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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.

Wenn der gegebene Punkt drittens in das Gebiet des
Fundamentaldreiecks (123) hineinfällt, wird das stabile Gleich-
gewicht durch eine Spaltung des Systems in alle drei Aggregat-
zustände bezeichnet, bei der Fundamentaltemperatur und unter
dem Fundamentaldruck. Es bleibt dann nur noch übrig, die
Massen der einzelnen heterogenen Theile des Systems zu be-
stimmen, und dies geschieht durch die Gleichungen (121 a), aus
denen hervorgeht, dass die Massentheile sich verhalten wie die
Flächen der drei Dreiecke, welche der Punkt (v, u) mit je einer
Seite des Fundamentaldreiecks bildet.

So kann man in jedem einzelnen Falle die Bestimmungs-
stücke des stabilen Gleichgewichts finden, vorausgesetzt, dass
das Fundamentaldreieck und die Verdampfungs-, Schmelz- und
Sublimationscurve für die betreffende Substanz ein für alle Mal
gezeichnet sind. Zur besseren Uebersicht der Verhältnisse könnte
man der Figur noch diejenigen Curven beifügen, welche Stellen
gleicher Temperatur oder gleichen Drucks miteinander verbinden.
In den Gebieten (12), (23), (31) fallen die isothermischen mit
den isopiestischen Linien zusammen in die geradlinigen Ver-
bindungsstrecken je zweier zugeordneter Punkte der Begrenzungs-
curven, das Gebiet (123) stellt selber eine singuläre Isotherme
und Isopieste vor. Dann erhält man z. B. für Wasser das
Resultat, dass Eis im stabilen Gleichgewicht unter keinerlei Um-
ständen eine höhere Temperatur als die Fundamentaltemperatur
(0,0074° C.) annehmen kann, also auch nicht, wenn der Druck
noch so sehr erniedrigt werden sollte, während flüssiges Wasser
bei geeignetem Druck auf beliebig hohe und tiefe Temperatur
gebracht werden kann, ohne zu verdampfen oder zu gefrieren.

Sodann lässt sich auch die Frage direkt beantworten, welche
Zustände ein Körper durchmacht, wenn man ihn einer Anzahl
von bestimmten äusseren Veränderungen der Reihe nach unter-
wirft. So z. B. erfährt man das Verhalten eines Körpers mit
der Masse M, der bei constantem Volumen V abgekühlt oder
erwärmt wird, durch die Betrachtung der Geraden [Formel 1] ,
welche der Ordinatenaxe parallel läuft. Die Gebiete nämlich,
welche diese Gerade durchschneidet, geben an, welche Zustände
der Körper in diesem Falle durchmacht, also z. B. ob er im
Laufe des Prozesses schmilzt, oder ob er direkt sublimirt, u. s. w.

Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände.

Wenn der gegebene Punkt drittens in das Gebiet des
Fundamentaldreiecks (123) hineinfällt, wird das stabile Gleich-
gewicht durch eine Spaltung des Systems in alle drei Aggregat-
zustände bezeichnet, bei der Fundamentaltemperatur und unter
dem Fundamentaldruck. Es bleibt dann nur noch übrig, die
Massen der einzelnen heterogenen Theile des Systems zu be-
stimmen, und dies geschieht durch die Gleichungen (121 a), aus
denen hervorgeht, dass die Massentheile sich verhalten wie die
Flächen der drei Dreiecke, welche der Punkt (v, u) mit je einer
Seite des Fundamentaldreiecks bildet.

So kann man in jedem einzelnen Falle die Bestimmungs-
stücke des stabilen Gleichgewichts finden, vorausgesetzt, dass
das Fundamentaldreieck und die Verdampfungs-, Schmelz- und
Sublimationscurve für die betreffende Substanz ein für alle Mal
gezeichnet sind. Zur besseren Uebersicht der Verhältnisse könnte
man der Figur noch diejenigen Curven beifügen, welche Stellen
gleicher Temperatur oder gleichen Drucks miteinander verbinden.
In den Gebieten (12), (23), (31) fallen die isothermischen mit
den isopiestischen Linien zusammen in die geradlinigen Ver-
bindungsstrecken je zweier zugeordneter Punkte der Begrenzungs-
curven, das Gebiet (123) stellt selber eine singuläre Isotherme
und Isopieste vor. Dann erhält man z. B. für Wasser das
Resultat, dass Eis im stabilen Gleichgewicht unter keinerlei Um-
ständen eine höhere Temperatur als die Fundamentaltemperatur
(0,0074° C.) annehmen kann, also auch nicht, wenn der Druck
noch so sehr erniedrigt werden sollte, während flüssiges Wasser
bei geeignetem Druck auf beliebig hohe und tiefe Temperatur
gebracht werden kann, ohne zu verdampfen oder zu gefrieren.

Sodann lässt sich auch die Frage direkt beantworten, welche
Zustände ein Körper durchmacht, wenn man ihn einer Anzahl
von bestimmten äusseren Veränderungen der Reihe nach unter-
wirft. So z. B. erfährt man das Verhalten eines Körpers mit
der Masse M, der bei constantem Volumen V abgekühlt oder
erwärmt wird, durch die Betrachtung der Geraden [Formel 1] ,
welche der Ordinatenaxe parallel läuft. Die Gebiete nämlich,
welche diese Gerade durchschneidet, geben an, welche Zustände
der Körper in diesem Falle durchmacht, also z. B. ob er im
Laufe des Prozesses schmilzt, oder ob er direkt sublimirt, u. s. w.

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[162/0178] Anwendungen auf spezielle Gleichgewichtszustände. Wenn der gegebene Punkt drittens in das Gebiet des Fundamentaldreiecks (123) hineinfällt, wird das stabile Gleich- gewicht durch eine Spaltung des Systems in alle drei Aggregat- zustände bezeichnet, bei der Fundamentaltemperatur und unter dem Fundamentaldruck. Es bleibt dann nur noch übrig, die Massen der einzelnen heterogenen Theile des Systems zu be- stimmen, und dies geschieht durch die Gleichungen (121 a), aus denen hervorgeht, dass die Massentheile sich verhalten wie die Flächen der drei Dreiecke, welche der Punkt (v, u) mit je einer Seite des Fundamentaldreiecks bildet. So kann man in jedem einzelnen Falle die Bestimmungs- stücke des stabilen Gleichgewichts finden, vorausgesetzt, dass das Fundamentaldreieck und die Verdampfungs-, Schmelz- und Sublimationscurve für die betreffende Substanz ein für alle Mal gezeichnet sind. Zur besseren Uebersicht der Verhältnisse könnte man der Figur noch diejenigen Curven beifügen, welche Stellen gleicher Temperatur oder gleichen Drucks miteinander verbinden. In den Gebieten (12), (23), (31) fallen die isothermischen mit den isopiestischen Linien zusammen in die geradlinigen Ver- bindungsstrecken je zweier zugeordneter Punkte der Begrenzungs- curven, das Gebiet (123) stellt selber eine singuläre Isotherme und Isopieste vor. Dann erhält man z. B. für Wasser das Resultat, dass Eis im stabilen Gleichgewicht unter keinerlei Um- ständen eine höhere Temperatur als die Fundamentaltemperatur (0,0074° C.) annehmen kann, also auch nicht, wenn der Druck noch so sehr erniedrigt werden sollte, während flüssiges Wasser bei geeignetem Druck auf beliebig hohe und tiefe Temperatur gebracht werden kann, ohne zu verdampfen oder zu gefrieren. Sodann lässt sich auch die Frage direkt beantworten, welche Zustände ein Körper durchmacht, wenn man ihn einer Anzahl von bestimmten äusseren Veränderungen der Reihe nach unter- wirft. So z. B. erfährt man das Verhalten eines Körpers mit der Masse M, der bei constantem Volumen V abgekühlt oder erwärmt wird, durch die Betrachtung der Geraden [FORMEL], welche der Ordinatenaxe parallel läuft. Die Gebiete nämlich, welche diese Gerade durchschneidet, geben an, welche Zustände der Körper in diesem Falle durchmacht, also z. B. ob er im Laufe des Prozesses schmilzt, oder ob er direkt sublimirt, u. s. w.

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/178>, abgerufen am 26.11.2024.