§ 32. Mischungen verschiedener Substanzen. Während sich die Zustandsgleichung einer Mischung idealer Gase, wie wir in § 19 sahen, in einfacher Weise auf die der einzelnen Com- ponenten zurückführen lässt, ist das bei Mischungen beliebiger Substanzen im Allgemeinen nicht mehr der Fall. Nur bei Gasen und Dämpfen gilt, wenigstens mit grosser Annäherung, das Dalton'sche Gesetz, dass der Gesammtdruck einer Mischung gleich ist der Summe der Einzeldrucke, welche jedes Gas (oder Dampf) ausüben würde, wenn es allein bei derselben Temperatur das ganze Volumen ausfüllte. Dieser Satz gestattet es offenbar, die Zustandsgleichung einer beliebigen Gasmischung anzugeben, falls die der einzelnen Gase bekannt ist, er liefert ausserdem auch die Entscheidung der oben § 17 unbeantwortet gelassenen Frage, ob man den einzelnen Gasen in einer Mischung gemein- samen Druck und verschiedene Volumina, oder ob man ihnen gemeinsames Volumen und verschiedenen Druck zuschreiben muss. Dass die letztere Auffassung die allein zulässige ist, folgt aus der Betrachtung eines Dampfes, der sich weit von dem idealen Gaszustand entfernt: Nehmen wir z. B. eine Mischung atmosphärischer Luft und Wasserdampf bei 0° Cels. unter Atmo- sphärendruck, so kann man den Wasserdampf unmöglich als unter dem Druck einer Atmosphäre befindlich annehmen, weil Wasserdampf bei 0° Cels. unter diesem Druck nicht existirt. Es bleibt also nur übrig, der Luft und dem Wasserdampf ein gemeinsames Volumen (dasjenige der Mischung) und verschiedene Drucke (Partialdrucke) zuzuschreiben.
Für Mischungen fester und flüssiger Substanzen ist kein allgemein gültiges Gesetz bekannt, welches die Zustandsgleichung auf diejenige der einzelnen Substanzen zurückführt.
II. Capitel. Molekulargewicht.
§ 33. Es ist im Bisherigen immer nur von solchen Zu- standsänderungen die Rede gewesen, welche allein die Tempe- ratur, den Druck und die Dichte betreffen, dagegen die che- mische Natur des betr. Stoffes oder der Mischung ganz unberührt lassen. Es kommt aber auch häufig, -- und viel häufiger, als man früher annahm -- vor, dass durch eine Aenderung der Temperatur oder des Druckes auch die chemische Beschaffenheit
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Molekulargewicht.
§ 32. Mischungen verschiedener Substanzen. Während sich die Zustandsgleichung einer Mischung idealer Gase, wie wir in § 19 sahen, in einfacher Weise auf die der einzelnen Com- ponenten zurückführen lässt, ist das bei Mischungen beliebiger Substanzen im Allgemeinen nicht mehr der Fall. Nur bei Gasen und Dämpfen gilt, wenigstens mit grosser Annäherung, das Dalton’sche Gesetz, dass der Gesammtdruck einer Mischung gleich ist der Summe der Einzeldrucke, welche jedes Gas (oder Dampf) ausüben würde, wenn es allein bei derselben Temperatur das ganze Volumen ausfüllte. Dieser Satz gestattet es offenbar, die Zustandsgleichung einer beliebigen Gasmischung anzugeben, falls die der einzelnen Gase bekannt ist, er liefert ausserdem auch die Entscheidung der oben § 17 unbeantwortet gelassenen Frage, ob man den einzelnen Gasen in einer Mischung gemein- samen Druck und verschiedene Volumina, oder ob man ihnen gemeinsames Volumen und verschiedenen Druck zuschreiben muss. Dass die letztere Auffassung die allein zulässige ist, folgt aus der Betrachtung eines Dampfes, der sich weit von dem idealen Gaszustand entfernt: Nehmen wir z. B. eine Mischung atmosphärischer Luft und Wasserdampf bei 0° Cels. unter Atmo- sphärendruck, so kann man den Wasserdampf unmöglich als unter dem Druck einer Atmosphäre befindlich annehmen, weil Wasserdampf bei 0° Cels. unter diesem Druck nicht existirt. Es bleibt also nur übrig, der Luft und dem Wasserdampf ein gemeinsames Volumen (dasjenige der Mischung) und verschiedene Drucke (Partialdrucke) zuzuschreiben.
Für Mischungen fester und flüssiger Substanzen ist kein allgemein gültiges Gesetz bekannt, welches die Zustandsgleichung auf diejenige der einzelnen Substanzen zurückführt.
II. Capitel. Molekulargewicht.
§ 33. Es ist im Bisherigen immer nur von solchen Zu- standsänderungen die Rede gewesen, welche allein die Tempe- ratur, den Druck und die Dichte betreffen, dagegen die che- mische Natur des betr. Stoffes oder der Mischung ganz unberührt lassen. Es kommt aber auch häufig, — und viel häufiger, als man früher annahm — vor, dass durch eine Aenderung der Temperatur oder des Druckes auch die chemische Beschaffenheit
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Molekulargewicht.
§ 32. Mischungen verschiedener Substanzen. Während sich
die Zustandsgleichung einer Mischung idealer Gase, wie wir in
§ 19 sahen, in einfacher Weise auf die der einzelnen Com-
ponenten zurückführen lässt, ist das bei Mischungen beliebiger
Substanzen im Allgemeinen nicht mehr der Fall. Nur bei Gasen
und Dämpfen gilt, wenigstens mit grosser Annäherung, das
Dalton’sche Gesetz, dass der Gesammtdruck einer Mischung
gleich ist der Summe der Einzeldrucke, welche jedes Gas (oder
Dampf) ausüben würde, wenn es allein bei derselben Temperatur
das ganze Volumen ausfüllte. Dieser Satz gestattet es offenbar,
die Zustandsgleichung einer beliebigen Gasmischung anzugeben,
falls die der einzelnen Gase bekannt ist, er liefert ausserdem
auch die Entscheidung der oben § 17 unbeantwortet gelassenen
Frage, ob man den einzelnen Gasen in einer Mischung gemein-
samen Druck und verschiedene Volumina, oder ob man ihnen
gemeinsames Volumen und verschiedenen Druck zuschreiben
muss. Dass die letztere Auffassung die allein zulässige ist, folgt
aus der Betrachtung eines Dampfes, der sich weit von dem
idealen Gaszustand entfernt: Nehmen wir z. B. eine Mischung
atmosphärischer Luft und Wasserdampf bei 0° Cels. unter Atmo-
sphärendruck, so kann man den Wasserdampf unmöglich als
unter dem Druck einer Atmosphäre befindlich annehmen, weil
Wasserdampf bei 0° Cels. unter diesem Druck nicht existirt.
Es bleibt also nur übrig, der Luft und dem Wasserdampf ein
gemeinsames Volumen (dasjenige der Mischung) und verschiedene
Drucke (Partialdrucke) zuzuschreiben.
Für Mischungen fester und flüssiger Substanzen ist kein
allgemein gültiges Gesetz bekannt, welches die Zustandsgleichung
auf diejenige der einzelnen Substanzen zurückführt.
II. Capitel. Molekulargewicht.
§ 33. Es ist im Bisherigen immer nur von solchen Zu-
standsänderungen die Rede gewesen, welche allein die Tempe-
ratur, den Druck und die Dichte betreffen, dagegen die che-
mische Natur des betr. Stoffes oder der Mischung ganz unberührt
lassen. Es kommt aber auch häufig, — und viel häufiger, als
man früher annahm — vor, dass durch eine Aenderung der
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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/35>, abgerufen am 03.03.2025.
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