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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] grösten Ruhm behalten/ welche 1. in den wichtigsten
Geschäfften gebrauchet werden.

2. Die sich zu allerley Gebrauch in Schimpff und
Ernst gebrauchen zu lassen unterwiesen und gewöh-
net worden/ so würden sich diese vorgesetzte Regeln
der Gestalt limitiren lassen müssen/ daß man die
Pferde auch in den heissen Tagen/ und in denselben
bey hohem Sonnenschein üben konne/ damit die
Pferde im Nothfall dasselbe gleicher Gestalt zu sol-
chen Zeiten leisten mögen/ doch kan hierinnen die
rechte Maaß und Abwechselung viel nutzen/ daß man
den Sachen nicht zu viel thue/ und die Pferd vergeb-
lich beschwere oder in Gefahr setze.

Wiewol nun die Morgenstunden jederzeit die A-
bendstunden in der Bequemlichkeit übertreffen/ seyn
doch dieselbe drum nicht gäntzlich zu verwerffen/ son-
dern mit Bescheidenheit auch nützlich anzuwenden/
ohne daß die Pferde 1. Morgens früh weniger vom
Futter beschwert und verhindert seyn.

2. Jn den frühstunden aufmercksamer und geler-
niger. Jn welchem Fall aber auch den selben die Nacht
weit vorzuziehen; Ja in einer mehr/ als in etlichen
Tagen zu erlangen ist/ weil ihre Sinnen zu selbiger
Zeit nicht allein zu Fassung der Lectionen am aller be-
quemsten/ sondern auch desto minder Feuerscheu
bleiben oder werden/ wann man sie meistentheils bey
der Nacht/ bald bey dem Liecht/ bald bey dem Mon-
schein exerciret/ über daß die Pferde bey wenig Zu-
sehern (so sich bey Tag häuffiger als bey der Nacht
einfinden) mehr auf ihrer Lectiones/ als auf andere
Leut acht haben/ als die Fürwitzigen gewohnet seyn.

Die strengeste Winter-Kälte/ kan zu der Ubung
manchem Pferd fast so viel als die grosse Sommer-
Hitze schadlich seyn/ wann sie in derselben allzusehr
erhitzet würden/ und dasselbe um der geschwinden
und offtmahligen Abwechlung willen beyder zusam-
menschlagenden Extremitäten; denn in grosser Kälte
ist zwar der Schweiß/ wegen der verschlossenen
Schweißlöcher schwerer und langsamer zu erwecken/
aber auch hergegen nicht so leicht ausser dem Leibe zu
erhalten uud weg zubringen/ daß nicht etwas davon
wieder einschlage/ welches in der Hitze nicht so bald
geschicht oder so schädlich wäre/ wann es gleich auß U-
bersehen oder Verhinderung geschehen solte. Müssen
also im Winter die allerwärmesten einfallende Nach-
mittags Stunden darzu angewendet werden.

Daß die Pferde bey hellem Wetter mehr Lust zu
dem Exercitz haben/ und freudiger erscheinen: Her-
gegen bey unlustigem trüben/ gleich wie die Men-
schen/ Melancolisch/ verdrossen und widrig bezeigen/
ist der Erfahrung gemäß/ aber auch solcher Unterschied
bey ihrer Ubung nicht geringen Unterschied im Fort-
gang erweisen wird.

So viel aber die Zeit ihres Alters betrifft/ ist in dem
ersten Theil die Nothdurfft erwehnet/ welcher allein
noch dieses anzuhängen seyn möchte/ daß in demsel-
ben und der Wahl/ wann die Pferde zu dem Exer-
citz zu lassen oder zu nehmen rathsam und unschäd-
lich/ ein so mercklicher Unterschied als unter den Pfer-
den selber zu machen nöhtig seye.

Und zwar 1. unter den Nationen am allernöhtig-
sten/ weil sie nicht alle gleiches Alter erlangen/ was
[Spaltenumbruch] nun zeitlicher abgehen möchte/ wird nothwendig de-
sto eher zu dem Gebrauch kommen müssen/ wo man
dessen anderst etwas geniessen soll.

So dann die Teutschen/ Frantzösischen/ (und ihrer
Art verwandte) Pferde dem gemeinen Lauff nach vor
allen andern das geringste Alter bey gutem Vermö-
gen erreichen/ so werden dieselben/ und welche von
ihnen zu der Abrichtung tauglich/ seyn/ oder genom-
men werden mögen/ nothwendig desto früher darzu
kommen müssen/ dann wo sie erst wie andere Pferde
im 6. Jahr oder später auff die Schul kommen/ und
mit 8. oder höchst 9. Jahren nachdem gemeinen Lauff
schon abdancken sollen/ wird zum nutzlichen Gebrauch
derselben/ über die Zeit/ so sie in der Abrichtung zu
bringen müssen/ gar wenig verbleiben/ wiewol auch
ein oder 11/2. Jahr nicht viel außtragen können/ in wel-
chen es früher zu dem Exercitz mit Vernunfft ohne
Verderben zu nehmen seyn möchte. Welcher gestalt
aber solcher Mangel und geschwindes Abnehmen der
Pferde/ nicht eygentlich ihrer Landes-Art/ oder ihrer
bösen Natur selber/ sondern vielmehr der bösen Er-
ziehung und Wartung zuzuschreiben/ ist an demsel-
ben Ort erwehnet/ durch welcher Enderung/ dieses
übel allein zuverbessern/ müglich wär.

Bey Spanischen/ Jtaliänischen/ Englischen und
dergleichen Pferden/ welche von gar edeln Gestüdten
herkommen/ etwas besser erzogen und gehalten wer-
den/ auch wegen ihrer Capacität/ eine geringe Zeit in
der Abrichtung zu bringen dörffen/ könte es auch wol
um 1. oder 2. Jahr verlängert/ und biß nach dem 6.
Jahr anstehen bleiben/ damit sie nicht vor der Zeit
geschwächet werden dörffen.

Die Persianische/ Türckische/ Barbarische/ Hun-
garische und Polnische und alle andere hitzige Pferde/
wollen in der jugend ja vor dem 7. Jahr nicht ge-
brauchet seyn/ welchen Abgang sie aber so dann reich-
lich ersetzen/ wann sie über 30. Jahr beständige gute
Dienste leisten/ so fern sie nur mit böser Wartung/
Abrichtung oder Mißbrauch nicht vor der Zeit auß
Unwissenheit oder Muthwillen verderbet/ sondern
nach ihrer Gewonheit recht versorget werden.

Es ist aber ausser dieser gemeinen Observation/ so
unter der Landes-Art der Pferde zu machen oder zu
halten nöhtig/ keinem Pferde (von welcher Nation
es auch seyn möge/) keine so genaue Zeit zu bestim-
men/ in welcher sie zu der Abrichtung kommen/ oder
tüchtig seyn mögen.

Weil die rechte Zeit in der besten Erkantnuß deß
Pferdes guten und bösen verhandenen oder hoffen-
den Eigenschafften mehr als in den Jahren bestehet/
denn weder wenig noch viel Jahr können den grösten
Theil derselben Nothwendigkeiten mindern noch
mehr benehmen oder ersetzen/ denn es sind die Pferde
nicht allein nach ihrem Gewächs und Alter/ sondern
auch nach ihren Sinnen/ Vermögen und Willen
zu erkennen und auf die | Prob zu setzen/ in welcher die
Pferd/ von allerley Alter/ wol und übel bestehen kön-
nen/ wobey die Unterweisungs-Art sehr viel erhalten/
befürdern/ auch verderben und verhindern kan.

Der Ort.

Daß sich die Pferde/ auf einem ordinari Exercitz-
Platz jederzeit geübet/ in denselben leichtlich finden/

und

Pferde-Schatz.
[Spaltenumbruch] groͤſten Ruhm behalten/ welche 1. in den wichtigſten
Geſchaͤfften gebrauchet werden.

2. Die ſich zu allerley Gebrauch in Schimpff und
Ernſt gebrauchen zu laſſen unterwieſen und gewoͤh-
net worden/ ſo wuͤrden ſich dieſe vorgeſetzte Regeln
der Geſtalt limitiren laſſen muͤſſen/ daß man die
Pferde auch in den heiſſen Tagen/ und in denſelben
bey hohem Sonnenſchein uͤben konne/ damit die
Pferde im Nothfall daſſelbe gleicher Geſtalt zu ſol-
chen Zeiten leiſten moͤgen/ doch kan hierinnen die
rechte Maaß und Abwechſelung viel nutzen/ daß man
den Sachen nicht zu viel thue/ und die Pferd vergeb-
lich beſchwere oder in Gefahr ſetze.

Wiewol nun die Morgenſtunden jederzeit die A-
bendſtunden in der Bequemlichkeit uͤbertreffen/ ſeyn
doch dieſelbe drum nicht gaͤntzlich zu verwerffen/ ſon-
dern mit Beſcheidenheit auch nuͤtzlich anzuwenden/
ohne daß die Pferde 1. Morgens fruͤh weniger vom
Futter beſchwert und verhindert ſeyn.

2. Jn den fruͤhſtunden aufmerckſamer und geler-
niger. Jn welchem Fall aber auch den ſelben die Nacht
weit vorzuziehen; Ja in einer mehr/ als in etlichen
Tagen zu erlangen iſt/ weil ihre Sinnen zu ſelbiger
Zeit nicht allein zu Faſſung der Lectionen am aller be-
quemſten/ ſondern auch deſto minder Feuerſcheu
bleiben oder werden/ wann man ſie meiſtentheils bey
der Nacht/ bald bey dem Liecht/ bald bey dem Mon-
ſchein exerciret/ uͤber daß die Pferde bey wenig Zu-
ſehern (ſo ſich bey Tag haͤuffiger als bey der Nacht
einfinden) mehr auf ihrer Lectiones/ als auf andere
Leut acht haben/ als die Fuͤrwitzigen gewohnet ſeyn.

Die ſtrengeſte Winter-Kaͤlte/ kan zu der Ubung
manchem Pferd faſt ſo viel als die groſſe Sommer-
Hitze ſchadlich ſeyn/ wann ſie in derſelben allzuſehr
erhitzet wuͤrden/ und daſſelbe um der geſchwinden
und offtmahligen Abwechlung willen beyder zuſam-
menſchlagenden Extremitaͤten; denn in groſſer Kaͤlte
iſt zwar der Schweiß/ wegen der verſchloſſenen
Schweißloͤcher ſchwerer und langſamer zu erwecken/
aber auch hergegen nicht ſo leicht auſſer dem Leibe zu
erhalten uud weg zubringen/ daß nicht etwas davon
wieder einſchlage/ welches in der Hitze nicht ſo bald
geſchicht oder ſo ſchaͤdlich waͤre/ wann es gleich auß U-
berſehen oder Verhinderung geſchehen ſolte. Muͤſſen
alſo im Winter die allerwaͤrmeſten einfallende Nach-
mittags Stunden darzu angewendet werden.

Daß die Pferde bey hellem Wetter mehr Luſt zu
dem Exercitz haben/ und freudiger erſcheinen: Her-
gegen bey unluſtigem truͤben/ gleich wie die Men-
ſchen/ Melancoliſch/ verdroſſen und widrig bezeigen/
iſt der Erfahrung gemaͤß/ aber auch ſolcher Unterſchied
bey ihrer Ubung nicht geringen Unterſchied im Fort-
gang erweiſen wird.

So viel aber die Zeit ihres Alters betrifft/ iſt in dem
erſten Theil die Nothdurfft erwehnet/ welcher allein
noch dieſes anzuhaͤngen ſeyn moͤchte/ daß in demſel-
ben und der Wahl/ wann die Pferde zu dem Exer-
citz zu laſſen oder zu nehmen rathſam und unſchaͤd-
lich/ ein ſo mercklicher Unterſchied als unter den Pfer-
den ſelber zu machen noͤhtig ſeye.

Und zwar 1. unter den Nationen am allernoͤhtig-
ſten/ weil ſie nicht alle gleiches Alter erlangen/ was
[Spaltenumbruch] nun zeitlicher abgehen moͤchte/ wird nothwendig de-
ſto eher zu dem Gebrauch kommen muͤſſen/ wo man
deſſen anderſt etwas genieſſen ſoll.

So dañ die Teutſchen/ Frantzoͤſiſchen/ (und ihrer
Art verwandte) Pferde dem gemeinen Lauff nach vor
allen andern das geringſte Alter bey gutem Vermoͤ-
gen erreichen/ ſo werden dieſelben/ und welche von
ihnen zu der Abrichtung tauglich/ ſeyn/ oder genom-
men werden moͤgen/ nothwendig deſto fruͤher darzu
kommen muͤſſen/ dann wo ſie erſt wie andere Pferde
im 6. Jahr oder ſpaͤter auff die Schul kommen/ und
mit 8. oder hoͤchſt 9. Jahren nachdem gemeinen Lauff
ſchon abdancken ſollen/ wird zum nutzlichen Gebrauch
derſelben/ uͤber die Zeit/ ſo ſie in der Abrichtung zu
bringen muͤſſen/ gar wenig verbleiben/ wiewol auch
ein oder 1½. Jahr nicht viel außtragen koͤnnen/ in wel-
chen es fruͤher zu dem Exercitz mit Vernunfft ohne
Verderben zu nehmen ſeyn moͤchte. Welcher geſtalt
aber ſolcher Mangel und geſchwindes Abnehmen der
Pferde/ nicht eygentlich ihrer Landes-Art/ oder ihrer
boͤſen Natur ſelber/ ſondern vielmehr der boͤſen Er-
ziehung und Wartung zuzuſchreiben/ iſt an demſel-
ben Ort erwehnet/ durch welcher Enderung/ dieſes
uͤbel allein zuverbeſſern/ muͤglich waͤr.

Bey Spaniſchen/ Jtaliaͤniſchen/ Engliſchen und
dergleichen Pferden/ welche von gar edeln Geſtuͤdten
herkommen/ etwas beſſer erzogen und gehalten wer-
den/ auch wegen ihrer Capacitaͤt/ eine geringe Zeit in
der Abrichtung zu bringen doͤrffen/ koͤnte es auch wol
um 1. oder 2. Jahr verlaͤngert/ und biß nach dem 6.
Jahr anſtehen bleiben/ damit ſie nicht vor der Zeit
geſchwaͤchet werden doͤrffen.

Die Perſianiſche/ Tuͤrckiſche/ Barbariſche/ Hun-
gariſche und Polniſche und alle andere hitzige Pferde/
wollen in der jugend ja vor dem 7. Jahr nicht ge-
brauchet ſeyn/ welchen Abgang ſie aber ſo dann reich-
lich erſetzen/ wann ſie uͤber 30. Jahr beſtaͤndige gute
Dienſte leiſten/ ſo fern ſie nur mit boͤſer Wartung/
Abrichtung oder Mißbrauch nicht vor der Zeit auß
Unwiſſenheit oder Muthwillen verderbet/ ſondern
nach ihrer Gewonheit recht verſorget werden.

Es iſt aber auſſer dieſer gemeinen Obſervation/ ſo
unter der Landes-Art der Pferde zu machen oder zu
halten noͤhtig/ keinem Pferde (von welcher Nation
es auch ſeyn moͤge/) keine ſo genaue Zeit zu beſtim-
men/ in welcher ſie zu der Abrichtung kommen/ oder
tuͤchtig ſeyn moͤgen.

Weil die rechte Zeit in der beſten Erkantnuß deß
Pferdes guten und boͤſen verhandenen oder hoffen-
den Eigenſchafften mehr als in den Jahren beſtehet/
denn weder wenig noch viel Jahr koͤnnen den groͤſten
Theil derſelben Nothwendigkeiten mindern noch
mehr benehmen oder erſetzen/ denn es ſind die Pferde
nicht allein nach ihrem Gewaͤchs und Alter/ ſondern
auch nach ihren Sinnen/ Vermoͤgen und Willen
zu erkennen und auf die | Prob zu ſetzen/ in welcher die
Pferd/ von allerley Alter/ wol und uͤbel beſtehen koͤn-
nen/ wobey die Unterweiſungs-Art ſehr viel erhalten/
befuͤrdern/ auch verderben und verhindern kan.

Der Ort.

Daß ſich die Pferde/ auf einem ordinari Exercitz-
Platz jederzeit geuͤbet/ in denſelben leichtlich finden/

und
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[263/0287] Pferde-Schatz. groͤſten Ruhm behalten/ welche 1. in den wichtigſten Geſchaͤfften gebrauchet werden. 2. Die ſich zu allerley Gebrauch in Schimpff und Ernſt gebrauchen zu laſſen unterwieſen und gewoͤh- net worden/ ſo wuͤrden ſich dieſe vorgeſetzte Regeln der Geſtalt limitiren laſſen muͤſſen/ daß man die Pferde auch in den heiſſen Tagen/ und in denſelben bey hohem Sonnenſchein uͤben konne/ damit die Pferde im Nothfall daſſelbe gleicher Geſtalt zu ſol- chen Zeiten leiſten moͤgen/ doch kan hierinnen die rechte Maaß und Abwechſelung viel nutzen/ daß man den Sachen nicht zu viel thue/ und die Pferd vergeb- lich beſchwere oder in Gefahr ſetze. Wiewol nun die Morgenſtunden jederzeit die A- bendſtunden in der Bequemlichkeit uͤbertreffen/ ſeyn doch dieſelbe drum nicht gaͤntzlich zu verwerffen/ ſon- dern mit Beſcheidenheit auch nuͤtzlich anzuwenden/ ohne daß die Pferde 1. Morgens fruͤh weniger vom Futter beſchwert und verhindert ſeyn. 2. Jn den fruͤhſtunden aufmerckſamer und geler- niger. Jn welchem Fall aber auch den ſelben die Nacht weit vorzuziehen; Ja in einer mehr/ als in etlichen Tagen zu erlangen iſt/ weil ihre Sinnen zu ſelbiger Zeit nicht allein zu Faſſung der Lectionen am aller be- quemſten/ ſondern auch deſto minder Feuerſcheu bleiben oder werden/ wann man ſie meiſtentheils bey der Nacht/ bald bey dem Liecht/ bald bey dem Mon- ſchein exerciret/ uͤber daß die Pferde bey wenig Zu- ſehern (ſo ſich bey Tag haͤuffiger als bey der Nacht einfinden) mehr auf ihrer Lectiones/ als auf andere Leut acht haben/ als die Fuͤrwitzigen gewohnet ſeyn. Die ſtrengeſte Winter-Kaͤlte/ kan zu der Ubung manchem Pferd faſt ſo viel als die groſſe Sommer- Hitze ſchadlich ſeyn/ wann ſie in derſelben allzuſehr erhitzet wuͤrden/ und daſſelbe um der geſchwinden und offtmahligen Abwechlung willen beyder zuſam- menſchlagenden Extremitaͤten; denn in groſſer Kaͤlte iſt zwar der Schweiß/ wegen der verſchloſſenen Schweißloͤcher ſchwerer und langſamer zu erwecken/ aber auch hergegen nicht ſo leicht auſſer dem Leibe zu erhalten uud weg zubringen/ daß nicht etwas davon wieder einſchlage/ welches in der Hitze nicht ſo bald geſchicht oder ſo ſchaͤdlich waͤre/ wann es gleich auß U- berſehen oder Verhinderung geſchehen ſolte. Muͤſſen alſo im Winter die allerwaͤrmeſten einfallende Nach- mittags Stunden darzu angewendet werden. Daß die Pferde bey hellem Wetter mehr Luſt zu dem Exercitz haben/ und freudiger erſcheinen: Her- gegen bey unluſtigem truͤben/ gleich wie die Men- ſchen/ Melancoliſch/ verdroſſen und widrig bezeigen/ iſt der Erfahrung gemaͤß/ aber auch ſolcher Unterſchied bey ihrer Ubung nicht geringen Unterſchied im Fort- gang erweiſen wird. So viel aber die Zeit ihres Alters betrifft/ iſt in dem erſten Theil die Nothdurfft erwehnet/ welcher allein noch dieſes anzuhaͤngen ſeyn moͤchte/ daß in demſel- ben und der Wahl/ wann die Pferde zu dem Exer- citz zu laſſen oder zu nehmen rathſam und unſchaͤd- lich/ ein ſo mercklicher Unterſchied als unter den Pfer- den ſelber zu machen noͤhtig ſeye. Und zwar 1. unter den Nationen am allernoͤhtig- ſten/ weil ſie nicht alle gleiches Alter erlangen/ was nun zeitlicher abgehen moͤchte/ wird nothwendig de- ſto eher zu dem Gebrauch kommen muͤſſen/ wo man deſſen anderſt etwas genieſſen ſoll. So dañ die Teutſchen/ Frantzoͤſiſchen/ (und ihrer Art verwandte) Pferde dem gemeinen Lauff nach vor allen andern das geringſte Alter bey gutem Vermoͤ- gen erreichen/ ſo werden dieſelben/ und welche von ihnen zu der Abrichtung tauglich/ ſeyn/ oder genom- men werden moͤgen/ nothwendig deſto fruͤher darzu kommen muͤſſen/ dann wo ſie erſt wie andere Pferde im 6. Jahr oder ſpaͤter auff die Schul kommen/ und mit 8. oder hoͤchſt 9. Jahren nachdem gemeinen Lauff ſchon abdancken ſollen/ wird zum nutzlichen Gebrauch derſelben/ uͤber die Zeit/ ſo ſie in der Abrichtung zu bringen muͤſſen/ gar wenig verbleiben/ wiewol auch ein oder 1½. Jahr nicht viel außtragen koͤnnen/ in wel- chen es fruͤher zu dem Exercitz mit Vernunfft ohne Verderben zu nehmen ſeyn moͤchte. Welcher geſtalt aber ſolcher Mangel und geſchwindes Abnehmen der Pferde/ nicht eygentlich ihrer Landes-Art/ oder ihrer boͤſen Natur ſelber/ ſondern vielmehr der boͤſen Er- ziehung und Wartung zuzuſchreiben/ iſt an demſel- ben Ort erwehnet/ durch welcher Enderung/ dieſes uͤbel allein zuverbeſſern/ muͤglich waͤr. Bey Spaniſchen/ Jtaliaͤniſchen/ Engliſchen und dergleichen Pferden/ welche von gar edeln Geſtuͤdten herkommen/ etwas beſſer erzogen und gehalten wer- den/ auch wegen ihrer Capacitaͤt/ eine geringe Zeit in der Abrichtung zu bringen doͤrffen/ koͤnte es auch wol um 1. oder 2. Jahr verlaͤngert/ und biß nach dem 6. Jahr anſtehen bleiben/ damit ſie nicht vor der Zeit geſchwaͤchet werden doͤrffen. Die Perſianiſche/ Tuͤrckiſche/ Barbariſche/ Hun- gariſche und Polniſche und alle andere hitzige Pferde/ wollen in der jugend ja vor dem 7. Jahr nicht ge- brauchet ſeyn/ welchen Abgang ſie aber ſo dann reich- lich erſetzen/ wann ſie uͤber 30. Jahr beſtaͤndige gute Dienſte leiſten/ ſo fern ſie nur mit boͤſer Wartung/ Abrichtung oder Mißbrauch nicht vor der Zeit auß Unwiſſenheit oder Muthwillen verderbet/ ſondern nach ihrer Gewonheit recht verſorget werden. Es iſt aber auſſer dieſer gemeinen Obſervation/ ſo unter der Landes-Art der Pferde zu machen oder zu halten noͤhtig/ keinem Pferde (von welcher Nation es auch ſeyn moͤge/) keine ſo genaue Zeit zu beſtim- men/ in welcher ſie zu der Abrichtung kommen/ oder tuͤchtig ſeyn moͤgen. Weil die rechte Zeit in der beſten Erkantnuß deß Pferdes guten und boͤſen verhandenen oder hoffen- den Eigenſchafften mehr als in den Jahren beſtehet/ denn weder wenig noch viel Jahr koͤnnen den groͤſten Theil derſelben Nothwendigkeiten mindern noch mehr benehmen oder erſetzen/ denn es ſind die Pferde nicht allein nach ihrem Gewaͤchs und Alter/ ſondern auch nach ihren Sinnen/ Vermoͤgen und Willen zu erkennen und auf die | Prob zu ſetzen/ in welcher die Pferd/ von allerley Alter/ wol und uͤbel beſtehen koͤn- nen/ wobey die Unterweiſungs-Art ſehr viel erhalten/ befuͤrdern/ auch verderben und verhindern kan. Der Ort. Daß ſich die Pferde/ auf einem ordinari Exercitz- Platz jederzeit geuͤbet/ in denſelben leichtlich finden/ und

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/287>, abgerufen am 24.11.2024.