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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Allgemeine Formulirung.
Bewegungen ganz offen und geht allein aus von der durch jahr-
hundertelange menschliche Arbeit geprüften und in allen Fällen
stets aufs Neue bewährten Thatsache, dass es auf keinerlei Weise,
weder mit mechanischen, noch thermischen, noch chemischen,
noch anderen Apparaten möglich ist, ein perpetuum mobile zu
bauen, d. h. eine periodisch wirkende Maschine zu construiren,
durch welche fortdauernd Arbeit oder lebendige Kraft aus Nichts
gewonnen werden kann. Inwieweit dieser Erfahrungssatz für
sich allein genommen, ganz unabhängig von der mechanischen
Naturanschauung, dazu dienen kann, das Energieprincip in seiner
Allgemeinheit zu erweisen, soll jedoch an dieser Stelle nicht
näher untersucht werden, und zwar namentlich aus dem Grunde,
weil die Gültigkeit des Princips heutzutage wohl keinem ernsten
Widerspruch mehr begegnet. Anders wird es mit dem zweiten
Hauptsatz der Wärmetheorie sein, dessen Beweis bei dem heu-
tigen Stande der Forschung nicht leicht sorgfältig genug geführt
werden kann, da theils seine Allgemeingültigkeit noch mehrfach
bestritten, theils seine Bedeutung, auch von seinen Anhängern,
noch recht verschieden beurtheilt wird.

§ 56. Die Energie eines Körpers oder Körpersystems ist
eine Grösse, welche von dem augenblicklichen Zustand abhängt,
in dem sich das System befindet. Um aber die Energie eines
Systems in einem gegebenen Zustand durch eine bestimmte Zahl
ausdrücken zu können, ist noch die Fixirung eines gewissen
"Normalzustandes" (z. B. 0° Cels., Atmosphärendruck) desselben
Systems nothwendig, welche von vorneherein ganz nach Willkühr
erfolgen kann. Dann ist die Energie des Systems in dem ge-
gebenen Zustand, bezogen auf den nach Willkühr fixirten Nor-
malzustand, gleich der "Summe der mechanischen Aequivalente
aller Wirkungen, die ausserhalb des Systems hervorgebracht
werden, wenn dasselbe auf irgend eine Weise aus dem gegebenen
Zustand in den Normalzustand übergeht". Man bezeichnet da-
her die Energie auch kurz als die dem System innewohnende
Fähigkeit, äussere Wirkungen hervorzubringen. Ob der Werth
der Energie je nach der Art des Ueberganges in den Normal-
zustand verschieden ausfällt, darüber enthält diese Definition
keine Aussage. Dagegen ist zu ihrer Vervollständigung noch
die Angabe dessen nothwendig, was man unter dem mechanischen
Aequivalent einer äusseren Wirkung zu verstehen hat.

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Allgemeine Formulirung.
Bewegungen ganz offen und geht allein aus von der durch jahr-
hundertelange menschliche Arbeit geprüften und in allen Fällen
stets aufs Neue bewährten Thatsache, dass es auf keinerlei Weise,
weder mit mechanischen, noch thermischen, noch chemischen,
noch anderen Apparaten möglich ist, ein perpetuum mobile zu
bauen, d. h. eine periodisch wirkende Maschine zu construiren,
durch welche fortdauernd Arbeit oder lebendige Kraft aus Nichts
gewonnen werden kann. Inwieweit dieser Erfahrungssatz für
sich allein genommen, ganz unabhängig von der mechanischen
Naturanschauung, dazu dienen kann, das Energieprincip in seiner
Allgemeinheit zu erweisen, soll jedoch an dieser Stelle nicht
näher untersucht werden, und zwar namentlich aus dem Grunde,
weil die Gültigkeit des Princips heutzutage wohl keinem ernsten
Widerspruch mehr begegnet. Anders wird es mit dem zweiten
Hauptsatz der Wärmetheorie sein, dessen Beweis bei dem heu-
tigen Stande der Forschung nicht leicht sorgfältig genug geführt
werden kann, da theils seine Allgemeingültigkeit noch mehrfach
bestritten, theils seine Bedeutung, auch von seinen Anhängern,
noch recht verschieden beurtheilt wird.

§ 56. Die Energie eines Körpers oder Körpersystems ist
eine Grösse, welche von dem augenblicklichen Zustand abhängt,
in dem sich das System befindet. Um aber die Energie eines
Systems in einem gegebenen Zustand durch eine bestimmte Zahl
ausdrücken zu können, ist noch die Fixirung eines gewissen
„Normalzustandes“ (z. B. 0° Cels., Atmosphärendruck) desselben
Systems nothwendig, welche von vorneherein ganz nach Willkühr
erfolgen kann. Dann ist die Energie des Systems in dem ge-
gebenen Zustand, bezogen auf den nach Willkühr fixirten Nor-
malzustand, gleich der „Summe der mechanischen Aequivalente
aller Wirkungen, die ausserhalb des Systems hervorgebracht
werden, wenn dasselbe auf irgend eine Weise aus dem gegebenen
Zustand in den Normalzustand übergeht“. Man bezeichnet da-
her die Energie auch kurz als die dem System innewohnende
Fähigkeit, äussere Wirkungen hervorzubringen. Ob der Werth
der Energie je nach der Art des Ueberganges in den Normal-
zustand verschieden ausfällt, darüber enthält diese Definition
keine Aussage. Dagegen ist zu ihrer Vervollständigung noch
die Angabe dessen nothwendig, was man unter dem mechanischen
Aequivalent einer äusseren Wirkung zu verstehen hat.

3*
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[35/0051] Allgemeine Formulirung. Bewegungen ganz offen und geht allein aus von der durch jahr- hundertelange menschliche Arbeit geprüften und in allen Fällen stets aufs Neue bewährten Thatsache, dass es auf keinerlei Weise, weder mit mechanischen, noch thermischen, noch chemischen, noch anderen Apparaten möglich ist, ein perpetuum mobile zu bauen, d. h. eine periodisch wirkende Maschine zu construiren, durch welche fortdauernd Arbeit oder lebendige Kraft aus Nichts gewonnen werden kann. Inwieweit dieser Erfahrungssatz für sich allein genommen, ganz unabhängig von der mechanischen Naturanschauung, dazu dienen kann, das Energieprincip in seiner Allgemeinheit zu erweisen, soll jedoch an dieser Stelle nicht näher untersucht werden, und zwar namentlich aus dem Grunde, weil die Gültigkeit des Princips heutzutage wohl keinem ernsten Widerspruch mehr begegnet. Anders wird es mit dem zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie sein, dessen Beweis bei dem heu- tigen Stande der Forschung nicht leicht sorgfältig genug geführt werden kann, da theils seine Allgemeingültigkeit noch mehrfach bestritten, theils seine Bedeutung, auch von seinen Anhängern, noch recht verschieden beurtheilt wird. § 56. Die Energie eines Körpers oder Körpersystems ist eine Grösse, welche von dem augenblicklichen Zustand abhängt, in dem sich das System befindet. Um aber die Energie eines Systems in einem gegebenen Zustand durch eine bestimmte Zahl ausdrücken zu können, ist noch die Fixirung eines gewissen „Normalzustandes“ (z. B. 0° Cels., Atmosphärendruck) desselben Systems nothwendig, welche von vorneherein ganz nach Willkühr erfolgen kann. Dann ist die Energie des Systems in dem ge- gebenen Zustand, bezogen auf den nach Willkühr fixirten Nor- malzustand, gleich der „Summe der mechanischen Aequivalente aller Wirkungen, die ausserhalb des Systems hervorgebracht werden, wenn dasselbe auf irgend eine Weise aus dem gegebenen Zustand in den Normalzustand übergeht“. Man bezeichnet da- her die Energie auch kurz als die dem System innewohnende Fähigkeit, äussere Wirkungen hervorzubringen. Ob der Werth der Energie je nach der Art des Ueberganges in den Normal- zustand verschieden ausfällt, darüber enthält diese Definition keine Aussage. Dagegen ist zu ihrer Vervollständigung noch die Angabe dessen nothwendig, was man unter dem mechanischen Aequivalent einer äusseren Wirkung zu verstehen hat. 3*

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/51>, abgerufen am 24.11.2024.