Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.weiß, was im Achenthal seit fünfzig Jahren fliegt und stiebt, die redet Euch wie ein Buch; erkundigt Euch nur nach dem Klaus. Nun, so theilt wenigstens mit, was Euch bekannt ist. Der Klaus ist ein Deserteur gewesen und hat im Jahre 1809 unter dem alten Aschbacher mitgerobelt. Gehabt hat er anfangs nichts, dann aber das Gütchen dort gekauft und geheirathet. Da soll sich Allerlei zugetragen haben, was man gewiß beschreiben thät, wenn der Klaus ein General oder gar ein König wär'. Uebrigens darf man ihm nichts Uebles nachreden, er ist ein braver christlicher Mensch. -- Er schlug Feuer und legte den glimmenden Schwamm auf seinen Nasenwärmer. Jetzt behüt' Euch Gott, ich muß heim, fragt nur die Lena. Er warf den Bündel über den Rücken und ging fort. Eine Geschichte, würdig in einem Buche beschrieben zu werden, und noch dazu wahr! Wer möchte darüber nicht Petrefacten und Schwämme vergessen, um sich überraschen zu lassen und dann auch die Leser zu überraschen? Ich trabte daher rüstig vorwärts. Als ich die Poststraße am Saume des Waldes erreicht hatte, spähte ich nach allen Richtungen, ob der alte Klaus, der mir plötzlich zu einer wichtigen Person geworden, nicht sichtbar würde. Dort, wo der Weg vom Pulverer abzweigt, traf ich ihn endlich und betrachtete ihn als künftigen Helden meiner Erzählung weiß, was im Achenthal seit fünfzig Jahren fliegt und stiebt, die redet Euch wie ein Buch; erkundigt Euch nur nach dem Klaus. Nun, so theilt wenigstens mit, was Euch bekannt ist. Der Klaus ist ein Deserteur gewesen und hat im Jahre 1809 unter dem alten Aschbacher mitgerobelt. Gehabt hat er anfangs nichts, dann aber das Gütchen dort gekauft und geheirathet. Da soll sich Allerlei zugetragen haben, was man gewiß beschreiben thät, wenn der Klaus ein General oder gar ein König wär'. Uebrigens darf man ihm nichts Uebles nachreden, er ist ein braver christlicher Mensch. — Er schlug Feuer und legte den glimmenden Schwamm auf seinen Nasenwärmer. Jetzt behüt' Euch Gott, ich muß heim, fragt nur die Lena. Er warf den Bündel über den Rücken und ging fort. Eine Geschichte, würdig in einem Buche beschrieben zu werden, und noch dazu wahr! Wer möchte darüber nicht Petrefacten und Schwämme vergessen, um sich überraschen zu lassen und dann auch die Leser zu überraschen? Ich trabte daher rüstig vorwärts. Als ich die Poststraße am Saume des Waldes erreicht hatte, spähte ich nach allen Richtungen, ob der alte Klaus, der mir plötzlich zu einer wichtigen Person geworden, nicht sichtbar würde. Dort, wo der Weg vom Pulverer abzweigt, traf ich ihn endlich und betrachtete ihn als künftigen Helden meiner Erzählung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014"/> weiß, was im Achenthal seit fünfzig Jahren fliegt und stiebt, die redet Euch wie ein Buch; erkundigt Euch nur nach dem Klaus.</p><lb/> <p>Nun, so theilt wenigstens mit, was Euch bekannt ist.</p><lb/> <p>Der Klaus ist ein Deserteur gewesen und hat im Jahre 1809 unter dem alten Aschbacher mitgerobelt. Gehabt hat er anfangs nichts, dann aber das Gütchen dort gekauft und geheirathet. Da soll sich Allerlei zugetragen haben, was man gewiß beschreiben thät, wenn der Klaus ein General oder gar ein König wär'. Uebrigens darf man ihm nichts Uebles nachreden, er ist ein braver christlicher Mensch. — Er schlug Feuer und legte den glimmenden Schwamm auf seinen Nasenwärmer. Jetzt behüt' Euch Gott, ich muß heim, fragt nur die Lena. Er warf den Bündel über den Rücken und ging fort.</p><lb/> <p>Eine Geschichte, würdig in einem Buche beschrieben zu werden, und noch dazu wahr! Wer möchte darüber nicht Petrefacten und Schwämme vergessen, um sich überraschen zu lassen und dann auch die Leser zu überraschen? Ich trabte daher rüstig vorwärts. Als ich die Poststraße am Saume des Waldes erreicht hatte, spähte ich nach allen Richtungen, ob der alte Klaus, der mir plötzlich zu einer wichtigen Person geworden, nicht sichtbar würde. Dort, wo der Weg vom Pulverer abzweigt, traf ich ihn endlich und betrachtete ihn als künftigen Helden meiner Erzählung<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0014]
weiß, was im Achenthal seit fünfzig Jahren fliegt und stiebt, die redet Euch wie ein Buch; erkundigt Euch nur nach dem Klaus.
Nun, so theilt wenigstens mit, was Euch bekannt ist.
Der Klaus ist ein Deserteur gewesen und hat im Jahre 1809 unter dem alten Aschbacher mitgerobelt. Gehabt hat er anfangs nichts, dann aber das Gütchen dort gekauft und geheirathet. Da soll sich Allerlei zugetragen haben, was man gewiß beschreiben thät, wenn der Klaus ein General oder gar ein König wär'. Uebrigens darf man ihm nichts Uebles nachreden, er ist ein braver christlicher Mensch. — Er schlug Feuer und legte den glimmenden Schwamm auf seinen Nasenwärmer. Jetzt behüt' Euch Gott, ich muß heim, fragt nur die Lena. Er warf den Bündel über den Rücken und ging fort.
Eine Geschichte, würdig in einem Buche beschrieben zu werden, und noch dazu wahr! Wer möchte darüber nicht Petrefacten und Schwämme vergessen, um sich überraschen zu lassen und dann auch die Leser zu überraschen? Ich trabte daher rüstig vorwärts. Als ich die Poststraße am Saume des Waldes erreicht hatte, spähte ich nach allen Richtungen, ob der alte Klaus, der mir plötzlich zu einer wichtigen Person geworden, nicht sichtbar würde. Dort, wo der Weg vom Pulverer abzweigt, traf ich ihn endlich und betrachtete ihn als künftigen Helden meiner Erzählung
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Zitationshilfe: | Pichler, Adolf: Der Flüchtling. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 13. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 233–318. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pichler_fluechtling_1910/14>, abgerufen am 16.02.2025. |