Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Der dich allenfalls verrathen würde, ich meine den Naz, ist ohnedem spurlos verschwunden; übrigens fragt ihm außer seinem Vater Niemand nach. Klaus schwieg gedankenvoll. Nidinger fuhr fort: Das mit dem Bären ist ein wahrer Glücksfall. Weißt du was, ich trag' ihn morgen zum Landgericht und laß mir das Kopfgeld auszahlen, welches auf die Erlegung solcher Räuber gesetzt ist. Werd' einfach sagen, mein Sohn hat ihn erschossen, und das ist ja eigentlich wahr. Den Stammbaum brauch' ich den Blauröcken nicht auf die Nase zu binden. Klaus lachte laut auf: Das ist ein köstlicher Spaß, wenn die Feinde, welche für mich einen Preis gestellt, nun mir einen solchen auszahlen müssen. Schad' ist's nur, daß ich mit meinem Wildpret nicht im Triumph zu Achenkirch einziehen kann. Dieses hätt' beim Riederer einen Tanz gegeben, daß man noch nach fünfzig Jahren davon reden thät'. Mein lieber Klaus, sagte Walburg lächelnd, mit den Tanzgedanken hat es noch gute Zeit. Auf unserer Hochzeit muß getanzt werden, rief Klaus, daß die Röcke fliegen, verlaß dich drauf! So scherzten und schäkerten sie noch eine Weile, bis der Hahnenschrei mit unerbittlicher Nothwendigkeit ihn zum Aufbruch zwang. Der dich allenfalls verrathen würde, ich meine den Naz, ist ohnedem spurlos verschwunden; übrigens fragt ihm außer seinem Vater Niemand nach. Klaus schwieg gedankenvoll. Nidinger fuhr fort: Das mit dem Bären ist ein wahrer Glücksfall. Weißt du was, ich trag' ihn morgen zum Landgericht und laß mir das Kopfgeld auszahlen, welches auf die Erlegung solcher Räuber gesetzt ist. Werd' einfach sagen, mein Sohn hat ihn erschossen, und das ist ja eigentlich wahr. Den Stammbaum brauch' ich den Blauröcken nicht auf die Nase zu binden. Klaus lachte laut auf: Das ist ein köstlicher Spaß, wenn die Feinde, welche für mich einen Preis gestellt, nun mir einen solchen auszahlen müssen. Schad' ist's nur, daß ich mit meinem Wildpret nicht im Triumph zu Achenkirch einziehen kann. Dieses hätt' beim Riederer einen Tanz gegeben, daß man noch nach fünfzig Jahren davon reden thät'. Mein lieber Klaus, sagte Walburg lächelnd, mit den Tanzgedanken hat es noch gute Zeit. Auf unserer Hochzeit muß getanzt werden, rief Klaus, daß die Röcke fliegen, verlaß dich drauf! So scherzten und schäkerten sie noch eine Weile, bis der Hahnenschrei mit unerbittlicher Nothwendigkeit ihn zum Aufbruch zwang. <TEI> <text> <body> <div n="6"> <pb facs="#f0082"/> <p>Der dich allenfalls verrathen würde, ich meine den Naz, ist ohnedem spurlos verschwunden; übrigens fragt ihm außer seinem Vater Niemand nach.</p><lb/> <p>Klaus schwieg gedankenvoll.</p><lb/> <p>Nidinger fuhr fort: Das mit dem Bären ist ein wahrer Glücksfall. Weißt du was, ich trag' ihn morgen zum Landgericht und laß mir das Kopfgeld auszahlen, welches auf die Erlegung solcher Räuber gesetzt ist. Werd' einfach sagen, mein Sohn hat ihn erschossen, und das ist ja eigentlich wahr. Den Stammbaum brauch' ich den Blauröcken nicht auf die Nase zu binden.</p><lb/> <p>Klaus lachte laut auf: Das ist ein köstlicher Spaß, wenn die Feinde, welche für mich einen Preis gestellt, nun mir einen solchen auszahlen müssen. Schad' ist's nur, daß ich mit meinem Wildpret nicht im Triumph zu Achenkirch einziehen kann. Dieses hätt' beim Riederer einen Tanz gegeben, daß man noch nach fünfzig Jahren davon reden thät'.</p><lb/> <p>Mein lieber Klaus, sagte Walburg lächelnd, mit den Tanzgedanken hat es noch gute Zeit.</p><lb/> <p>Auf unserer Hochzeit muß getanzt werden, rief Klaus, daß die Röcke fliegen, verlaß dich drauf!</p><lb/> <p>So scherzten und schäkerten sie noch eine Weile, bis der Hahnenschrei mit unerbittlicher Nothwendigkeit ihn zum Aufbruch zwang.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0082]
Der dich allenfalls verrathen würde, ich meine den Naz, ist ohnedem spurlos verschwunden; übrigens fragt ihm außer seinem Vater Niemand nach.
Klaus schwieg gedankenvoll.
Nidinger fuhr fort: Das mit dem Bären ist ein wahrer Glücksfall. Weißt du was, ich trag' ihn morgen zum Landgericht und laß mir das Kopfgeld auszahlen, welches auf die Erlegung solcher Räuber gesetzt ist. Werd' einfach sagen, mein Sohn hat ihn erschossen, und das ist ja eigentlich wahr. Den Stammbaum brauch' ich den Blauröcken nicht auf die Nase zu binden.
Klaus lachte laut auf: Das ist ein köstlicher Spaß, wenn die Feinde, welche für mich einen Preis gestellt, nun mir einen solchen auszahlen müssen. Schad' ist's nur, daß ich mit meinem Wildpret nicht im Triumph zu Achenkirch einziehen kann. Dieses hätt' beim Riederer einen Tanz gegeben, daß man noch nach fünfzig Jahren davon reden thät'.
Mein lieber Klaus, sagte Walburg lächelnd, mit den Tanzgedanken hat es noch gute Zeit.
Auf unserer Hochzeit muß getanzt werden, rief Klaus, daß die Röcke fliegen, verlaß dich drauf!
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Zitationshilfe: | Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/82>, abgerufen am 16.02.2025. |