Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.
Drum sind auch blos Saalbader in Gunst bei ihr, Saal- bader in Achtung; Drum liest sie nur dich, statt Goethe und statt Jean Paul, saalbadernder Clauren, Und blättert, anstatt in der Bibel, in euch, saalbadernde Stunden der Andacht! Ach, während der Wirth mir erzählte, befiel mich im Her- zen die stärkste Versuchung: O hätt' ich doch nur die geringste Partie vom Riesenver- mögen der Lady! Sie könnte mir wohl abtreten ein Theil, nur ein Röllchen Dukaten als Zehrgeld: Es erfordert ja doch ein gerechtes Gesetz gleichmäßige Gü- tervertheilung! O könnt' ich doch nur aufsprengen dahier die gewaltige Kiste von Eisen! Aber das ist ganz unmöglich, scheint's, da zu stark und fest sie verwahrt ist. Mag seyn, daß drinnen im Schlafkabinet zur Seite der Lady die Börse Auf dem Nachttisch liegt, die könnt' ich ja wohl, ganz ohne Gefährde, stipitzen. Doch würde mir wach die Britannierin? Dann müßt' ich verstopfen den Mund ihr. Wie verhängnißvoll, daß gerad' ich noch mithabe die Gabel des Mopsus! Nur ein Stich, so spaziert noch heute mir durch elysäische Felder die Lady: Glückseliges Loos! Auch sagte der Wirth, sie wäre vermuth- lich ein Scheusal. Hat Herkules nicht von solchem Gethüm die gesäuberten Länder befreit einst?
Drum ſind auch blos Saalbader in Gunſt bei ihr, Saal- bader in Achtung; Drum liest ſie nur dich, ſtatt Goethe und ſtatt Jean Paul, ſaalbadernder Clauren, Und blaͤttert, anſtatt in der Bibel, in euch, ſaalbadernde Stunden der Andacht! Ach, waͤhrend der Wirth mir erzaͤhlte, befiel mich im Her- zen die ſtaͤrkſte Verſuchung: O haͤtt' ich doch nur die geringſte Partie vom Rieſenver- moͤgen der Lady! Sie koͤnnte mir wohl abtreten ein Theil, nur ein Roͤllchen Dukaten als Zehrgeld: Es erfordert ja doch ein gerechtes Geſetz gleichmaͤßige Guͤ- tervertheilung! O koͤnnt' ich doch nur aufſprengen dahier die gewaltige Kiſte von Eiſen! Aber das iſt ganz unmoͤglich, ſcheint's, da zu ſtark und feſt ſie verwahrt iſt. Mag ſeyn, daß drinnen im Schlafkabinet zur Seite der Lady die Boͤrſe Auf dem Nachttiſch liegt, die koͤnnt' ich ja wohl, ganz ohne Gefaͤhrde, ſtipitzen. Doch wuͤrde mir wach die Britannierin? Dann muͤßt' ich verſtopfen den Mund ihr. Wie verhaͤngnißvoll, daß gerad' ich noch mithabe die Gabel des Mopſus! Nur ein Stich, ſo ſpaziert noch heute mir durch elyſaͤiſche Felder die Lady: Gluͤckſeliges Loos! Auch ſagte der Wirth, ſie waͤre vermuth- lich ein Scheuſal. Hat Herkules nicht von ſolchem Gethuͤm die geſaͤuberten Laͤnder befreit einſt? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#DAM"> <p><pb facs="#f0085" n="79"/> Drum ſind auch blos Saalbader in Gunſt bei ihr, Saal-<lb/> bader in Achtung;<lb/> Drum liest ſie nur dich, ſtatt Goethe und ſtatt Jean Paul,<lb/> ſaalbadernder Clauren,<lb/> Und blaͤttert, anſtatt in der Bibel, in euch, ſaalbadernde<lb/> Stunden der Andacht!<lb/> Ach, waͤhrend der Wirth mir erzaͤhlte, befiel mich im Her-<lb/> zen die ſtaͤrkſte Verſuchung:<lb/> O haͤtt' ich doch nur die geringſte Partie vom Rieſenver-<lb/> moͤgen der Lady!<lb/> Sie koͤnnte mir wohl abtreten ein Theil, nur ein Roͤllchen<lb/> Dukaten als Zehrgeld:<lb/> Es erfordert ja doch ein gerechtes Geſetz gleichmaͤßige Guͤ-<lb/> tervertheilung!<lb/> O koͤnnt' ich doch nur aufſprengen dahier die gewaltige Kiſte<lb/> von Eiſen!<lb/> Aber das iſt ganz unmoͤglich, ſcheint's, da zu ſtark und<lb/> feſt ſie verwahrt iſt.<lb/> Mag ſeyn, daß drinnen im Schlafkabinet zur Seite der<lb/> Lady die Boͤrſe<lb/> Auf dem Nachttiſch liegt, die koͤnnt' ich ja wohl, ganz ohne<lb/> Gefaͤhrde, ſtipitzen.<lb/> Doch wuͤrde mir wach die Britannierin? Dann muͤßt' ich<lb/> verſtopfen den Mund ihr.<lb/> Wie verhaͤngnißvoll, daß gerad' ich noch mithabe die Gabel<lb/> des Mopſus!<lb/> Nur ein Stich, ſo ſpaziert noch heute mir durch elyſaͤiſche<lb/> Felder die Lady:<lb/> Gluͤckſeliges Loos! Auch ſagte der Wirth, ſie waͤre vermuth-<lb/> lich ein Scheuſal.<lb/> Hat Herkules nicht von ſolchem Gethuͤm die geſaͤuberten<lb/> Laͤnder befreit einſt?<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0085]
Drum ſind auch blos Saalbader in Gunſt bei ihr, Saal-
bader in Achtung;
Drum liest ſie nur dich, ſtatt Goethe und ſtatt Jean Paul,
ſaalbadernder Clauren,
Und blaͤttert, anſtatt in der Bibel, in euch, ſaalbadernde
Stunden der Andacht!
Ach, waͤhrend der Wirth mir erzaͤhlte, befiel mich im Her-
zen die ſtaͤrkſte Verſuchung:
O haͤtt' ich doch nur die geringſte Partie vom Rieſenver-
moͤgen der Lady!
Sie koͤnnte mir wohl abtreten ein Theil, nur ein Roͤllchen
Dukaten als Zehrgeld:
Es erfordert ja doch ein gerechtes Geſetz gleichmaͤßige Guͤ-
tervertheilung!
O koͤnnt' ich doch nur aufſprengen dahier die gewaltige Kiſte
von Eiſen!
Aber das iſt ganz unmoͤglich, ſcheint's, da zu ſtark und
feſt ſie verwahrt iſt.
Mag ſeyn, daß drinnen im Schlafkabinet zur Seite der
Lady die Boͤrſe
Auf dem Nachttiſch liegt, die koͤnnt' ich ja wohl, ganz ohne
Gefaͤhrde, ſtipitzen.
Doch wuͤrde mir wach die Britannierin? Dann muͤßt' ich
verſtopfen den Mund ihr.
Wie verhaͤngnißvoll, daß gerad' ich noch mithabe die Gabel
des Mopſus!
Nur ein Stich, ſo ſpaziert noch heute mir durch elyſaͤiſche
Felder die Lady:
Gluͤckſeliges Loos! Auch ſagte der Wirth, ſie waͤre vermuth-
lich ein Scheuſal.
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