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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Vergleichung der Schmiede
fen Witz, sondern lieber, ob sie einem eins ans
Bein, oder auf die Brust, versetzen können.
Z. E. die ekele Flavia wollte ihrem sich angeben-
den Amanten Hirsuto nicht flugs die höchste
Gunst erzeigen: So machte einer unserer poeti-
schen Klein-Schmiede sogleich das Epigramma
aus einer tückischen Leichtfertigkeit auf sie:

Es hätte Flavia die Beingen ausgestrecket,
Wenn nicht ein anderer sie kurz vorher
belecket.

Die poetischen Grob-Schmiede unserer Gesell-
schaft haben lange Zeit einen Proceß unter sich
gehabt, ob dergleichen Reime, bloß der Kürze
wegen, für die Klein-Schmiede, und nicht auch,
wegen des derben Jnhalts, für die Grob-
Schmiede gehörten. Endlich hat die ehrbare
Gesellschaft es also entschieden: Sie sollten sich
gerade drein theilen. Die eine Hälfte des Epi-
grammatis
solle denen Grob-Schmieden, die
andere denen Klein-Schmieden zustehen. Da-
her, bey obstehendem Epigrammate, unsere poe-
tischen Grob-Schmiede den ersten Vers zu ihrer
Zunft gezogen; den andern aber, weil das Be-
lecken
auch von Küssen und Herzen genommen
wird, denen Klein-Schmieden zustehen, ihn in
ihrer Lade verwahrlich aufzuheben.

§ 22. Ein Gold-Schmied suchet vornem-
lich von Gold und Silber die Schlacken abzu-
sondern, und wenn etwa rein Silber in das
Gretz fällt, weiß ers schon wieder heraus zu
schmelzen. Unsere poetischen Gold-Schmiede

brau-

Vergleichung der Schmiede
fen Witz, ſondern lieber, ob ſie einem eins ans
Bein, oder auf die Bruſt, verſetzen koͤnnen.
Z. E. die ekele Flavia wollte ihrem ſich angeben-
den Amanten Hirſuto nicht flugs die hoͤchſte
Gunſt erzeigen: So machte einer unſerer poeti-
ſchen Klein-Schmiede ſogleich das Epigramma
aus einer tuͤckiſchen Leichtfertigkeit auf ſie:

Es haͤtte Flavia die Beingen ausgeſtrecket,
Wenn nicht ein anderer ſie kurz vorher
belecket.

Die poetiſchen Grob-Schmiede unſerer Geſell-
ſchaft haben lange Zeit einen Proceß unter ſich
gehabt, ob dergleichen Reime, bloß der Kuͤrze
wegen, fuͤr die Klein-Schmiede, und nicht auch,
wegen des derben Jnhalts, fuͤr die Grob-
Schmiede gehoͤrten. Endlich hat die ehrbare
Geſellſchaft es alſo entſchieden: Sie ſollten ſich
gerade drein theilen. Die eine Haͤlfte des Epi-
grammatis
ſolle denen Grob-Schmieden, die
andere denen Klein-Schmieden zuſtehen. Da-
her, bey obſtehendem Epigrammate, unſere poe-
tiſchen Grob-Schmiede den erſten Vers zu ihrer
Zunft gezogen; den andern aber, weil das Be-
lecken
auch von Kuͤſſen und Herzen genommen
wird, denen Klein-Schmieden zuſtehen, ihn in
ihrer Lade verwahrlich aufzuheben.

§ 22. Ein Gold-Schmied ſuchet vornem-
lich von Gold und Silber die Schlacken abzu-
ſondern, und wenn etwa rein Silber in das
Gretz faͤllt, weiß ers ſchon wieder heraus zu
ſchmelzen. Unſere poetiſchen Gold-Schmiede

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[60/0068] Vergleichung der Schmiede fen Witz, ſondern lieber, ob ſie einem eins ans Bein, oder auf die Bruſt, verſetzen koͤnnen. Z. E. die ekele Flavia wollte ihrem ſich angeben- den Amanten Hirſuto nicht flugs die hoͤchſte Gunſt erzeigen: So machte einer unſerer poeti- ſchen Klein-Schmiede ſogleich das Epigramma aus einer tuͤckiſchen Leichtfertigkeit auf ſie: Es haͤtte Flavia die Beingen ausgeſtrecket, Wenn nicht ein anderer ſie kurz vorher belecket. Die poetiſchen Grob-Schmiede unſerer Geſell- ſchaft haben lange Zeit einen Proceß unter ſich gehabt, ob dergleichen Reime, bloß der Kuͤrze wegen, fuͤr die Klein-Schmiede, und nicht auch, wegen des derben Jnhalts, fuͤr die Grob- Schmiede gehoͤrten. Endlich hat die ehrbare Geſellſchaft es alſo entſchieden: Sie ſollten ſich gerade drein theilen. Die eine Haͤlfte des Epi- grammatis ſolle denen Grob-Schmieden, die andere denen Klein-Schmieden zuſtehen. Da- her, bey obſtehendem Epigrammate, unſere poe- tiſchen Grob-Schmiede den erſten Vers zu ihrer Zunft gezogen; den andern aber, weil das Be- lecken auch von Kuͤſſen und Herzen genommen wird, denen Klein-Schmieden zuſtehen, ihn in ihrer Lade verwahrlich aufzuheben. § 22. Ein Gold-Schmied ſuchet vornem- lich von Gold und Silber die Schlacken abzu- ſondern, und wenn etwa rein Silber in das Gretz faͤllt, weiß ers ſchon wieder heraus zu ſchmelzen. Unſere poetiſchen Gold-Schmiede brau-

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/68>, abgerufen am 22.11.2024.