Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.bey der Froschmäusler-Gesellschaft. ziefer hinweggekrochen. So darf denn auch einkriechender Poete, wenn er Religions-Ge- dichte schreibet, selbst über das allerhöchste We- sen, über die natürliche und geoffenbarte Reli- gion, auch sonderlich über die heilige Schrift, hinwegkriechen. Er läßt, nach dem Rechte der Schmeiß-Fliegen, seinen ausgelassenen Unrath überall kleben. Er treibt mit den Sprüchen der heiligen Schrift sein Gespötte. Er spricht von denen darinn vorkommenden Begebenheiten so kurzweilig, daß man darüber lachen muß. Er macht es eben so in Versen, als z. E. die an- sehnlichen kleinen Geister es in der Satyre Briontes gemacht, da sie unter andern sagen: Paulus habe seine weite Reise bis in den drit- ten Himmel sparen können; er sey so klug wieder zurück gekommen, als er hingereiset. Allen sogenannten heiligen Wahrheiten weiß er ein lächerlich Kleidgen umzuhängen; gerade als ob der, dem man mit Gewalt ein Narren- Kleid anleget, auch nothwendig ein Narr in der Haut wirklich seyn müsse! 22. Maxime. Die Affen sind gewiß poßirliche Geschöpfe, oder E 5
bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft. ziefer hinweggekrochen. So darf denn auch einkriechender Poete, wenn er Religions-Ge- dichte ſchreibet, ſelbſt uͤber das allerhoͤchſte We- ſen, uͤber die natuͤrliche und geoffenbarte Reli- gion, auch ſonderlich uͤber die heilige Schrift, hinwegkriechen. Er laͤßt, nach dem Rechte der Schmeiß-Fliegen, ſeinen ausgelaſſenen Unrath uͤberall kleben. Er treibt mit den Spruͤchen der heiligen Schrift ſein Geſpoͤtte. Er ſpricht von denen darinn vorkommenden Begebenheiten ſo kurzweilig, daß man daruͤber lachen muß. Er macht es eben ſo in Verſen, als z. E. die an- ſehnlichen kleinen Geiſter es in der Satyre Briontes gemacht, da ſie unter andern ſagen: Paulus habe ſeine weite Reiſe bis in den drit- ten Himmel ſparen koͤnnen; er ſey ſo klug wieder zuruͤck gekommen, als er hingereiſet. Allen ſogenannten heiligen Wahrheiten weiß er ein laͤcherlich Kleidgen umzuhaͤngen; gerade als ob der, dem man mit Gewalt ein Narren- Kleid anleget, auch nothwendig ein Narr in der Haut wirklich ſeyn muͤſſe! 22. Maxime. Die Affen ſind gewiß poßirliche Geſchoͤpfe, oder E 5
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bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft.
ziefer hinweggekrochen. So darf denn auch ein
kriechender Poete, wenn er Religions-Ge-
dichte ſchreibet, ſelbſt uͤber das allerhoͤchſte We-
ſen, uͤber die natuͤrliche und geoffenbarte Reli-
gion, auch ſonderlich uͤber die heilige Schrift,
hinwegkriechen. Er laͤßt, nach dem Rechte der
Schmeiß-Fliegen, ſeinen ausgelaſſenen Unrath
uͤberall kleben. Er treibt mit den Spruͤchen der
heiligen Schrift ſein Geſpoͤtte. Er ſpricht von
denen darinn vorkommenden Begebenheiten ſo
kurzweilig, daß man daruͤber lachen muß. Er
macht es eben ſo in Verſen, als z. E. die an-
ſehnlichen kleinen Geiſter es in der Satyre
Briontes gemacht, da ſie unter andern ſagen:
Paulus habe ſeine weite Reiſe bis in den drit-
ten Himmel ſparen koͤnnen; er ſey ſo klug
wieder zuruͤck gekommen, als er hingereiſet.
Allen ſogenannten heiligen Wahrheiten weiß er
ein laͤcherlich Kleidgen umzuhaͤngen; gerade
als ob der, dem man mit Gewalt ein Narren-
Kleid anleget, auch nothwendig ein Narr in
der Haut wirklich ſeyn muͤſſe!
22. Maxime.
Die Affen ſind gewiß poßirliche Geſchoͤpfe,
die denen Menſchen manche Kurzweil machen,
daß man ſich oft daruͤber ſcheckigt lachen moͤgte.
Die kriechende Poeten wiſſen ſich auch oͤfters
in die poßirlichſten Affen zu verwandeln. Sie
affen andern Poeten nach, und wollen bald die-
ſem bald jenem poetiſchen Helden nachahmen,
oder
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