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Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897.

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Allgemeine Folgerungen.
zuzusetzende Wasser zunächst bei constanter Temperatur unter
dem Druck seines gesättigten Dampfes unendlich langsam ver-
dampfen. Wenn Alles in Dampf verwandelt ist, lasse man den
Dampf sich isotherm und umkehrbar weiter ausdehnen, so lange
bis die Dichte des Dampfes derjenigen gleich ist, welche ge-
sättigter Wasserdampf bei der betr. Temperatur in Berührung
mit der Lösung besitzt. Nun bringe man den Dampf mit der Lösung
in dauernde Berührung; das Gleichgewicht wird dadurch nicht
gestört. Schliesslich condensire man durch unendlich langsame
isothermische Compression den unmittelbar über der Lösung be-
findlichen Wasserdampf vollständig; er vertheilt sich dann
gleichmässig durch die ganze Lösung. Dieser isothermische
Prozess beteht aus lauter Gleichgewichtszuständen, er ist also
reversibel, und die durch ihn gewonnene äussere Arbeit reprä-
sentirt daher zugleich die bei direkter Mischung eingetretene
Abnahme der freien Energie: F2 -- F1.

Nehmen wir als weiteres Beispiel ein Knallgasgemenge, das
durch einen elektrischen Funken zur Explosion gebracht wird.
Der Funken spielt hier nur eine sekundäre Rolle, als auslösende
Wirkung, da seine Energie gegen die übrigen zum Umsatz ge-
langenden Energiemengen nicht in Betracht kommt. Die Arbeit
der chemischen Verwandtschaftskräfte, welche sich in diesem
Prozess bethätigt, wird gemessen durch diejenige Arbeit, die man
durch die chemische Vereinigung von Wasserstoff und Sauer-
stoff gewinnen könnte, wenn dieselbe auf irgend einem rever-
sibeln Wege vorgenommen würde. Durch Division dieser Arbeit
durch die Zahl der oxydirten Wasserstoffmoleküle erhält man
ein Maass für die Grösse der Kraft, mit welcher ein Wasser-
stoffmolekül sich zu oxydiren strebt. Doch hat diese Definition
der chemischen Kraft zunächst nur insofern Bedeutung, als sie
eben mit jener Arbeit zusammenhängt.

§ 144. In dem Ausdruck (71) der freien Energie überwiegen
bei chemischen Vorgängen die Aenderungen des ersten Gliedes: U
oft bei Weitem die des zweiten Gliedes: th. S. Deshalb kann man
häufig statt der Abnahme von F auch die Abnahme von U, d. h.
die Wärmetönung, als ein Maass der chemischen Arbeit ansehen,
und den Satz aussprechen, dass die ohne äussere Arbeit ein-
tretenden chemischen Umwandlungen im Sinne grösster Wärme-
entwickelung erfolgen (Princip von Berthelot). Indessen bei

Allgemeine Folgerungen.
zuzusetzende Wasser zunächst bei constanter Temperatur unter
dem Druck seines gesättigten Dampfes unendlich langsam ver-
dampfen. Wenn Alles in Dampf verwandelt ist, lasse man den
Dampf sich isotherm und umkehrbar weiter ausdehnen, so lange
bis die Dichte des Dampfes derjenigen gleich ist, welche ge-
sättigter Wasserdampf bei der betr. Temperatur in Berührung
mit der Lösung besitzt. Nun bringe man den Dampf mit der Lösung
in dauernde Berührung; das Gleichgewicht wird dadurch nicht
gestört. Schliesslich condensire man durch unendlich langsame
isothermische Compression den unmittelbar über der Lösung be-
findlichen Wasserdampf vollständig; er vertheilt sich dann
gleichmässig durch die ganze Lösung. Dieser isothermische
Prozess beteht aus lauter Gleichgewichtszuständen, er ist also
reversibel, und die durch ihn gewonnene äussere Arbeit reprä-
sentirt daher zugleich die bei direkter Mischung eingetretene
Abnahme der freien Energie: F2F1.

Nehmen wir als weiteres Beispiel ein Knallgasgemenge, das
durch einen elektrischen Funken zur Explosion gebracht wird.
Der Funken spielt hier nur eine sekundäre Rolle, als auslösende
Wirkung, da seine Energie gegen die übrigen zum Umsatz ge-
langenden Energiemengen nicht in Betracht kommt. Die Arbeit
der chemischen Verwandtschaftskräfte, welche sich in diesem
Prozess bethätigt, wird gemessen durch diejenige Arbeit, die man
durch die chemische Vereinigung von Wasserstoff und Sauer-
stoff gewinnen könnte, wenn dieselbe auf irgend einem rever-
sibeln Wege vorgenommen würde. Durch Division dieser Arbeit
durch die Zahl der oxydirten Wasserstoffmoleküle erhält man
ein Maass für die Grösse der Kraft, mit welcher ein Wasser-
stoffmolekül sich zu oxydiren strebt. Doch hat diese Definition
der chemischen Kraft zunächst nur insofern Bedeutung, als sie
eben mit jener Arbeit zusammenhängt.

§ 144. In dem Ausdruck (71) der freien Energie überwiegen
bei chemischen Vorgängen die Aenderungen des ersten Gliedes: U
oft bei Weitem die des zweiten Gliedes: ϑ. S. Deshalb kann man
häufig statt der Abnahme von F auch die Abnahme von U, d. h.
die Wärmetönung, als ein Maass der chemischen Arbeit ansehen,
und den Satz aussprechen, dass die ohne äussere Arbeit ein-
tretenden chemischen Umwandlungen im Sinne grösster Wärme-
entwickelung erfolgen (Princip von Berthelot). Indessen bei

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[105/0121] Allgemeine Folgerungen. zuzusetzende Wasser zunächst bei constanter Temperatur unter dem Druck seines gesättigten Dampfes unendlich langsam ver- dampfen. Wenn Alles in Dampf verwandelt ist, lasse man den Dampf sich isotherm und umkehrbar weiter ausdehnen, so lange bis die Dichte des Dampfes derjenigen gleich ist, welche ge- sättigter Wasserdampf bei der betr. Temperatur in Berührung mit der Lösung besitzt. Nun bringe man den Dampf mit der Lösung in dauernde Berührung; das Gleichgewicht wird dadurch nicht gestört. Schliesslich condensire man durch unendlich langsame isothermische Compression den unmittelbar über der Lösung be- findlichen Wasserdampf vollständig; er vertheilt sich dann gleichmässig durch die ganze Lösung. Dieser isothermische Prozess beteht aus lauter Gleichgewichtszuständen, er ist also reversibel, und die durch ihn gewonnene äussere Arbeit reprä- sentirt daher zugleich die bei direkter Mischung eingetretene Abnahme der freien Energie: F2 — F1. Nehmen wir als weiteres Beispiel ein Knallgasgemenge, das durch einen elektrischen Funken zur Explosion gebracht wird. Der Funken spielt hier nur eine sekundäre Rolle, als auslösende Wirkung, da seine Energie gegen die übrigen zum Umsatz ge- langenden Energiemengen nicht in Betracht kommt. Die Arbeit der chemischen Verwandtschaftskräfte, welche sich in diesem Prozess bethätigt, wird gemessen durch diejenige Arbeit, die man durch die chemische Vereinigung von Wasserstoff und Sauer- stoff gewinnen könnte, wenn dieselbe auf irgend einem rever- sibeln Wege vorgenommen würde. Durch Division dieser Arbeit durch die Zahl der oxydirten Wasserstoffmoleküle erhält man ein Maass für die Grösse der Kraft, mit welcher ein Wasser- stoffmolekül sich zu oxydiren strebt. Doch hat diese Definition der chemischen Kraft zunächst nur insofern Bedeutung, als sie eben mit jener Arbeit zusammenhängt. § 144. In dem Ausdruck (71) der freien Energie überwiegen bei chemischen Vorgängen die Aenderungen des ersten Gliedes: U oft bei Weitem die des zweiten Gliedes: ϑ. S. Deshalb kann man häufig statt der Abnahme von F auch die Abnahme von U, d. h. die Wärmetönung, als ein Maass der chemischen Arbeit ansehen, und den Satz aussprechen, dass die ohne äussere Arbeit ein- tretenden chemischen Umwandlungen im Sinne grösster Wärme- entwickelung erfolgen (Princip von Berthelot). Indessen bei

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Zitationshilfe: Planck, Max: Vorlesungen über Thermodynamik. Leipzig: Veit & C., 1897, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/planck_thermodynamik_1897/121>, abgerufen am 24.11.2024.