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Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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und grüne Hosen. Aschbacher trug das Lodengewand eines Bauern. So wie Klaus am Unutz, hatte er sich hier versteckt und wartete die günstige Jahreszeit ab, um der Acht zu entrinnen. Betrachten wir die Männer, welche sich am Feuer die Hände wärmen: es sind ehrwürdige Greise. Einer zog zwei kleine Wachskerzen hervor und schmolz sie angezündet auf den Tisch fest, rechts und links von dem Kreuze, welches ein Anderer von der Wand genommen und hingestellt hatte. Dann trat der Aelteste vor Anton, neigte sich und sprach:

Wir wollen ein Gericht, Du weiger' es uns nicht!

Er antwortete feierlich:

Daß es werde Gott zu Ehren, Rufet jetzt zu Gott dem Herren!

Sie machten das Kreuz und beteten leise, dann sprach Anton:

Wer ist's, der hier als Kläger spricht Vor Gottes allwissendem Angesicht?

Der Aelteste erwiderte:

Ich thue es hier in Gottes Namen, Ich ford're Recht, sprecht alle Amen!

Amen! tönte es aus dem Kreise. Anton trat als Obmann zu Häupten des Krucifixes. Nun begann der Aelteste: Ihr Alle habt heute den Naz gesehen; frei und offen geht er daher und trägt den Preis seines Frevels an der Brust. Er hat das Land an Napoleon verrathen, und wenn es leicht sein kann,

und grüne Hosen. Aschbacher trug das Lodengewand eines Bauern. So wie Klaus am Unutz, hatte er sich hier versteckt und wartete die günstige Jahreszeit ab, um der Acht zu entrinnen. Betrachten wir die Männer, welche sich am Feuer die Hände wärmen: es sind ehrwürdige Greise. Einer zog zwei kleine Wachskerzen hervor und schmolz sie angezündet auf den Tisch fest, rechts und links von dem Kreuze, welches ein Anderer von der Wand genommen und hingestellt hatte. Dann trat der Aelteste vor Anton, neigte sich und sprach:

Wir wollen ein Gericht, Du weiger' es uns nicht!

Er antwortete feierlich:

Daß es werde Gott zu Ehren, Rufet jetzt zu Gott dem Herren!

Sie machten das Kreuz und beteten leise, dann sprach Anton:

Wer ist's, der hier als Kläger spricht Vor Gottes allwissendem Angesicht?

Der Aelteste erwiderte:

Ich thue es hier in Gottes Namen, Ich ford're Recht, sprecht alle Amen!

Amen! tönte es aus dem Kreise. Anton trat als Obmann zu Häupten des Krucifixes. Nun begann der Aelteste: Ihr Alle habt heute den Naz gesehen; frei und offen geht er daher und trägt den Preis seines Frevels an der Brust. Er hat das Land an Napoleon verrathen, und wenn es leicht sein kann,

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[0063] und grüne Hosen. Aschbacher trug das Lodengewand eines Bauern. So wie Klaus am Unutz, hatte er sich hier versteckt und wartete die günstige Jahreszeit ab, um der Acht zu entrinnen. Betrachten wir die Männer, welche sich am Feuer die Hände wärmen: es sind ehrwürdige Greise. Einer zog zwei kleine Wachskerzen hervor und schmolz sie angezündet auf den Tisch fest, rechts und links von dem Kreuze, welches ein Anderer von der Wand genommen und hingestellt hatte. Dann trat der Aelteste vor Anton, neigte sich und sprach: Wir wollen ein Gericht, Du weiger' es uns nicht! Er antwortete feierlich: Daß es werde Gott zu Ehren, Rufet jetzt zu Gott dem Herren! Sie machten das Kreuz und beteten leise, dann sprach Anton: Wer ist's, der hier als Kläger spricht Vor Gottes allwissendem Angesicht? Der Aelteste erwiderte: Ich thue es hier in Gottes Namen, Ich ford're Recht, sprecht alle Amen! Amen! tönte es aus dem Kreise. Anton trat als Obmann zu Häupten des Krucifixes. Nun begann der Aelteste: Ihr Alle habt heute den Naz gesehen; frei und offen geht er daher und trägt den Preis seines Frevels an der Brust. Er hat das Land an Napoleon verrathen, und wenn es leicht sein kann,

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T13:06:45Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/63>, abgerufen am 22.11.2024.