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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] dene Gelencke angreiffet; So verbleibet auch nicht al-
lein die rechte und beste Pferdes-Gestalt/ sondern auch
alle gute Würckungen/ so lang zurück. Weil aber
ein Halß nicht mehr als einen Bug erlangen oder
machen kan/ und der Cavazon und Sprungriemen
haben hiebey das ihrige verrichtet; indem sie den
Halß entweder in der mitte oder am aller dickesten un-
tersten Ort/ im Gelencke gängig oder beweglich ge-
machet: So muß nothwendig folgen/ daß ein sol-
ches Pferd/ durch keine Mittel der Welt mehr in die
beste Gestalt zu bringen sey/ sondern wie ein Baum
oder Ast an demselben Ort/ seine einmahl eingenom-
mene Krümme jederzeit behält. Folgen also weiter
die beyderley Abtheilungen deß Pferdes Leibs obern
und untern Theils.

1. Das Obertheil wird in Kopff/ Halß und obern
Leib eingetheilet/ haben wieder ihren Unterschied/ in
dem der Kopff und Halß der andern gute Gestalt
verursachen/ dann nehmen sie solchen/ (von ihnen
recht gestellten) Leib zu Hülffe/ daß sie 1. alle drey in
rechter Form erscheinen/ 2. auch dem untern/ als ihrem
gesamten andern halben Theil/ auch in die gehöri-
ge Ordnung und Form bringen helffen: Denn
unter einem jeden solchen recht formirten obern
Theil/ wird der untere/ als die Schenckel/ ohn
alle Beschwerung/ aufrecht und entledigt fortkom-
men/ weil sie von demselben nicht niedergedrucket
werden/ daher sie auch kein hartes halten bedürffen/
können sich also frey erheben/ regieren/ (recht gefüh-
ret/) auf der Erden niedersetzen/ das obere Theil desto
leichter tragen/ wie dasselbe in gantz gleichem Gewicht
darauf lieget/ (und etwas beweglich) ruhet.

2. Das Untertheil/ als die Brust/ die vordern
und hindern Füsse/ mit dem hängenden Bauch.
Gleichwie nun die gute Gestalt deß obern Theils/ die
erste Haupt-Ursach und Mittel ist/ daß das Unter-
theil auch in die gehörige gute Gestalt gebracht wer-
den kan: So können auch unter einer guten Gestalt
deß obern Theils/ keine böse Schenckel gespüret wer-
den: Und müssen derowegen die Schenckel ein Fun-
dament und Säulen seyn/ worauf deß obern Theils
gute Gestalt zu bauen/ zu gründen und zuerhalten ist/
wird also auch deß untern Theils gute Gestalt zum
Wolstand deß gantzen Pferdes erfordert/ durch
welches deß gantzen Leibes gleichstimmende Union/ und
ungezwunge Gestalt/ sonder alle krümmen oder ü-
belstehende Bewegungen/ in stillem verhalten/ erken-
net wird/ wann eines Pferdes Schenckel/ ihr gebüh-
rendes Ort/ in der rechten Zeit/ und gleicher Cadentz
erreichen/ wie und wo sie am stärckesten/ fertigsten
und sichersten seyn.

Worauß erfolget/ daß es allein in solcher guten
Gestalt/ und keiner andern/ also in allen Bezeigun-
gen am fertigsten/ gemächlichsten und sichersten fort-
zukommen vermag/ gantz ungezwungen und frey ist/
worauß die rechte Lindmäulichkeit entsteht/ und die be-
ste Bezeigungen zu machen/ so am zierlichsten anzu-
sehen.

Die andere Abtheilungs-Art

Unter scheidet das Pferd von oben an biß unten
auß/ in der mitte/ durch den Rücken und Bauch/ in
[Spaltenumbruch] das vordere und hindere Theil/ davon das hintere
Theil in der Abrichtung das erste und vornehmste/
bestehet in halbem Rucken und Bauch/ Groppa mit
den hintern Füssen.

Es möchten zwar etliche der Meynung seyn/ wann
sie das vordere Theil dahin gebracht/ daß es sich im
Mund wenden lasse/ müsse und werde das hindere
Theil wol hernach folgen/ welches aber mehr ein
nachschleppen/ als nachfolgen zu nennen/ wie be-
schwerlich/ gefährlich/ übelständig/ dasselbe dem
Reuter und dem Pferd fället/ ist an einem Schiffe
zusehen/ welches nicht vornen/ (wo dessen Kopff hin
soll/) sondern an dem hindersten Theil/ durch das
Steuer-Ruder gewendet wird/ welchem nach auch
das Pferd seine Wendungen/ und deren Verstche-
rung mehr mit dem Ancken/ als dem vordern Theil/ zu
vollbringen angewiesen werden soll.

Das vordere Theil begreiffet den Kopff/ Halß/
halben Rucken und Bauch/ die Brust mit den vor-
dern Füssen. Unter diesen seyn die vortrefflichsten
Kopff und Halß/ denn sobald diese in ihr gehörige
gute Gestalt gebracht und in derselben bestättiget wer-
den/ so richten sie das gantze Pferd/ vielmehr das ei-
nige vordere Theil/ in die rechte erforderte Ordnung
und gute Gestalt/ deren Erkäntnüß wird seyn/ wann
deß Pferdes Schenckel seine unterschiedene Theil/
gantz gleich und eines soviel als das andere träget/ daß
weder das vordere/ noch das hindere/ über die gebühr-
liche Maaß beschweret wird/ sondern mit leichter
Mühe/ Sicher- und Fertigkeit/ zugleich fortkom-
men. Dann wo im Gegentheil der Kopff ausser der
perpendicular-Lini und zu hoch getragen wird/ so
wird das Hindertheil von ihm zuviel beschweret/ und
das vordere zuviel erleichtert/ dessen Exempel kan der
menschliche Leib geben/ wann der Kopff ausser und
hinter die perpendicular-Lini/ in die Höhe zurück ge-
halten wird/ so setzen sich die Fersen mit grösserm Ge-
walt und Stärcke als die Zeen zu der Erden/ und kan
der Leib/ von geringer Bewegung und Anfall/ so
vornen herkommet/ auf den Rucken fallen oder sin-
cken/ eben also klebet ein solches Pferd mit den hindern
Füssen an der Erden.

Jst aber der Kopff vorwerts neigend/ zu niedrig
und ausser der perpendicular Lini/ so ist der vordere
Theil zuviel beschweret/ und niedergedrucket/ daß die
vordern Schenckel den hindern nicht genung Platz
machen/ zu rechter Zeit außweichen/ daß sie dero Stell
einnehmen könten/ welche darüber zuruck bleiben/
nicht an das rechte Ort unter den Leib gebracht wer-
den/ davon wird das hindere Theil zu wenig ange-
halten und versichert/ von einer Seiten zu der andern
geworffen/ daß es allzeit mehr wanckend als steiff hal-
tend fortkommet.

Und dieses kan ein Mensch mit abwerts sinckendem
Kopff bald erkennen/ wie ihm die vordere Ballen und
Zeen alsbald alle Entledigung deß freyen Gangs be-
nehmen/ die Erden mit grösserer Stärcke als die Fer-
sen ergreiffen/ davon er wie von der andern vorer-
wähnten Art/ ein grossen Zwang/ langsames fort-
kommen und hinderliche Beschwerungen schmertzlich
empfindet/ die er ohne Schaden nicht in die Länge
continuiren könte.

Wel-
L l 2

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] dene Gelencke angreiffet; So verbleibet auch nicht al-
lein die rechte und beſte Pferdes-Geſtalt/ ſondern auch
alle gute Wuͤrckungen/ ſo lang zuruͤck. Weil aber
ein Halß nicht mehr als einen Bug erlangen oder
machen kan/ und der Cavazon und Sprungriemen
haben hiebey das ihrige verrichtet; indem ſie den
Halß entweder in der mitte oder am aller dickeſten un-
terſten Ort/ im Gelencke gaͤngig oder beweglich ge-
machet: So muß nothwendig folgen/ daß ein ſol-
ches Pferd/ durch keine Mittel der Welt mehr in die
beſte Geſtalt zu bringen ſey/ ſondern wie ein Baum
oder Aſt an demſelben Ort/ ſeine einmahl eingenom-
mene Kruͤmme jederzeit behaͤlt. Folgen alſo weiter
die beyderley Abtheilungen deß Pferdes Leibs obern
und untern Theils.

1. Das Obertheil wird in Kopff/ Halß und obern
Leib eingetheilet/ haben wieder ihren Unterſchied/ in
dem der Kopff und Halß der andern gute Geſtalt
verurſachen/ dann nehmen ſie ſolchen/ (von ihnen
recht geſtellten) Leib zu Huͤlffe/ daß ſie 1. alle drey in
rechter Form erſcheinen/ 2. auch dem untern/ als ihrem
geſamten andern halben Theil/ auch in die gehoͤri-
ge Ordnung und Form bringen helffen: Denn
unter einem jeden ſolchen recht formirten obern
Theil/ wird der untere/ als die Schenckel/ ohn
alle Beſchwerung/ aufrecht und entledigt fortkom-
men/ weil ſie von demſelben nicht niedergedrucket
werden/ daher ſie auch kein hartes halten beduͤrffen/
koͤnnen ſich alſo frey erheben/ regieren/ (recht gefuͤh-
ret/) auf der Erden niederſetzen/ das obere Theil deſto
leichter tragen/ wie daſſelbe in gantz gleichem Gewicht
darauf lieget/ (und etwas beweglich) ruhet.

2. Das Untertheil/ als die Bruſt/ die vordern
und hindern Fuͤſſe/ mit dem haͤngenden Bauch.
Gleichwie nun die gute Geſtalt deß obern Theils/ die
erſte Haupt-Urſach und Mittel iſt/ daß das Unter-
theil auch in die gehoͤrige gute Geſtalt gebracht wer-
den kan: So koͤnnen auch unter einer guten Geſtalt
deß obern Theils/ keine boͤſe Schenckel geſpuͤret wer-
den: Und muͤſſen derowegen die Schenckel ein Fun-
dament und Saͤulen ſeyn/ worauf deß obern Theils
gute Geſtalt zu bauen/ zu gruͤnden und zuerhalten iſt/
wird alſo auch deß untern Theils gute Geſtalt zum
Wolſtand deß gantzen Pferdes erfordert/ durch
welches deß gantzen Leibes gleichſtimmende Union/ uñ
ungezwunge Geſtalt/ ſonder alle kruͤmmen oder uͤ-
belſtehende Bewegungen/ in ſtillem verhalten/ erken-
net wird/ wann eines Pferdes Schenckel/ ihr gebuͤh-
rendes Ort/ in der rechten Zeit/ und gleicher Cadentz
erreichen/ wie und wo ſie am ſtaͤrckeſten/ fertigſten
und ſicherſten ſeyn.

Worauß erfolget/ daß es allein in ſolcher guten
Geſtalt/ und keiner andern/ alſo in allen Bezeigun-
gen am fertigſten/ gemaͤchlichſten und ſicherſten fort-
zukommen vermag/ gantz ungezwungen und frey iſt/
worauß die rechte Lindmaͤulichkeit entſteht/ und die be-
ſte Bezeigungen zu machen/ ſo am zierlichſten anzu-
ſehen.

Die andere Abtheilungs-Art

Unter ſcheidet das Pferd von oben an biß unten
auß/ in der mitte/ durch den Ruͤcken und Bauch/ in
[Spaltenumbruch] das vordere und hindere Theil/ davon das hintere
Theil in der Abrichtung das erſte und vornehmſte/
beſtehet in halbem Rucken und Bauch/ Groppa mit
den hintern Fuͤſſen.

Es moͤchten zwar etliche der Meynung ſeyn/ wann
ſie das vordere Theil dahin gebracht/ daß es ſich im
Mund wenden laſſe/ muͤſſe und werde das hindere
Theil wol hernach folgen/ welches aber mehr ein
nachſchleppen/ als nachfolgen zu nennen/ wie be-
ſchwerlich/ gefaͤhrlich/ uͤbelſtaͤndig/ daſſelbe dem
Reuter und dem Pferd faͤllet/ iſt an einem Schiffe
zuſehen/ welches nicht vornen/ (wo deſſen Kopff hin
ſoll/) ſondern an dem hinderſten Theil/ durch das
Steuer-Ruder gewendet wird/ welchem nach auch
das Pferd ſeine Wendungen/ und deren Verſtche-
rung mehr mit dem Ancken/ als dem vordern Theil/ zu
vollbringen angewieſen werden ſoll.

Das vordere Theil begreiffet den Kopff/ Halß/
halben Rucken und Bauch/ die Bruſt mit den vor-
dern Fuͤſſen. Unter dieſen ſeyn die vortrefflichſten
Kopff und Halß/ denn ſobald dieſe in ihr gehoͤrige
gute Geſtalt gebracht und in derſelben beſtaͤttiget wer-
den/ ſo richten ſie das gantze Pferd/ vielmehr das ei-
nige vordere Theil/ in die rechte erforderte Ordnung
und gute Geſtalt/ deren Erkaͤntnuͤß wird ſeyn/ wann
deß Pferdes Schenckel ſeine unterſchiedene Theil/
gantz gleich und eines ſoviel als das andere traͤget/ daß
weder das vordere/ noch das hindere/ uͤber die gebuͤhr-
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Muͤhe/ Sicher- und Fertigkeit/ zugleich fortkom-
men. Dann wo im Gegentheil der Kopff auſſer der
perpendicular-Lini und zu hoch getragen wird/ ſo
wird das Hindertheil von ihm zuviel beſchweret/ und
das vordere zuviel erleichtert/ deſſen Exempel kan der
menſchliche Leib geben/ wann der Kopff auſſer und
hinter die perpendicular-Lini/ in die Hoͤhe zuruͤck ge-
halten wird/ ſo ſetzen ſich die Ferſen mit groͤſſerm Ge-
walt und Staͤrcke als die Zeen zu der Erden/ und kan
der Leib/ von geringer Bewegung und Anfall/ ſo
vornen herkommet/ auf den Rucken fallen oder ſin-
cken/ eben alſo klebet ein ſolches Pferd mit den hindern
Fuͤſſen an der Erden.

Jſt aber der Kopff vorwerts neigend/ zu niedrig
und auſſer der perpendicular Lini/ ſo iſt der vordere
Theil zuviel beſchweret/ und niedergedrucket/ daß die
vordern Schenckel den hindern nicht genung Platz
machen/ zu rechter Zeit außweichen/ daß ſie dero Stell
einnehmen koͤnten/ welche daruͤber zuruck bleiben/
nicht an das rechte Ort unter den Leib gebracht wer-
den/ davon wird das hindere Theil zu wenig ange-
halten und verſichert/ von einer Seiten zu der andern
geworffen/ daß es allzeit mehr wanckend als ſteiff hal-
tend fortkommet.

Und dieſes kan ein Menſch mit abwerts ſinckendem
Kopff bald erkennen/ wie ihm die vordere Ballen und
Zeen alsbald alle Entledigung deß freyen Gangs be-
nehmen/ die Erden mit groͤſſerer Staͤrcke als die Fer-
ſen ergreiffen/ davon er wie von der andern vorer-
waͤhnten Art/ ein groſſen Zwang/ langſames fort-
kommen und hinderliche Beſchwerungen ſchmertzlich
empfindet/ die er ohne Schaden nicht in die Laͤnge
continuiren koͤnte.

Wel-
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[267/0291] Pferde-Schatz. dene Gelencke angreiffet; So verbleibet auch nicht al- lein die rechte und beſte Pferdes-Geſtalt/ ſondern auch alle gute Wuͤrckungen/ ſo lang zuruͤck. Weil aber ein Halß nicht mehr als einen Bug erlangen oder machen kan/ und der Cavazon und Sprungriemen haben hiebey das ihrige verrichtet; indem ſie den Halß entweder in der mitte oder am aller dickeſten un- terſten Ort/ im Gelencke gaͤngig oder beweglich ge- machet: So muß nothwendig folgen/ daß ein ſol- ches Pferd/ durch keine Mittel der Welt mehr in die beſte Geſtalt zu bringen ſey/ ſondern wie ein Baum oder Aſt an demſelben Ort/ ſeine einmahl eingenom- mene Kruͤmme jederzeit behaͤlt. Folgen alſo weiter die beyderley Abtheilungen deß Pferdes Leibs obern und untern Theils. 1. Das Obertheil wird in Kopff/ Halß und obern Leib eingetheilet/ haben wieder ihren Unterſchied/ in dem der Kopff und Halß der andern gute Geſtalt verurſachen/ dann nehmen ſie ſolchen/ (von ihnen recht geſtellten) Leib zu Huͤlffe/ daß ſie 1. alle drey in rechter Form erſcheinen/ 2. auch dem untern/ als ihrem geſamten andern halben Theil/ auch in die gehoͤri- ge Ordnung und Form bringen helffen: Denn unter einem jeden ſolchen recht formirten obern Theil/ wird der untere/ als die Schenckel/ ohn alle Beſchwerung/ aufrecht und entledigt fortkom- men/ weil ſie von demſelben nicht niedergedrucket werden/ daher ſie auch kein hartes halten beduͤrffen/ koͤnnen ſich alſo frey erheben/ regieren/ (recht gefuͤh- ret/) auf der Erden niederſetzen/ das obere Theil deſto leichter tragen/ wie daſſelbe in gantz gleichem Gewicht darauf lieget/ (und etwas beweglich) ruhet. 2. Das Untertheil/ als die Bruſt/ die vordern und hindern Fuͤſſe/ mit dem haͤngenden Bauch. Gleichwie nun die gute Geſtalt deß obern Theils/ die erſte Haupt-Urſach und Mittel iſt/ daß das Unter- theil auch in die gehoͤrige gute Geſtalt gebracht wer- den kan: So koͤnnen auch unter einer guten Geſtalt deß obern Theils/ keine boͤſe Schenckel geſpuͤret wer- den: Und muͤſſen derowegen die Schenckel ein Fun- dament und Saͤulen ſeyn/ worauf deß obern Theils gute Geſtalt zu bauen/ zu gruͤnden und zuerhalten iſt/ wird alſo auch deß untern Theils gute Geſtalt zum Wolſtand deß gantzen Pferdes erfordert/ durch welches deß gantzen Leibes gleichſtimmende Union/ uñ ungezwunge Geſtalt/ ſonder alle kruͤmmen oder uͤ- belſtehende Bewegungen/ in ſtillem verhalten/ erken- net wird/ wann eines Pferdes Schenckel/ ihr gebuͤh- rendes Ort/ in der rechten Zeit/ und gleicher Cadentz erreichen/ wie und wo ſie am ſtaͤrckeſten/ fertigſten und ſicherſten ſeyn. Worauß erfolget/ daß es allein in ſolcher guten Geſtalt/ und keiner andern/ alſo in allen Bezeigun- gen am fertigſten/ gemaͤchlichſten und ſicherſten fort- zukommen vermag/ gantz ungezwungen und frey iſt/ worauß die rechte Lindmaͤulichkeit entſteht/ und die be- ſte Bezeigungen zu machen/ ſo am zierlichſten anzu- ſehen. Die andere Abtheilungs-Art Unter ſcheidet das Pferd von oben an biß unten auß/ in der mitte/ durch den Ruͤcken und Bauch/ in das vordere und hindere Theil/ davon das hintere Theil in der Abrichtung das erſte und vornehmſte/ beſtehet in halbem Rucken und Bauch/ Groppa mit den hintern Fuͤſſen. Es moͤchten zwar etliche der Meynung ſeyn/ wann ſie das vordere Theil dahin gebracht/ daß es ſich im Mund wenden laſſe/ muͤſſe und werde das hindere Theil wol hernach folgen/ welches aber mehr ein nachſchleppen/ als nachfolgen zu nennen/ wie be- ſchwerlich/ gefaͤhrlich/ uͤbelſtaͤndig/ daſſelbe dem Reuter und dem Pferd faͤllet/ iſt an einem Schiffe zuſehen/ welches nicht vornen/ (wo deſſen Kopff hin ſoll/) ſondern an dem hinderſten Theil/ durch das Steuer-Ruder gewendet wird/ welchem nach auch das Pferd ſeine Wendungen/ und deren Verſtche- rung mehr mit dem Ancken/ als dem vordern Theil/ zu vollbringen angewieſen werden ſoll. Das vordere Theil begreiffet den Kopff/ Halß/ halben Rucken und Bauch/ die Bruſt mit den vor- dern Fuͤſſen. Unter dieſen ſeyn die vortrefflichſten Kopff und Halß/ denn ſobald dieſe in ihr gehoͤrige gute Geſtalt gebracht und in derſelben beſtaͤttiget wer- den/ ſo richten ſie das gantze Pferd/ vielmehr das ei- nige vordere Theil/ in die rechte erforderte Ordnung und gute Geſtalt/ deren Erkaͤntnuͤß wird ſeyn/ wann deß Pferdes Schenckel ſeine unterſchiedene Theil/ gantz gleich und eines ſoviel als das andere traͤget/ daß weder das vordere/ noch das hindere/ uͤber die gebuͤhr- liche Maaß beſchweret wird/ ſondern mit leichter Muͤhe/ Sicher- und Fertigkeit/ zugleich fortkom- men. Dann wo im Gegentheil der Kopff auſſer der perpendicular-Lini und zu hoch getragen wird/ ſo wird das Hindertheil von ihm zuviel beſchweret/ und das vordere zuviel erleichtert/ deſſen Exempel kan der menſchliche Leib geben/ wann der Kopff auſſer und hinter die perpendicular-Lini/ in die Hoͤhe zuruͤck ge- halten wird/ ſo ſetzen ſich die Ferſen mit groͤſſerm Ge- walt und Staͤrcke als die Zeen zu der Erden/ und kan der Leib/ von geringer Bewegung und Anfall/ ſo vornen herkommet/ auf den Rucken fallen oder ſin- cken/ eben alſo klebet ein ſolches Pferd mit den hindern Fuͤſſen an der Erden. Jſt aber der Kopff vorwerts neigend/ zu niedrig und auſſer der perpendicular Lini/ ſo iſt der vordere Theil zuviel beſchweret/ und niedergedrucket/ daß die vordern Schenckel den hindern nicht genung Platz machen/ zu rechter Zeit außweichen/ daß ſie dero Stell einnehmen koͤnten/ welche daruͤber zuruck bleiben/ nicht an das rechte Ort unter den Leib gebracht wer- den/ davon wird das hindere Theil zu wenig ange- halten und verſichert/ von einer Seiten zu der andern geworffen/ daß es allzeit mehr wanckend als ſteiff hal- tend fortkommet. Und dieſes kan ein Menſch mit abwerts ſinckendem Kopff bald erkennen/ wie ihm die vordere Ballen und Zeen alsbald alle Entledigung deß freyen Gangs be- nehmen/ die Erden mit groͤſſerer Staͤrcke als die Fer- ſen ergreiffen/ davon er wie von der andern vorer- waͤhnten Art/ ein groſſen Zwang/ langſames fort- kommen und hinderliche Beſchwerungen ſchmertzlich empfindet/ die er ohne Schaden nicht in die Laͤnge continuiren koͤnte. Wel- L l 2

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/291>, abgerufen am 24.11.2024.