen: An bemalten Schaugerichten wollt' ich meinen Hunger stillen, Aber was mir Brod geschienen ist ein kalter Stein ge¬ wesen: Gold und Silber wollt' ich fördern auf im Traum ge¬ seh'nen Plätzen, Aber was ich ausgegraben ist ein morsch Gebein gewesen. Will mich dennoch, aus der Ferne, deine Huld und Milde segnen, Soll mir theurer seyn die Trennung, als es der Verein gewesen; Flattersinnig, unbeständig ließ ich zwar das Auge schweifen, Doch es ist das Herz im Stillen, ganz im Stillen, dein gewesen: Was zu dir mich hingezogen, war Geschick und Gegenliebe, Was an Jene mich gefesselt, ist ein falscher Schein ge¬ wesen: Richte nicht zu streng die Lieder, die ich nicht an dich gerichtet, Freylich, solcher Lieder würdig wärst du ganz allein ge¬ wesen! XXII. Jahre ſchwanden, dieſer Buſen iſt von Liebe rein ge¬ weſen, Was ihn wieder hat befangen, iſt ein Becher Wein ge¬ weſen: Fruͤhlingshauch aus goldnen Locken lockte mich in ehr'ne Bande, Denn ihr Anbeginn iſt Irrthum, und ihr Ende Pein geweſen: An bemalten Schaugerichten wollt' ich meinen Hunger ſtillen, Aber was mir Brod geſchienen iſt ein kalter Stein ge¬ weſen: Gold und Silber wollt' ich foͤrdern auf im Traum ge¬ ſeh'nen Plaͤtzen, Aber was ich ausgegraben iſt ein morſch Gebein geweſen. Will mich dennoch, aus der Ferne, deine Huld und Milde ſegnen, Soll mir theurer ſeyn die Trennung, als es der Verein geweſen; Flatterſinnig, unbeſtaͤndig ließ ich zwar das Auge ſchweifen, Doch es iſt das Herz im Stillen, ganz im Stillen, dein geweſen: Was zu dir mich hingezogen, war Geſchick und Gegenliebe, Was an Jene mich gefeſſelt, iſt ein falſcher Schein ge¬ weſen: Richte nicht zu ſtreng die Lieder, die ich nicht an dich gerichtet, Freylich, ſolcher Lieder wuͤrdig waͤrſt du ganz allein ge¬ weſen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="140" facs="#f0150"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">XXII</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">J</hi>ahre ſchwanden, dieſer Buſen iſt von Liebe rein ge¬<lb/><hi rendition="#et">weſen,</hi></l><lb/> <l>Was ihn wieder hat befangen, iſt ein Becher Wein ge¬<lb/><hi rendition="#et">weſen:</hi></l><lb/> <l>Fruͤhlingshauch aus goldnen Locken lockte mich in ehr'ne<lb/><hi rendition="#et">Bande,</hi></l><lb/> <l>Denn ihr Anbeginn iſt Irrthum, und ihr Ende Pein<lb/><hi rendition="#et">geweſen:</hi></l><lb/> <l>An bemalten Schaugerichten wollt' ich meinen Hunger<lb/><hi rendition="#et">ſtillen,</hi></l><lb/> <l>Aber was mir Brod geſchienen iſt ein kalter Stein ge¬<lb/><hi rendition="#et">weſen:</hi></l><lb/> <l>Gold und Silber wollt' ich foͤrdern auf im Traum ge¬<lb/><hi rendition="#et">ſeh'nen Plaͤtzen,</hi></l><lb/> <l>Aber was ich ausgegraben iſt ein morſch Gebein geweſen.</l><lb/> <l>Will mich dennoch, aus der Ferne, deine Huld und<lb/><hi rendition="#et">Milde ſegnen,</hi></l><lb/> <l>Soll mir theurer ſeyn die Trennung, als es der Verein<lb/><hi rendition="#et">geweſen;</hi></l><lb/> <l>Flatterſinnig, unbeſtaͤndig ließ ich zwar das Auge ſchweifen,</l><lb/> <l>Doch es iſt das Herz im Stillen, ganz im Stillen, dein<lb/><hi rendition="#et">geweſen:</hi></l><lb/> <l>Was zu dir mich hingezogen, war Geſchick und Gegenliebe,</l><lb/> <l>Was an Jene mich gefeſſelt, iſt ein falſcher Schein ge¬<lb/><hi rendition="#et">weſen:</hi></l><lb/> <l>Richte nicht zu ſtreng die Lieder, die ich nicht an dich<lb/><hi rendition="#et">gerichtet,</hi></l><lb/> <l>Freylich, ſolcher Lieder wuͤrdig waͤrſt du ganz allein ge¬<lb/><hi rendition="#et">weſen!</hi></l><lb/> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [140/0150]
XXII.
Jahre ſchwanden, dieſer Buſen iſt von Liebe rein ge¬
weſen,
Was ihn wieder hat befangen, iſt ein Becher Wein ge¬
weſen:
Fruͤhlingshauch aus goldnen Locken lockte mich in ehr'ne
Bande,
Denn ihr Anbeginn iſt Irrthum, und ihr Ende Pein
geweſen:
An bemalten Schaugerichten wollt' ich meinen Hunger
ſtillen,
Aber was mir Brod geſchienen iſt ein kalter Stein ge¬
weſen:
Gold und Silber wollt' ich foͤrdern auf im Traum ge¬
ſeh'nen Plaͤtzen,
Aber was ich ausgegraben iſt ein morſch Gebein geweſen.
Will mich dennoch, aus der Ferne, deine Huld und
Milde ſegnen,
Soll mir theurer ſeyn die Trennung, als es der Verein
geweſen;
Flatterſinnig, unbeſtaͤndig ließ ich zwar das Auge ſchweifen,
Doch es iſt das Herz im Stillen, ganz im Stillen, dein
geweſen:
Was zu dir mich hingezogen, war Geſchick und Gegenliebe,
Was an Jene mich gefeſſelt, iſt ein falſcher Schein ge¬
weſen:
Richte nicht zu ſtreng die Lieder, die ich nicht an dich
gerichtet,
Freylich, ſolcher Lieder wuͤrdig waͤrſt du ganz allein ge¬
weſen!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/150>, abgerufen am 03.03.2025. |