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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.
Endlich ist als gegeben anzusehen die Gesammtmenge der ge-
lösten Schwefelsäure, also
c1 + c3 + c4 = c.
Die letzten vier Gleichungen ergeben für die vier Concentrationen
c1, c2, c3, c4 bestimmte Werthe, wodurch der Gleichgewichts-
zustand gefunden ist.

Für eine genauere Rechnung müsste man in der Lösung
jedenfalls noch andere Molekülarten berücksichtigen. Jede neue
Molekülart bedingt eine neue Unbekannte, aber auch eine neue
Art der Umwandlung und daher eine neue Bedingung für das
Gleichgewicht, so dass der Gleichgewichtszustand eindeutig be-
stimmt bleibt.

§ 264. Zwei unabhängige Bestandtheile in zwei Phasen.
Nach der Phasenregel ist der Gleichgewichtszustand durch zwei
Variable, etwa Temperatur und Druck, bestimmt. Zur besseren
Uebersicht über dies weite Gebiet von Erscheinungen empfiehlt
es sich, hier zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem nur eine
der beiden Phasen beide Bestandtheile in merklichen Mengen
enthält, oder beide Phasen beide Bestandtheile enthalten.

Nehmen wir zunächst den einfacheren Fall, dass die eine
(erste) Phase beide Bestandtheile, die andere (zweite) Phase da-
gegen nur einen einzigen Bestandtheil enthält. Genau ge-
nommen ist nach § 259 diese Voraussetzung niemals zutreffend,
aber sie genügt doch in sehr vielen Fällen bis auf unmessbar
kleine Fehler den beobachtbaren Thatsachen. Die Anwendung
der allgemeinen Gleichgewichtsbedingung (218) auf diesen Fall
führt auf ganz verschiedene Gesetze, je nachdem der in der
zweiten Phase isolirt vorkommende Bestandtheil in der ersten
Phase als gelöster Stoff oder als Lösungsmittel (§ 249) auftritt.
Wir scheiden daher den Fall noch in zwei Unterabtheilungen.

§ 265. Der in der zweiten Phase isolirt vorkommende Be-
standtheil bildet in der ersten Phase den gelösten Stoff.
Ein
Beispiel dafür ist die Absorption eines Gases, z. B. Kohlensäure,
in einer Flüssigkeit von verhältnissmässig unmerklich kleiner
Dampfspannung, z. B. Wasser bei einer nicht zu hohen Temperatur.

Das Symbol des aus zwei Phasen bestehenden Systems ist
nach (216):
n0 H2O, n1 CO2 + n0' CO2.

Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.
Endlich ist als gegeben anzusehen die Gesammtmenge der ge-
lösten Schwefelsäure, also
c1 + c3 + c4 = c.
Die letzten vier Gleichungen ergeben für die vier Concentrationen
c1, c2, c3, c4 bestimmte Werthe, wodurch der Gleichgewichts-
zustand gefunden ist.

Für eine genauere Rechnung müsste man in der Lösung
jedenfalls noch andere Molekülarten berücksichtigen. Jede neue
Molekülart bedingt eine neue Unbekannte, aber auch eine neue
Art der Umwandlung und daher eine neue Bedingung für das
Gleichgewicht, so dass der Gleichgewichtszustand eindeutig be-
stimmt bleibt.

§ 264. Zwei unabhängige Bestandtheile in zwei Phasen.
Nach der Phasenregel ist der Gleichgewichtszustand durch zwei
Variable, etwa Temperatur und Druck, bestimmt. Zur besseren
Uebersicht über dies weite Gebiet von Erscheinungen empfiehlt
es sich, hier zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem nur eine
der beiden Phasen beide Bestandtheile in merklichen Mengen
enthält, oder beide Phasen beide Bestandtheile enthalten.

Nehmen wir zunächst den einfacheren Fall, dass die eine
(erste) Phase beide Bestandtheile, die andere (zweite) Phase da-
gegen nur einen einzigen Bestandtheil enthält. Genau ge-
nommen ist nach § 259 diese Voraussetzung niemals zutreffend,
aber sie genügt doch in sehr vielen Fällen bis auf unmessbar
kleine Fehler den beobachtbaren Thatsachen. Die Anwendung
der allgemeinen Gleichgewichtsbedingung (218) auf diesen Fall
führt auf ganz verschiedene Gesetze, je nachdem der in der
zweiten Phase isolirt vorkommende Bestandtheil in der ersten
Phase als gelöster Stoff oder als Lösungsmittel (§ 249) auftritt.
Wir scheiden daher den Fall noch in zwei Unterabtheilungen.

§ 265. Der in der zweiten Phase isolirt vorkommende Be-
standtheil bildet in der ersten Phase den gelösten Stoff.
Ein
Beispiel dafür ist die Absorption eines Gases, z. B. Kohlensäure,
in einer Flüssigkeit von verhältnissmässig unmerklich kleiner
Dampfspannung, z. B. Wasser bei einer nicht zu hohen Temperatur.

Das Symbol des aus zwei Phasen bestehenden Systems ist
nach (216):
n0 H2O, n1 CO2 + n0' CO2.

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[226/0242] Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände. Endlich ist als gegeben anzusehen die Gesammtmenge der ge- lösten Schwefelsäure, also c1 + c3 + c4 = c. Die letzten vier Gleichungen ergeben für die vier Concentrationen c1, c2, c3, c4 bestimmte Werthe, wodurch der Gleichgewichts- zustand gefunden ist. Für eine genauere Rechnung müsste man in der Lösung jedenfalls noch andere Molekülarten berücksichtigen. Jede neue Molekülart bedingt eine neue Unbekannte, aber auch eine neue Art der Umwandlung und daher eine neue Bedingung für das Gleichgewicht, so dass der Gleichgewichtszustand eindeutig be- stimmt bleibt. § 264. Zwei unabhängige Bestandtheile in zwei Phasen. Nach der Phasenregel ist der Gleichgewichtszustand durch zwei Variable, etwa Temperatur und Druck, bestimmt. Zur besseren Uebersicht über dies weite Gebiet von Erscheinungen empfiehlt es sich, hier zwei Fälle zu unterscheiden, je nachdem nur eine der beiden Phasen beide Bestandtheile in merklichen Mengen enthält, oder beide Phasen beide Bestandtheile enthalten. Nehmen wir zunächst den einfacheren Fall, dass die eine (erste) Phase beide Bestandtheile, die andere (zweite) Phase da- gegen nur einen einzigen Bestandtheil enthält. Genau ge- nommen ist nach § 259 diese Voraussetzung niemals zutreffend, aber sie genügt doch in sehr vielen Fällen bis auf unmessbar kleine Fehler den beobachtbaren Thatsachen. Die Anwendung der allgemeinen Gleichgewichtsbedingung (218) auf diesen Fall führt auf ganz verschiedene Gesetze, je nachdem der in der zweiten Phase isolirt vorkommende Bestandtheil in der ersten Phase als gelöster Stoff oder als Lösungsmittel (§ 249) auftritt. Wir scheiden daher den Fall noch in zwei Unterabtheilungen. § 265. Der in der zweiten Phase isolirt vorkommende Be- standtheil bildet in der ersten Phase den gelösten Stoff. Ein Beispiel dafür ist die Absorption eines Gases, z. B. Kohlensäure, in einer Flüssigkeit von verhältnissmässig unmerklich kleiner Dampfspannung, z. B. Wasser bei einer nicht zu hohen Temperatur. Das Symbol des aus zwei Phasen bestehenden Systems ist nach (216): n0 H2O, n1 CO2 + n0' CO2.

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/242>, abgerufen am 22.11.2024.