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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Einleitung.
niemals eine neue Thatsache ableiten kann; und um eine solche
handelt es sich, wenn man vom ersten Hauptsatz der Wärme-
theorie zum zweiten Hauptsatz übergeht.

§ 109. Um die Bedeutung des zweiten Hauptsatzes klar
hervortreten zu lassen, gibt es nur einen einzigen Weg: man
führt ihn auf Thatsachen zurück dadurch, dass man Sätze
aufstellt, die sich durch Experimente bestätigen oder widerlegen
lassen. Ein solcher Satz nun ist der folgende: es ist auf keiner-
lei Weise möglich, einen Vorgang, in welchem Wärme durch
Reibung entsteht, vollständig rückgängig zu machen. In aus-
führlicherer Erläuterung, etwa mit Exemplification auf die oben
§ 60 besprochenen, zur Bestimmung des mechanischen Wärme-
äquivalents von Joule angestellten Reibungsversuche, soll dies
besagen: wenn die herabfallenden Gewichte durch die Reibung
der Schaufelräder im Wasser oder Quecksilber Wärme erzeugt
haben, so lässt sich kein Verfahren ersinnen, das den Anfangs-
zustand jenes Prozesses in der ganzen Natur genau wiederher-
stellt, d. h. die Gewichte wieder auf die ursprüngliche Höhe
schafft, die Flüssigkeit entsprechend abkühlt, und sonst keine
Veränderungen zurücklässt. Was dabei an technischen Hilfs-
mitteln, Maschinen mechanischer, thermischer, chemischer, elek-
trischer Art verwendet wird, ist ganz gleichgültig. Die in dem
Worte "vollständig" ausgesprochene Bedingung soll nur die sein,
dass schliesslich überall wieder genau der bekannte Anfangszu-
stand des Reibungsprozesses hergestellt ist, wozu auch noth-
wendig gehört, dass alle etwa benutzten Materialien und Maschinen
am Schluss sich wieder genau in demselben Zustand befinden
wie am Anfang, als man sie in Benutzung nahm.

Dieser Satz ist nicht a priori beweisbar, er stellt auch keine
Definition vor, sondern er enthält eine bestimmte, in jedem
Einzelfall genau zu präcisirende Behauptung, welche durch
Thatsachen geprüft werden kann dadurch, dass man wirklich
Versuche in der bezeichneten Richtung anstellt: er ist also ent-
weder richtig oder falsch.

§ 110. Ein anderer derartiger, hiemit in engem Zusammen-
hang stehender Satz ist der folgende: Es ist auf keinerlei Weise
möglich, einen Vorgang, bei welchem sich ein Gas ohne äussere
Arbeitsleistung und ohne äussere Wärmezufuhr, also mit con-
stanter Gesammtenergie ausdehnt (wie § 68 beschrieben), voll-

Einleitung.
niemals eine neue Thatsache ableiten kann; und um eine solche
handelt es sich, wenn man vom ersten Hauptsatz der Wärme-
theorie zum zweiten Hauptsatz übergeht.

§ 109. Um die Bedeutung des zweiten Hauptsatzes klar
hervortreten zu lassen, gibt es nur einen einzigen Weg: man
führt ihn auf Thatsachen zurück dadurch, dass man Sätze
aufstellt, die sich durch Experimente bestätigen oder widerlegen
lassen. Ein solcher Satz nun ist der folgende: es ist auf keiner-
lei Weise möglich, einen Vorgang, in welchem Wärme durch
Reibung entsteht, vollständig rückgängig zu machen. In aus-
führlicherer Erläuterung, etwa mit Exemplification auf die oben
§ 60 besprochenen, zur Bestimmung des mechanischen Wärme-
äquivalents von Joule angestellten Reibungsversuche, soll dies
besagen: wenn die herabfallenden Gewichte durch die Reibung
der Schaufelräder im Wasser oder Quecksilber Wärme erzeugt
haben, so lässt sich kein Verfahren ersinnen, das den Anfangs-
zustand jenes Prozesses in der ganzen Natur genau wiederher-
stellt, d. h. die Gewichte wieder auf die ursprüngliche Höhe
schafft, die Flüssigkeit entsprechend abkühlt, und sonst keine
Veränderungen zurücklässt. Was dabei an technischen Hilfs-
mitteln, Maschinen mechanischer, thermischer, chemischer, elek-
trischer Art verwendet wird, ist ganz gleichgültig. Die in dem
Worte „vollständig“ ausgesprochene Bedingung soll nur die sein,
dass schliesslich überall wieder genau der bekannte Anfangszu-
stand des Reibungsprozesses hergestellt ist, wozu auch noth-
wendig gehört, dass alle etwa benutzten Materialien und Maschinen
am Schluss sich wieder genau in demselben Zustand befinden
wie am Anfang, als man sie in Benutzung nahm.

Dieser Satz ist nicht a priori beweisbar, er stellt auch keine
Definition vor, sondern er enthält eine bestimmte, in jedem
Einzelfall genau zu präcisirende Behauptung, welche durch
Thatsachen geprüft werden kann dadurch, dass man wirklich
Versuche in der bezeichneten Richtung anstellt: er ist also ent-
weder richtig oder falsch.

§ 110. Ein anderer derartiger, hiemit in engem Zusammen-
hang stehender Satz ist der folgende: Es ist auf keinerlei Weise
möglich, einen Vorgang, bei welchem sich ein Gas ohne äussere
Arbeitsleistung und ohne äussere Wärmezufuhr, also mit con-
stanter Gesammtenergie ausdehnt (wie § 68 beschrieben), voll-

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[75/0091] Einleitung. niemals eine neue Thatsache ableiten kann; und um eine solche handelt es sich, wenn man vom ersten Hauptsatz der Wärme- theorie zum zweiten Hauptsatz übergeht. § 109. Um die Bedeutung des zweiten Hauptsatzes klar hervortreten zu lassen, gibt es nur einen einzigen Weg: man führt ihn auf Thatsachen zurück dadurch, dass man Sätze aufstellt, die sich durch Experimente bestätigen oder widerlegen lassen. Ein solcher Satz nun ist der folgende: es ist auf keiner- lei Weise möglich, einen Vorgang, in welchem Wärme durch Reibung entsteht, vollständig rückgängig zu machen. In aus- führlicherer Erläuterung, etwa mit Exemplification auf die oben § 60 besprochenen, zur Bestimmung des mechanischen Wärme- äquivalents von Joule angestellten Reibungsversuche, soll dies besagen: wenn die herabfallenden Gewichte durch die Reibung der Schaufelräder im Wasser oder Quecksilber Wärme erzeugt haben, so lässt sich kein Verfahren ersinnen, das den Anfangs- zustand jenes Prozesses in der ganzen Natur genau wiederher- stellt, d. h. die Gewichte wieder auf die ursprüngliche Höhe schafft, die Flüssigkeit entsprechend abkühlt, und sonst keine Veränderungen zurücklässt. Was dabei an technischen Hilfs- mitteln, Maschinen mechanischer, thermischer, chemischer, elek- trischer Art verwendet wird, ist ganz gleichgültig. Die in dem Worte „vollständig“ ausgesprochene Bedingung soll nur die sein, dass schliesslich überall wieder genau der bekannte Anfangszu- stand des Reibungsprozesses hergestellt ist, wozu auch noth- wendig gehört, dass alle etwa benutzten Materialien und Maschinen am Schluss sich wieder genau in demselben Zustand befinden wie am Anfang, als man sie in Benutzung nahm. Dieser Satz ist nicht a priori beweisbar, er stellt auch keine Definition vor, sondern er enthält eine bestimmte, in jedem Einzelfall genau zu präcisirende Behauptung, welche durch Thatsachen geprüft werden kann dadurch, dass man wirklich Versuche in der bezeichneten Richtung anstellt: er ist also ent- weder richtig oder falsch. § 110. Ein anderer derartiger, hiemit in engem Zusammen- hang stehender Satz ist der folgende: Es ist auf keinerlei Weise möglich, einen Vorgang, bei welchem sich ein Gas ohne äussere Arbeitsleistung und ohne äussere Wärmezufuhr, also mit con- stanter Gesammtenergie ausdehnt (wie § 68 beschrieben), voll-

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/91>, abgerufen am 25.11.2024.