Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Gaselen. I. Wer hätte nicht, wie Schemseddin, des Weins Genuß geliebt? Wer hat nicht, was er muß, gehaßt, und was er muß, geliebt? Wir haben stets das volle Glas, das auf und nieder kreis't, Dabey der Rede Wechselkampf, des Lieds Erguß geliebt; Wir haben stets den Wohlgeruch im Rosenhain und stets Das feuerfarbne Tulpenbeet am kühlen Fluß geliebt; Wo Mädchenwange ladet ein, wo Mädchenauge späht, Wer hätte nicht verstohlnen Wink, verstohlnen Kuß ge¬ liebt; Es bleibe fern der feige Knecht, der schöne Form er¬ kannt, Und nicht sie mit unendlichem Gemüthsentschluß geliebt! Vor Allem lebe Hafis hoch, so rufe laut mir uns, Wer unsres Liedes Anbeginn, und wer den Schluß ge¬ liebt! Gaſelen. I. Wer haͤtte nicht, wie Schemseddin, des Weins Genuß geliebt? Wer hat nicht, was er muß, gehaßt, und was er muß, geliebt? Wir haben ſtets das volle Glas, das auf und nieder kreiſ't, Dabey der Rede Wechſelkampf, des Lieds Erguß geliebt; Wir haben ſtets den Wohlgeruch im Roſenhain und ſtets Das feuerfarbne Tulpenbeet am kuͤhlen Fluß geliebt; Wo Maͤdchenwange ladet ein, wo Maͤdchenauge ſpaͤht, Wer haͤtte nicht verſtohlnen Wink, verſtohlnen Kuß ge¬ liebt; Es bleibe fern der feige Knecht, der ſchoͤne Form er¬ kannt, Und nicht ſie mit unendlichem Gemuͤthsentſchluß geliebt! Vor Allem lebe Hafis hoch, ſo rufe laut mir uns, Wer unſres Liedes Anbeginn, und wer den Schluß ge¬ liebt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb n="[103]" facs="#f0113"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Gaſelen.</hi><lb/> </head> <div n="4"> <head><hi rendition="#aq">I</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>er haͤtte nicht, wie Schemseddin, des Weins Genuß<lb/><hi rendition="#et">geliebt?</hi></l><lb/> <l>Wer hat nicht, was er muß, gehaßt, und was er muß,<lb/><hi rendition="#et">geliebt?</hi></l><lb/> <l>Wir haben ſtets das volle Glas, das auf und nieder<lb/><hi rendition="#et">kreiſ't,</hi></l><lb/> <l>Dabey der Rede Wechſelkampf, des Lieds Erguß geliebt;</l><lb/> <l>Wir haben ſtets den Wohlgeruch im Roſenhain und ſtets</l><lb/> <l>Das feuerfarbne Tulpenbeet am kuͤhlen Fluß geliebt;</l><lb/> <l>Wo Maͤdchenwange ladet ein, wo Maͤdchenauge ſpaͤht,</l><lb/> <l>Wer haͤtte nicht verſtohlnen Wink, verſtohlnen Kuß ge¬<lb/><hi rendition="#et">liebt;</hi></l><lb/> <l>Es bleibe fern der feige Knecht, der ſchoͤne Form er¬<lb/><hi rendition="#et">kannt,</hi></l><lb/> <l>Und nicht ſie mit unendlichem Gemuͤthsentſchluß geliebt!</l><lb/> <l>Vor Allem lebe <hi rendition="#g">Hafis</hi> hoch, ſo rufe laut mir uns,</l><lb/> <l>Wer unſres Liedes Anbeginn, und wer den Schluß ge¬<lb/><hi rendition="#et">liebt!</hi></l><lb/> </lg> </div> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[103]/0113]
Gaſelen.
I.
Wer haͤtte nicht, wie Schemseddin, des Weins Genuß
geliebt?
Wer hat nicht, was er muß, gehaßt, und was er muß,
geliebt?
Wir haben ſtets das volle Glas, das auf und nieder
kreiſ't,
Dabey der Rede Wechſelkampf, des Lieds Erguß geliebt;
Wir haben ſtets den Wohlgeruch im Roſenhain und ſtets
Das feuerfarbne Tulpenbeet am kuͤhlen Fluß geliebt;
Wo Maͤdchenwange ladet ein, wo Maͤdchenauge ſpaͤht,
Wer haͤtte nicht verſtohlnen Wink, verſtohlnen Kuß ge¬
liebt;
Es bleibe fern der feige Knecht, der ſchoͤne Form er¬
kannt,
Und nicht ſie mit unendlichem Gemuͤthsentſchluß geliebt!
Vor Allem lebe Hafis hoch, ſo rufe laut mir uns,
Wer unſres Liedes Anbeginn, und wer den Schluß ge¬
liebt!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. [103]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/113>, abgerufen am 03.03.2025. |