Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.bey der Froschmäusler-Gesellschaft. glichen wird. Wollen solche nicht zureichen,muß der Name: Augustus, Titus, Trajanus, Carl der Große, oder ein großer Heiliger, oder eine große Schöne, herhalten, und sich wider Willen dahin zerren lassen, wohin der Poete will. Auch verschlägt es nichts, wenn gleich verfängliche Gedanken einem dabey ein- kommen können. Der Poet setzet voraus, daß man darauf nicht falle. So redete jener eine große Dichterinn also an: Du Sappho unsrer Zeit! ohne zu bedenken, daß die Sappho sich in der tribadischen Lust-Seuche so hervorge- than, daß auch solches in alten griechischen Mün- zen noch deutlich abgeschildert zu finden. Will der Bogen nicht voll werden: So hat der krie- chende Poete schon andere Beyhülfen, die Stro- phen-Lücken vollends auszufüllen. 27. Maxime. Jn Geburts-Tags-Gedichten, wenn etwa Patrons,
bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft. glichen wird. Wollen ſolche nicht zureichen,muß der Name: Auguſtus, Titus, Trajanus, Carl der Große, oder ein großer Heiliger, oder eine große Schoͤne, herhalten, und ſich wider Willen dahin zerren laſſen, wohin der Poete will. Auch verſchlaͤgt es nichts, wenn gleich verfaͤngliche Gedanken einem dabey ein- kommen koͤnnen. Der Poet ſetzet voraus, daß man darauf nicht falle. So redete jener eine große Dichterinn alſo an: Du Sappho unſrer Zeit! ohne zu bedenken, daß die Sappho ſich in der tribadiſchen Luſt-Seuche ſo hervorge- than, daß auch ſolches in alten griechiſchen Muͤn- zen noch deutlich abgeſchildert zu finden. Will der Bogen nicht voll werden: So hat der krie- chende Poete ſchon andere Beyhuͤlfen, die Stro- phen-Luͤcken vollends auszufuͤllen. 27. Maxime. Jn Geburts-Tags-Gedichten, wenn etwa Patrons,
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bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft.
glichen wird. Wollen ſolche nicht zureichen,
muß der Name: Auguſtus, Titus, Trajanus,
Carl der Große, oder ein großer Heiliger,
oder eine große Schoͤne, herhalten, und ſich
wider Willen dahin zerren laſſen, wohin der
Poete will. Auch verſchlaͤgt es nichts, wenn
gleich verfaͤngliche Gedanken einem dabey ein-
kommen koͤnnen. Der Poet ſetzet voraus, daß
man darauf nicht falle. So redete jener eine
große Dichterinn alſo an: Du Sappho unſrer
Zeit! ohne zu bedenken, daß die Sappho ſich
in der tribadiſchen Luſt-Seuche ſo hervorge-
than, daß auch ſolches in alten griechiſchen Muͤn-
zen noch deutlich abgeſchildert zu finden. Will
der Bogen nicht voll werden: So hat der krie-
chende Poete ſchon andere Beyhuͤlfen, die Stro-
phen-Luͤcken vollends auszufuͤllen.
27. Maxime.
Jn Geburts-Tags-Gedichten, wenn etwa
auf vornehmer Herren Kinder gluͤckliche Geburt
eine Poeſie geſchmiedet wird, weiß ein Froſch-
maͤusler-Poet aus denen Windeln zu weiſſagen,
was fuͤr ein großer Held, Koͤnig, Prinz, Staats-
Miniſter, großer Kirchen-Lehrer ꝛc. dereinſt aus
ihm werden werde; das arme Kind aber, das
wenig Tage darauf verſtirbt, jagt dem Poeten
keine Schaamroͤthe ab: denn es war nur ein
Gedichte, und keine Prophezeyung. Keinem
Poeten kann angemuthet werden, fuͤr die Er-
fuͤllung ſeiner poetiſchen Weiſſagungen zu ſte-
hen. Betrifft es aber den Geburts-Tag eines
Patrons,
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