Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.Vergleichung kriechender Thiere bern geboren worden, nennet die PharisäerSchlangen- und Otter-Gezüchte, so ohnstrei- tig den schlechten Credit anzeiget, darinn sie bey ihm gestanden. Diesemnach scheinet es einem unserer Mitglieder Haß und Verfolgung zu erwecken, daß ihm das Bildniß einer Schlange zum Wahrzeichen seines nun führenden Senio- rats bey dieser edlen Froschmäusler-Gesellschaft zuerkannt worden. Wir heissen ihn den Schlan- gen-Kopf, den kleinen bösen Drachen, das lose Otter-Gezüchte, und was wir ihm nach unse- rer Froschmäusler-Sprache für kurzweilige Beynamen geben. Aber wir verstehen uns ein- ander schon; und ich hoffe klärlich darzuthun, daß die kriechende Poesie, wenn sie gleich mit der Schlangen-Brut verglichen wird, in sich gar nichts schädliches noch böses sey. § 6. Jst nicht die Schlange, nach dem Zeug- Kopf-
Vergleichung kriechender Thiere bern geboren worden, nennet die PhariſaͤerSchlangen- und Otter-Gezuͤchte, ſo ohnſtrei- tig den ſchlechten Credit anzeiget, darinn ſie bey ihm geſtanden. Dieſemnach ſcheinet es einem unſerer Mitglieder Haß und Verfolgung zu erwecken, daß ihm das Bildniß einer Schlange zum Wahrzeichen ſeines nun fuͤhrenden Senio- rats bey dieſer edlen Froſchmaͤusler-Geſellſchaft zuerkannt worden. Wir heiſſen ihn den Schlan- gen-Kopf, den kleinen boͤſen Drachen, das loſe Otter-Gezuͤchte, und was wir ihm nach unſe- rer Froſchmaͤusler-Sprache fuͤr kurzweilige Beynamen geben. Aber wir verſtehen uns ein- ander ſchon; und ich hoffe klaͤrlich darzuthun, daß die kriechende Poeſie, wenn ſie gleich mit der Schlangen-Brut verglichen wird, in ſich gar nichts ſchaͤdliches noch boͤſes ſey. § 6. Jſt nicht die Schlange, nach dem Zeug- Kopf-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0052" n="44"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vergleichung kriechender Thiere</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">bern</hi> geboren worden, nennet die Phariſaͤer<lb/><hi rendition="#fr">Schlangen-</hi> und <hi rendition="#fr">Otter-Gezuͤchte,</hi> ſo ohnſtrei-<lb/> tig den ſchlechten Credit anzeiget, darinn ſie bey<lb/> ihm geſtanden. Dieſemnach ſcheinet es <hi rendition="#fr">einem<lb/> unſerer Mitglieder</hi> Haß und Verfolgung zu<lb/> erwecken, daß ihm das Bildniß einer <hi rendition="#fr">Schlange</hi><lb/> zum Wahrzeichen ſeines nun fuͤhrenden <hi rendition="#fr">Senio-<lb/> rats</hi> bey dieſer edlen Froſchmaͤusler-Geſellſchaft<lb/> zuerkannt worden. Wir heiſſen ihn den <hi rendition="#fr">Schlan-<lb/> gen-Kopf,</hi> den kleinen boͤſen <hi rendition="#fr">Drachen,</hi> das loſe<lb/><hi rendition="#fr">Otter-Gezuͤchte,</hi> und was wir ihm nach unſe-<lb/> rer <hi rendition="#fr">Froſchmaͤusler-Sprache</hi> fuͤr kurzweilige<lb/> Beynamen geben. Aber wir verſtehen uns ein-<lb/> ander ſchon; und ich hoffe klaͤrlich darzuthun,<lb/> daß die <hi rendition="#fr">kriechende</hi> Poeſie, wenn ſie gleich mit<lb/> der <hi rendition="#fr">Schlangen-Brut</hi> verglichen wird, in ſich<lb/> gar nichts ſchaͤdliches noch boͤſes ſey.</p><lb/> <p>§ 6. Jſt nicht die <hi rendition="#fr">Schlange,</hi> nach dem Zeug-<lb/> niſſe des alleraͤlteſten und allerehrwuͤrdigſten Bu-<lb/> ches, <hi rendition="#fr">liſtiger,</hi> als alle Thiere auf dem Felde?<lb/> Folglich muß ſie auch, ihrem Range und ihrer<lb/> Liſt nach, allen <hi rendition="#fr">kriechenden Thieren</hi> vorgehen,<lb/> mithin, wenn die <hi rendition="#fr">kriechende</hi> Poeſie einer <hi rendition="#fr">Schlan-<lb/> ge</hi> verglichen wird, iſt ſolches kein <hi rendition="#fr">Schimpf-<lb/> Wort,</hi> ſondern zeiget diejenige Art der Dicht-<lb/> kunſt an, da man dem andern durch <hi rendition="#fr">ſtechende<lb/> Verſe</hi> ſolche Wunden verſetzet, daß er daruͤber<lb/> ſeinen <hi rendition="#fr">ohnmaͤchtigen</hi> Geiſt aufgeben moͤgte.<lb/> Wie hat ſich nicht ein gewiſſes nunmehriges Mit-<lb/> glied dieſer edlen Geſellſchaft ehedem <hi rendition="#fr">gewunden!</hi><lb/> wie hat er nicht uͤber <hi rendition="#fr">Ohnmachten,</hi> heftige<lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Kopf-</hi></fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [44/0052]
Vergleichung kriechender Thiere
bern geboren worden, nennet die Phariſaͤer
Schlangen- und Otter-Gezuͤchte, ſo ohnſtrei-
tig den ſchlechten Credit anzeiget, darinn ſie bey
ihm geſtanden. Dieſemnach ſcheinet es einem
unſerer Mitglieder Haß und Verfolgung zu
erwecken, daß ihm das Bildniß einer Schlange
zum Wahrzeichen ſeines nun fuͤhrenden Senio-
rats bey dieſer edlen Froſchmaͤusler-Geſellſchaft
zuerkannt worden. Wir heiſſen ihn den Schlan-
gen-Kopf, den kleinen boͤſen Drachen, das loſe
Otter-Gezuͤchte, und was wir ihm nach unſe-
rer Froſchmaͤusler-Sprache fuͤr kurzweilige
Beynamen geben. Aber wir verſtehen uns ein-
ander ſchon; und ich hoffe klaͤrlich darzuthun,
daß die kriechende Poeſie, wenn ſie gleich mit
der Schlangen-Brut verglichen wird, in ſich
gar nichts ſchaͤdliches noch boͤſes ſey.
§ 6. Jſt nicht die Schlange, nach dem Zeug-
niſſe des alleraͤlteſten und allerehrwuͤrdigſten Bu-
ches, liſtiger, als alle Thiere auf dem Felde?
Folglich muß ſie auch, ihrem Range und ihrer
Liſt nach, allen kriechenden Thieren vorgehen,
mithin, wenn die kriechende Poeſie einer Schlan-
ge verglichen wird, iſt ſolches kein Schimpf-
Wort, ſondern zeiget diejenige Art der Dicht-
kunſt an, da man dem andern durch ſtechende
Verſe ſolche Wunden verſetzet, daß er daruͤber
ſeinen ohnmaͤchtigen Geiſt aufgeben moͤgte.
Wie hat ſich nicht ein gewiſſes nunmehriges Mit-
glied dieſer edlen Geſellſchaft ehedem gewunden!
wie hat er nicht uͤber Ohnmachten, heftige
Kopf-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |