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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] sie ihre Würckung bezeigen kan/ und wie die Stärcke
selbst einem gewissen Ziel/ Maaß und proportion un-
terworffen und daran verbunden: so ist auch dersel-
ben Wohnung von solcher proportion nicht außge-
schlossen. Denn die Erfahrung bezeuget/ daß sich
alle Würckungen enden/ wann und wo ihre gewisse
proportion und Maaß überschritten wird/ auß sol-
cher Ursach kan in einem Schaf/ Ziegen oder derglei-
chen kleinem Thier/ keine Stärcke eines Pferdes o-
der Ochsen seyn oder bezeiget werden.

So ist dagegen auch nicht zu läugnen/ daß in vie-
len Thieren und Menschen/ also auch in leblosen
Creaturen/ die Stärcke nicht an die Grösse dergestalt
verbunden sey/ daß in den grösten/ die gröste Stärcke
zu befinden wäre/ weil Löwen viel grössere Thier/ als
sie seyn/ übermeistern/ kleine Menschen grosse/ an
Starcke/ übertreffen/ welches zum grösten Theil
durch die Geschwindigkeit und vorthelhafften An-o-
der Handgriff geschicht.

So ist auch nicht wider die Erfahrung/ daß bey
vielen Menschen und Thieren |zwar grosse Stärcke
zuvermuthen auch wol zubefinden/ welche aber nicht
sowol gebrauchet oder angeleget wird/ daß sie andern
gleiche Wercke verrichten könte/ so viel schwächere
erweisen/ welches abermals nicht an der Stärke selbst/
sondern vielmehr an dem mangelhafften Gebrauch
derselben erwindet. Denn ob gleich dieses ein un-
fehlbare Regel zu seyn scheinet/ was von gleicher völli-
ger Stärcke ist/ das kan auch gleiche starcke Wür-
ckungen verrichten; so giebet doch die Erfahrung das-
selbe nicht weiter zu/ als so weit die gleiche völlige
Stärcke nicht allein gegenwärtig verhanden/ sondern
auch recht gebrauchet werden kan. Ausser dessen
siehet man offt geringe Stärcke grössere Wercke auß-
führen/ die der grösten Stärcke unmüglich fallen.

Wann aber der rechte Gebrauch der Stärcke ver-
einiget wird/ ist es so dann gar leicht/ daß die völlige
Stärcke nicht allein soviel/ sondern noch mehr/ als
die geringe verrichten mag/ wiewol noch diesem Fall
etliche Zweiffel anzuhängen/ und zu erörtern wären.
Welche aber an einem andern Ort abgehandelt wer-
den/ dahin sie näher zuziehen seyn.

So sich dann solche Ungleichheit der Stärcke und
Fertigkeit in der Pferde Schenckeln befindet/ ist
es kein Wunder/ daß auch derselben Bezeigungen/
so lang unvollkommen erscheinen und bleiben müs-
sen/ als die vorhandene Stärcke nicht zu dem Vor-
thelhafften Gebrauch/ und die empfindliche Schwach-
heit/ mit der vortelhafften Fertigkeit nicht gestärcket
wird/ in welcher beyderley Verbesserung/ eine glei-
che Stärcke und Fertigkeit zu erhalten und zuspüren
ist.

Wann aber dieses von sich selber/ ausser aller Un-
terweisung/ damit gethan wäre/ daß (nach deß einen
Theils Meinung/) auch bey den Pferden/ sich die
Stärcke auf einer/ und die Fertigkeit auf der andern
Seiten/ in den Schenckeln befünde: Und die Fertig-
keit einer Seiten/ den Mangel der Stärcke genung-
sam ersetzen könte: Also auf der andern Seiten die
Fertigkeit/ durch die Stärcke dergestalt erstattet wür-
[Spaltenumbruch] de/ daß sie sich doch in gleicher Geschicklich keit bezei-
gen könten: So würden die Bereiter sich gar um-
sonst bemühen/ die Mittel außzusinnen/ zu versuchen
und zugebrauchen/ welche die Pferde gleich dispost/
auf einer Seiten wie auf der andern machen könten.
Worüber doch viel überdrüssigwerden/ und ehe davon
ablassen/ als sie ihre Jntention in diesem Fall erhalten/
wie die geringe Anzahl solcher Pferde bezeuget/ welche
in diesem Stuck/ solche Unterweisungs-Art preisen
und erweisen könten.

Daß nun wo nicht allein/ doch den meisten Pfer-
den/ die rechten Schenckel stärcker und fertiger/ als
die lincken/ schliest man auß unterschiedlichen Bezei-
gungen der Pferde und derselben Schenckel/ wann
man bey denselben wahrnimmet/ 1. wann die jun-
ge Pferde im Anfang deß zureitens/ mehr auß boß-
hafftem Widerwillen/ als deß Reuters Verursach-
ung/ herumlauffen können/ nie oder gar selten von
sich selber auf die rechte/ sondern auf die lincke Hand
incliniren.

Schläget man ein Pferd mit der Ruten oder trifft
es mit dem Sporn/ daß es solches apprehendiret:
so wendet es sich gemeiniglich/ mit dem Kopff auf
die lincke/ und mit dem Creutz auf die rechte Hand.

3. Sprenget man ein Pferd auf gerader Lini an/
wird es jederzeit im Anfang deß Außsprengens/ mit
dem Kopff auf die lincke/ und mit dem Creutz auf die
rechte Hand außweichen.

4. So offt ein Pferd pariret oder nur schlecht still-
hält/ indem es darzu aufgehalten wird/ wie es sich je-
derzeit mit dem Kopff auf die lincke Seiten neigen/
und auf die rechte Seiten setzen/ auch die Parada
mit dem hindern rechten Fuß schliessen und versi-
chern.

5. Fast aller Schulpferde Merckmal auf der rechten
Seiten/ so ihnen von dem rechten Sporn angehän-
get werden/ geben zuerkennen/ daß sie öffter mit
dem Creutz/ nach der rechten/ als lincken Seiten aus-
fallen.

6. So werden auch die meiste Bezeigungen der
Pferden in den Volten/ genug erweisen/ daß diesel-
be auf die rechte Seiten/ besser fertiger und williger/
als auf die lincke abgehen/ und augenscheinlich zu un-
terscheiden seyn.

So sich dann die Natur/ (wie die Menschen)
dessen am meisten und liebsten gebrauchet und damit
versichert/ mit welchem sie am bequemsten und leich-
testen fortkommen kan: So ist auch den Pferden
derselben Gebrauch/ um soviel annehmlicher als sie
sich auß oberwehnten Ursachen/ mehr als auf die lincke
verlassen.

Wann sich aber Stärcke und Fertigkeit zugleich
in der Pferde rechten Schenckeln beysammen finden/
und nach ersterwehntem Schluß die Natur sich des-
sen am meisten und liebsten gebrauchet/ was ihr am
bequemsten ist/ so müste folgen/ daß die Pferde lieber
auf die rechte/ als auf die lincke gehen solten/ welches
aber wider die Erfahrung lauffet/ weil der meiste
Theil lieber auf die lincke als rechte Hand gehet.

So
Ander Theil. M m

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] ſie ihre Wuͤrckung bezeigen kan/ und wie die Staͤrcke
ſelbſt einem gewiſſen Ziel/ Maaß und proportion un-
terworffen und daran verbunden: ſo iſt auch derſel-
ben Wohnung von ſolcher proportion nicht außge-
ſchloſſen. Denn die Erfahrung bezeuget/ daß ſich
alle Wuͤrckungen enden/ wann und wo ihre gewiſſe
proportion und Maaß uͤberſchritten wird/ auß ſol-
cher Urſach kan in einem Schaf/ Ziegen oder derglei-
chen kleinem Thier/ keine Staͤrcke eines Pferdes o-
der Ochſen ſeyn oder bezeiget werden.

So iſt dagegen auch nicht zu laͤugnen/ daß in vie-
len Thieren und Menſchen/ alſo auch in lebloſen
Creaturen/ die Staͤrcke nicht an die Groͤſſe dergeſtalt
verbunden ſey/ daß in den groͤſten/ die groͤſte Staͤrcke
zu befinden waͤre/ weil Loͤwen viel groͤſſere Thier/ als
ſie ſeyn/ uͤbermeiſtern/ kleine Menſchen groſſe/ an
Starcke/ uͤbertreffen/ welches zum groͤſten Theil
durch die Geſchwindigkeit und vorthelhafften An-o-
der Handgriff geſchicht.

So iſt auch nicht wider die Erfahrung/ daß bey
vielen Menſchen und Thieren |zwar groſſe Staͤrcke
zuvermuthen auch wol zubefinden/ welche aber nicht
ſowol gebrauchet oder angeleget wird/ daß ſie andern
gleiche Wercke verrichten koͤnte/ ſo viel ſchwaͤchere
erweiſen/ welches abermals nicht an der Staͤrke ſelbſt/
ſondern vielmehr an dem mangelhafften Gebrauch
derſelben erwindet. Denn ob gleich dieſes ein un-
fehlbare Regel zu ſeyn ſcheinet/ was von gleicher voͤlli-
ger Staͤrcke iſt/ das kan auch gleiche ſtarcke Wuͤr-
ckungen verrichten; ſo giebet doch die Erfahrung daſ-
ſelbe nicht weiter zu/ als ſo weit die gleiche voͤllige
Staͤrcke nicht allein gegenwaͤrtig verhanden/ ſondern
auch recht gebrauchet werden kan. Auſſer deſſen
ſiehet man offt geringe Staͤrcke groͤſſere Wercke auß-
fuͤhren/ die der groͤſten Staͤrcke unmuͤglich fallen.

Wann aber der rechte Gebrauch der Staͤrcke ver-
einiget wird/ iſt es ſo dann gar leicht/ daß die voͤllige
Staͤrcke nicht allein ſoviel/ ſondern noch mehr/ als
die geringe verrichten mag/ wiewol noch dieſem Fall
etliche Zweiffel anzuhaͤngen/ und zu eroͤrtern waͤren.
Welche aber an einem andern Ort abgehandelt wer-
den/ dahin ſie naͤher zuziehen ſeyn.

So ſich dann ſolche Ungleichheit der Staͤrcke und
Fertigkeit in der Pferde Schenckeln befindet/ iſt
es kein Wunder/ daß auch derſelben Bezeigungen/
ſo lang unvollkommen erſcheinen und bleiben muͤſ-
ſen/ als die vorhandene Staͤrcke nicht zu dem Vor-
thelhafften Gebrauch/ und die empfindliche Schwach-
heit/ mit der vortelhafften Fertigkeit nicht geſtaͤrcket
wird/ in welcher beyderley Verbeſſerung/ eine glei-
che Staͤrcke und Fertigkeit zu erhalten und zuſpuͤren
iſt.

Wann aber dieſes von ſich ſelber/ auſſer aller Un-
terweiſung/ damit gethan waͤre/ daß (nach deß einen
Theils Meinung/) auch bey den Pferden/ ſich die
Staͤrcke auf einer/ und die Fertigkeit auf der andern
Seiten/ in den Schenckeln befuͤnde: Und die Fertig-
keit einer Seiten/ den Mangel der Staͤrcke genung-
ſam erſetzen koͤnte: Alſo auf der andern Seiten die
Fertigkeit/ durch die Staͤrcke dergeſtalt erſtattet wuͤr-
[Spaltenumbruch] de/ daß ſie ſich doch in gleicher Geſchicklich keit bezei-
gen koͤnten: So wuͤrden die Bereiter ſich gar um-
ſonſt bemuͤhen/ die Mittel außzuſinnen/ zu verſuchen
und zugebrauchen/ welche die Pferde gleich diſpoſt/
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Woruͤber doch viel uͤberdruͤſſigwerden/ uñ ehe davon
ablaſſen/ als ſie ihre Jntention in dieſem Fall erhalten/
wie die geringe Anzahl ſolcher Pferde bezeuget/ welche
in dieſem Stuck/ ſolche Unterweiſungs-Art preiſen
und erweiſen koͤnten.

Daß nun wo nicht allein/ doch den meiſten Pfer-
den/ die rechten Schenckel ſtaͤrcker und fertiger/ als
die lincken/ ſchlieſt man auß unterſchiedlichen Bezei-
gungen der Pferde und derſelben Schenckel/ wann
man bey denſelben wahrnimmet/ 1. wann die jun-
ge Pferde im Anfang deß zureitens/ mehr auß boß-
hafftem Widerwillen/ als deß Reuters Verurſach-
ung/ herumlauffen koͤnnen/ nie oder gar ſelten von
ſich ſelber auf die rechte/ ſondern auf die lincke Hand
incliniren.

Schlaͤget man ein Pferd mit der Ruten oder trifft
es mit dem Sporn/ daß es ſolches apprehendiret:
ſo wendet es ſich gemeiniglich/ mit dem Kopff auf
die lincke/ und mit dem Creutz auf die rechte Hand.

3. Sprenget man ein Pferd auf gerader Lini an/
wird es jederzeit im Anfang deß Außſprengens/ mit
dem Kopff auf die lincke/ und mit dem Creutz auf die
rechte Hand außweichen.

4. So offt ein Pferd pariret oder nur ſchlecht ſtill-
haͤlt/ indem es darzu aufgehalten wird/ wie es ſich je-
derzeit mit dem Kopff auf die lincke Seiten neigen/
und auf die rechte Seiten ſetzen/ auch die Parada
mit dem hindern rechten Fuß ſchlieſſen und verſi-
chern.

5. Faſt aller Schulpferde Merckmal auf der rechten
Seiten/ ſo ihnen von dem rechten Sporn angehaͤn-
get werden/ geben zuerkennen/ daß ſie oͤffter mit
dem Creutz/ nach der rechten/ als lincken Seiten aus-
fallen.

6. So werden auch die meiſte Bezeigungen der
Pferden in den Volten/ genug erweiſen/ daß dieſel-
be auf die rechte Seiten/ beſſer fertiger und williger/
als auf die lincke abgehen/ und augenſcheinlich zu un-
terſcheiden ſeyn.

So ſich dann die Natur/ (wie die Menſchen)
deſſen am meiſten und liebſten gebrauchet und damit
verſichert/ mit welchem ſie am bequemſten und leich-
teſten fortkommen kan: So iſt auch den Pferden
derſelben Gebrauch/ um ſoviel annehmlicher als ſie
ſich auß oberwehnten Urſachen/ mehr als auf die lincke
verlaſſen.

Wann ſich aber Staͤrcke und Fertigkeit zugleich
in der Pferde rechten Schenckeln beyſammen finden/
und nach erſterwehntem Schluß die Natur ſich deſ-
ſen am meiſten und liebſten gebrauchet/ was ihr am
bequemſten iſt/ ſo muͤſte folgen/ daß die Pferde lieber
auf die rechte/ als auf die lincke gehen ſolten/ welches
aber wider die Erfahrung lauffet/ weil der meiſte
Theil lieber auf die lincke als rechte Hand gehet.

So
Ander Theil. M m
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[273/0297] Pferde-Schatz. ſie ihre Wuͤrckung bezeigen kan/ und wie die Staͤrcke ſelbſt einem gewiſſen Ziel/ Maaß und proportion un- terworffen und daran verbunden: ſo iſt auch derſel- ben Wohnung von ſolcher proportion nicht außge- ſchloſſen. Denn die Erfahrung bezeuget/ daß ſich alle Wuͤrckungen enden/ wann und wo ihre gewiſſe proportion und Maaß uͤberſchritten wird/ auß ſol- cher Urſach kan in einem Schaf/ Ziegen oder derglei- chen kleinem Thier/ keine Staͤrcke eines Pferdes o- der Ochſen ſeyn oder bezeiget werden. So iſt dagegen auch nicht zu laͤugnen/ daß in vie- len Thieren und Menſchen/ alſo auch in lebloſen Creaturen/ die Staͤrcke nicht an die Groͤſſe dergeſtalt verbunden ſey/ daß in den groͤſten/ die groͤſte Staͤrcke zu befinden waͤre/ weil Loͤwen viel groͤſſere Thier/ als ſie ſeyn/ uͤbermeiſtern/ kleine Menſchen groſſe/ an Starcke/ uͤbertreffen/ welches zum groͤſten Theil durch die Geſchwindigkeit und vorthelhafften An-o- der Handgriff geſchicht. So iſt auch nicht wider die Erfahrung/ daß bey vielen Menſchen und Thieren |zwar groſſe Staͤrcke zuvermuthen auch wol zubefinden/ welche aber nicht ſowol gebrauchet oder angeleget wird/ daß ſie andern gleiche Wercke verrichten koͤnte/ ſo viel ſchwaͤchere erweiſen/ welches abermals nicht an der Staͤrke ſelbſt/ ſondern vielmehr an dem mangelhafften Gebrauch derſelben erwindet. Denn ob gleich dieſes ein un- fehlbare Regel zu ſeyn ſcheinet/ was von gleicher voͤlli- ger Staͤrcke iſt/ das kan auch gleiche ſtarcke Wuͤr- ckungen verrichten; ſo giebet doch die Erfahrung daſ- ſelbe nicht weiter zu/ als ſo weit die gleiche voͤllige Staͤrcke nicht allein gegenwaͤrtig verhanden/ ſondern auch recht gebrauchet werden kan. Auſſer deſſen ſiehet man offt geringe Staͤrcke groͤſſere Wercke auß- fuͤhren/ die der groͤſten Staͤrcke unmuͤglich fallen. Wann aber der rechte Gebrauch der Staͤrcke ver- einiget wird/ iſt es ſo dann gar leicht/ daß die voͤllige Staͤrcke nicht allein ſoviel/ ſondern noch mehr/ als die geringe verrichten mag/ wiewol noch dieſem Fall etliche Zweiffel anzuhaͤngen/ und zu eroͤrtern waͤren. Welche aber an einem andern Ort abgehandelt wer- den/ dahin ſie naͤher zuziehen ſeyn. So ſich dann ſolche Ungleichheit der Staͤrcke und Fertigkeit in der Pferde Schenckeln befindet/ iſt es kein Wunder/ daß auch derſelben Bezeigungen/ ſo lang unvollkommen erſcheinen und bleiben muͤſ- ſen/ als die vorhandene Staͤrcke nicht zu dem Vor- thelhafften Gebrauch/ und die empfindliche Schwach- heit/ mit der vortelhafften Fertigkeit nicht geſtaͤrcket wird/ in welcher beyderley Verbeſſerung/ eine glei- che Staͤrcke und Fertigkeit zu erhalten und zuſpuͤren iſt. Wann aber dieſes von ſich ſelber/ auſſer aller Un- terweiſung/ damit gethan waͤre/ daß (nach deß einen Theils Meinung/) auch bey den Pferden/ ſich die Staͤrcke auf einer/ und die Fertigkeit auf der andern Seiten/ in den Schenckeln befuͤnde: Und die Fertig- keit einer Seiten/ den Mangel der Staͤrcke genung- ſam erſetzen koͤnte: Alſo auf der andern Seiten die Fertigkeit/ durch die Staͤrcke dergeſtalt erſtattet wuͤr- de/ daß ſie ſich doch in gleicher Geſchicklich keit bezei- gen koͤnten: So wuͤrden die Bereiter ſich gar um- ſonſt bemuͤhen/ die Mittel außzuſinnen/ zu verſuchen und zugebrauchen/ welche die Pferde gleich diſpoſt/ auf einer Seiten wie auf der andern machen koͤnten. Woruͤber doch viel uͤberdruͤſſigwerden/ uñ ehe davon ablaſſen/ als ſie ihre Jntention in dieſem Fall erhalten/ wie die geringe Anzahl ſolcher Pferde bezeuget/ welche in dieſem Stuck/ ſolche Unterweiſungs-Art preiſen und erweiſen koͤnten. Daß nun wo nicht allein/ doch den meiſten Pfer- den/ die rechten Schenckel ſtaͤrcker und fertiger/ als die lincken/ ſchlieſt man auß unterſchiedlichen Bezei- gungen der Pferde und derſelben Schenckel/ wann man bey denſelben wahrnimmet/ 1. wann die jun- ge Pferde im Anfang deß zureitens/ mehr auß boß- hafftem Widerwillen/ als deß Reuters Verurſach- ung/ herumlauffen koͤnnen/ nie oder gar ſelten von ſich ſelber auf die rechte/ ſondern auf die lincke Hand incliniren. Schlaͤget man ein Pferd mit der Ruten oder trifft es mit dem Sporn/ daß es ſolches apprehendiret: ſo wendet es ſich gemeiniglich/ mit dem Kopff auf die lincke/ und mit dem Creutz auf die rechte Hand. 3. Sprenget man ein Pferd auf gerader Lini an/ wird es jederzeit im Anfang deß Außſprengens/ mit dem Kopff auf die lincke/ und mit dem Creutz auf die rechte Hand außweichen. 4. So offt ein Pferd pariret oder nur ſchlecht ſtill- haͤlt/ indem es darzu aufgehalten wird/ wie es ſich je- derzeit mit dem Kopff auf die lincke Seiten neigen/ und auf die rechte Seiten ſetzen/ auch die Parada mit dem hindern rechten Fuß ſchlieſſen und verſi- chern. 5. Faſt aller Schulpferde Merckmal auf der rechten Seiten/ ſo ihnen von dem rechten Sporn angehaͤn- get werden/ geben zuerkennen/ daß ſie oͤffter mit dem Creutz/ nach der rechten/ als lincken Seiten aus- fallen. 6. So werden auch die meiſte Bezeigungen der Pferden in den Volten/ genug erweiſen/ daß dieſel- be auf die rechte Seiten/ beſſer fertiger und williger/ als auf die lincke abgehen/ und augenſcheinlich zu un- terſcheiden ſeyn. So ſich dann die Natur/ (wie die Menſchen) deſſen am meiſten und liebſten gebrauchet und damit verſichert/ mit welchem ſie am bequemſten und leich- teſten fortkommen kan: So iſt auch den Pferden derſelben Gebrauch/ um ſoviel annehmlicher als ſie ſich auß oberwehnten Urſachen/ mehr als auf die lincke verlaſſen. Wann ſich aber Staͤrcke und Fertigkeit zugleich in der Pferde rechten Schenckeln beyſammen finden/ und nach erſterwehntem Schluß die Natur ſich deſ- ſen am meiſten und liebſten gebrauchet/ was ihr am bequemſten iſt/ ſo muͤſte folgen/ daß die Pferde lieber auf die rechte/ als auf die lincke gehen ſolten/ welches aber wider die Erfahrung lauffet/ weil der meiſte Theil lieber auf die lincke als rechte Hand gehet. So Ander Theil. M m

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/297>, abgerufen am 23.11.2024.