Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.

Bild:
<< vorherige Seite
Sirmio, Damon.
Sirmio.
Aus dem Hause stürzt der Schultheiß? Was ist das? Was ist
geschehen?
Damon.
Jammer über Jammer! Wehe! Wehe mir! Was mußt' ich
sehen!
Sirmio.
Blutig ist er, in den Händen hält er eine blut'ge Gabel.
Damon.
Ha! Das geht noch über Kain, Kain schlug doch blos den Abel!
Sirmio.
Ei, warum so früh, Herr Schultheiß, und aus welchem In-
teresse --
Damon.
Was für Untersuchungskosten! Was für Kriminalprozesse!
Sirmio.
Hört ihr mich denn nicht, Herr Schultheiß? Sagt mir nur,
woher so frühe?
Damon.
Eile selbst hinein zum Mopsus, und erspare [mi]r die Mühe!
(Sirmio ab.)
Damon.
Nein! Ich beb' an allen Gliedern! Hätte Schmuhl mir das be-
gangen?
Einen Universitätsfreund sieht man doch nicht gern gehangen!
Er, der in Moralcollegien schlummernd neben mir gesessen!
Zwar, es kann der beste Mensch sich einen Augenblick vergessen!
Doch in einigen Minuten hat er das wol nicht verbrochen,
S[i]cher hat er an so Vielen stundenlang herumgestochen.
Läßt er nicht sich doch vertheid'gen? Bin ich denn umsonst belesen?
Sirmio, Damon.
Sirmio.
Aus dem Hauſe ſtuͤrzt der Schultheiß? Was iſt das? Was iſt
geſchehen?
Damon.
Jammer uͤber Jammer! Wehe! Wehe mir! Was mußt' ich
ſehen!
Sirmio.
Blutig iſt er, in den Haͤnden haͤlt er eine blut'ge Gabel.
Damon.
Ha! Das geht noch uͤber Kain, Kain ſchlug doch blos den Abel!
Sirmio.
Ei, warum ſo fruͤh, Herr Schultheiß, und aus welchem In-
tereſſe —
Damon.
Was fuͤr Unterſuchungskoſten! Was fuͤr Kriminalprozeſſe!
Sirmio.
Hoͤrt ihr mich denn nicht, Herr Schultheiß? Sagt mir nur,
woher ſo fruͤhe?
Damon.
Eile ſelbſt hinein zum Mopſus, und erſpare [mi]r die Muͤhe!
(Sirmio ab.)
Damon.
Nein! Ich beb' an allen Gliedern! Haͤtte Schmuhl mir das be-
gangen?
Einen Univerſitaͤtsfreund ſieht man doch nicht gern gehangen!
Er, der in Moralcollegien ſchlummernd neben mir geſeſſen!
Zwar, es kann der beſte Menſch ſich einen Augenblick vergeſſen!
Doch in einigen Minuten hat er das wol nicht verbrochen,
S[i]cher hat er an ſo Vielen ſtundenlang herumgeſtochen.
Laͤßt er nicht ſich doch vertheid'gen? Bin ich denn umſonſt beleſen?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#SIR">
            <pb facs="#f0069" n="63"/>
            <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio, Damon</hi>.</hi> </stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Aus dem Hau&#x017F;e &#x017F;tu&#x0364;rzt der Schultheiß? Was i&#x017F;t das? Was i&#x017F;t<lb/>
ge&#x017F;chehen?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Jammer u&#x0364;ber Jammer! Wehe! Wehe mir! Was mußt' ich<lb/>
&#x017F;ehen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Blutig i&#x017F;t er, in den Ha&#x0364;nden ha&#x0364;lt er eine blut'ge Gabel.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ha! Das geht noch u&#x0364;ber Kain, Kain &#x017F;chlug doch blos den Abel!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ei, warum &#x017F;o fru&#x0364;h, Herr Schultheiß, und aus welchem In-<lb/>
tere&#x017F;&#x017F;e &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Was fu&#x0364;r Unter&#x017F;uchungsko&#x017F;ten! Was fu&#x0364;r Kriminalproze&#x017F;&#x017F;e!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SIR">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Sirmio</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Ho&#x0364;rt ihr mich denn nicht, Herr Schultheiß? Sagt mir nur,<lb/>
woher &#x017F;o fru&#x0364;he?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Eile &#x017F;elb&#x017F;t hinein zum Mop&#x017F;us, und er&#x017F;pare <supplied>mi</supplied>r die Mu&#x0364;he!</p><lb/>
            <stage> <hi rendition="#right">(<hi rendition="#g">Sirmio</hi> ab.)</hi> </stage>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DAM">
            <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Damon</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Nein! Ich beb' an allen Gliedern! Ha&#x0364;tte Schmuhl mir das be-<lb/>
gangen?<lb/>
Einen Univer&#x017F;ita&#x0364;tsfreund &#x017F;ieht man doch nicht gern gehangen!<lb/>
Er, der in Moralcollegien &#x017F;chlummernd neben mir ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Zwar, es kann der be&#x017F;te Men&#x017F;ch &#x017F;ich einen Augenblick verge&#x017F;&#x017F;en!<lb/>
Doch in einigen Minuten hat er das wol nicht verbrochen,<lb/>
S<supplied reason="damage">i</supplied>cher hat er an &#x017F;o Vielen &#x017F;tundenlang herumge&#x017F;tochen.<lb/>
La&#x0364;ßt er nicht &#x017F;ich doch vertheid'gen? Bin ich denn um&#x017F;on&#x017F;t bele&#x017F;en?<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[63/0069] Sirmio, Damon. Sirmio. Aus dem Hauſe ſtuͤrzt der Schultheiß? Was iſt das? Was iſt geſchehen? Damon. Jammer uͤber Jammer! Wehe! Wehe mir! Was mußt' ich ſehen! Sirmio. Blutig iſt er, in den Haͤnden haͤlt er eine blut'ge Gabel. Damon. Ha! Das geht noch uͤber Kain, Kain ſchlug doch blos den Abel! Sirmio. Ei, warum ſo fruͤh, Herr Schultheiß, und aus welchem In- tereſſe — Damon. Was fuͤr Unterſuchungskoſten! Was fuͤr Kriminalprozeſſe! Sirmio. Hoͤrt ihr mich denn nicht, Herr Schultheiß? Sagt mir nur, woher ſo fruͤhe? Damon. Eile ſelbſt hinein zum Mopſus, und erſpare mir die Muͤhe! (Sirmio ab.) Damon. Nein! Ich beb' an allen Gliedern! Haͤtte Schmuhl mir das be- gangen? Einen Univerſitaͤtsfreund ſieht man doch nicht gern gehangen! Er, der in Moralcollegien ſchlummernd neben mir geſeſſen! Zwar, es kann der beſte Menſch ſich einen Augenblick vergeſſen! Doch in einigen Minuten hat er das wol nicht verbrochen, Sicher hat er an ſo Vielen ſtundenlang herumgeſtochen. Laͤßt er nicht ſich doch vertheid'gen? Bin ich denn umſonſt beleſen?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/69
Zitationshilfe: Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/69>, abgerufen am 25.11.2024.