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Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Gebirge und seine Schluchten. Nachdem Klaus seine Morgenandacht verrichtet, griff er zur Schaufel, säuberte den Gang vom Schnee, der ihn wieder halb ausfüllte, und holte dann zwei Bretter. Er legte das erste am Mundloch seines Stollens wie eine Brücke über den Schnee in der Richtung des nahen Vorsprungs, von dem er einen Ausblick auf das Thal hatte. Nachdem er jenes Brett abgeschritten, legte er das zweite auf den Schnee und hob das erste auf; so wechselnd gelangte er, ohne einzusinken, an sein Ziel. Von den Grasbüscheln, an denen er sich sonst emporgearbeitet, klopfte er die Schneepolster; bald stand er auf der Kante, wo er sich aber erst ein Plätzchen ausschaufeln mußte. Ein frischer Wind wehte ihm von Osten entgegen, über den Kaiserberg wurde bereits ein blauer Streif sichtbar, der Nebel zerflatterte wie Wollflocken, die ein Knabe spielend zerbläs't. Bald war Alles klar und rein.

Die Gegend bot ein wundervolles, prächtiges Schauspiel. Alle Schärfen und Kanten waren unter dem weichen Flaum, der sich gleichmäßig darüber breitete, verschwunden, nur eine Farbe schien zu herrschen: ein glänzendes Weiß, noch glänzender durch den Gegensatz zum blauen Schatten der Schluchten. Wie Armleuchter von Silber ragten die Tannen empor, dazwischen, gleich riesigen Meereskorallen, Buchen, und Birken. Alles hatte sich verwandelt: eine todte Pracht, geeignet, Bewunderung zu erwecken, aber keine Freude.

Gebirge und seine Schluchten. Nachdem Klaus seine Morgenandacht verrichtet, griff er zur Schaufel, säuberte den Gang vom Schnee, der ihn wieder halb ausfüllte, und holte dann zwei Bretter. Er legte das erste am Mundloch seines Stollens wie eine Brücke über den Schnee in der Richtung des nahen Vorsprungs, von dem er einen Ausblick auf das Thal hatte. Nachdem er jenes Brett abgeschritten, legte er das zweite auf den Schnee und hob das erste auf; so wechselnd gelangte er, ohne einzusinken, an sein Ziel. Von den Grasbüscheln, an denen er sich sonst emporgearbeitet, klopfte er die Schneepolster; bald stand er auf der Kante, wo er sich aber erst ein Plätzchen ausschaufeln mußte. Ein frischer Wind wehte ihm von Osten entgegen, über den Kaiserberg wurde bereits ein blauer Streif sichtbar, der Nebel zerflatterte wie Wollflocken, die ein Knabe spielend zerbläs't. Bald war Alles klar und rein.

Die Gegend bot ein wundervolles, prächtiges Schauspiel. Alle Schärfen und Kanten waren unter dem weichen Flaum, der sich gleichmäßig darüber breitete, verschwunden, nur eine Farbe schien zu herrschen: ein glänzendes Weiß, noch glänzender durch den Gegensatz zum blauen Schatten der Schluchten. Wie Armleuchter von Silber ragten die Tannen empor, dazwischen, gleich riesigen Meereskorallen, Buchen, und Birken. Alles hatte sich verwandelt: eine todte Pracht, geeignet, Bewunderung zu erwecken, aber keine Freude.

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[0077] Gebirge und seine Schluchten. Nachdem Klaus seine Morgenandacht verrichtet, griff er zur Schaufel, säuberte den Gang vom Schnee, der ihn wieder halb ausfüllte, und holte dann zwei Bretter. Er legte das erste am Mundloch seines Stollens wie eine Brücke über den Schnee in der Richtung des nahen Vorsprungs, von dem er einen Ausblick auf das Thal hatte. Nachdem er jenes Brett abgeschritten, legte er das zweite auf den Schnee und hob das erste auf; so wechselnd gelangte er, ohne einzusinken, an sein Ziel. Von den Grasbüscheln, an denen er sich sonst emporgearbeitet, klopfte er die Schneepolster; bald stand er auf der Kante, wo er sich aber erst ein Plätzchen ausschaufeln mußte. Ein frischer Wind wehte ihm von Osten entgegen, über den Kaiserberg wurde bereits ein blauer Streif sichtbar, der Nebel zerflatterte wie Wollflocken, die ein Knabe spielend zerbläs't. Bald war Alles klar und rein. Die Gegend bot ein wundervolles, prächtiges Schauspiel. Alle Schärfen und Kanten waren unter dem weichen Flaum, der sich gleichmäßig darüber breitete, verschwunden, nur eine Farbe schien zu herrschen: ein glänzendes Weiß, noch glänzender durch den Gegensatz zum blauen Schatten der Schluchten. Wie Armleuchter von Silber ragten die Tannen empor, dazwischen, gleich riesigen Meereskorallen, Buchen, und Birken. Alles hatte sich verwandelt: eine todte Pracht, geeignet, Bewunderung zu erwecken, aber keine Freude.

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Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/77>, abgerufen am 22.11.2024.