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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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XXI. Gebratene Lerchen.
Ein und zwanzigstes Couvert.
Am Spieß gebratene Lerchen.

Die lustigen Stellen p. 16. 17. sind so
schmackhaft, als bey uns zu Michael im gros-
sen Jochims-Thale zu Leipzig
eine Schüssel
mit Spieß-Lerchen. Er hat sogar die Platz-
Majors
und Sänftenträger mit in seinen
Geschmacks-Tempel gebracht, als welche das
Leibwort haben: Platz! Platz! oder: vorge-
sehn! vorgesehn!
Und es hätte ihm selber
billig einer vorrufen mögen: Platz, Platz vor
den Wohledlen und Kunsterfahrnen Bau-
meister des Geschmacks-Tempels.
Denn
sonst hat ihm Hübner und Neukirch, die er
pag. 16. 17. ansticht, den Platz so verrennt,
daß jener Schriften in allen Buchläden noch
werden aufgesucht werden, wenn sein Tem-
pel-Riß
das Schicksal erleben dürfte, endlich
in den Kram-Läden als ein tüchtiger Um-
schlag
der abgewogenen Pfeffer-Waaren ge-
braucht zu werden; wiewol ich glaube, wenn
man seine Schrift pulverisirte, werde solche,
weil sie sehr gepfeffert ist, indem man, nach
beschehener Durchlesung, sich die dafür ge-
zahlte vier Groschen fast reuen lässet, mit
der Zeit vor spanischen Pfeffer paßiren. Hat
nun Neukirch zu viel Ambra in seinen Ge-
dichten, wie der Autor pag. 18. vorgiebt: So
ist doch solcher, wegen seines lieblichen Ge-

ruchs,
XXI. Gebratene Lerchen.
Ein und zwanzigſtes Couvert.
Am Spieß gebratene Lerchen.

Die luſtigen Stellen p. 16. 17. ſind ſo
ſchmackhaft, als bey uns zu Michael im groſ-
ſen Jochims-Thale zu Leipzig
eine Schuͤſſel
mit Spieß-Lerchen. Er hat ſogar die Platz-
Majors
und Saͤnftentraͤger mit in ſeinen
Geſchmacks-Tempel gebracht, als welche das
Leibwort haben: Platz! Platz! oder: vorge-
ſehn! vorgeſehn!
Und es haͤtte ihm ſelber
billig einer vorrufen moͤgen: Platz, Platz vor
den Wohledlen und Kunſterfahrnen Bau-
meiſter des Geſchmacks-Tempels.
Denn
ſonſt hat ihm Huͤbner und Neukirch, die er
pag. 16. 17. anſticht, den Platz ſo verrennt,
daß jener Schriften in allen Buchlaͤden noch
werden aufgeſucht werden, wenn ſein Tem-
pel-Riß
das Schickſal erleben duͤrfte, endlich
in den Kram-Laͤden als ein tuͤchtiger Um-
ſchlag
der abgewogenen Pfeffer-Waaren ge-
braucht zu werden; wiewol ich glaube, wenn
man ſeine Schrift pulveriſirte, werde ſolche,
weil ſie ſehr gepfeffert iſt, indem man, nach
beſchehener Durchleſung, ſich die dafuͤr ge-
zahlte vier Groſchen faſt reuen laͤſſet, mit
der Zeit vor ſpaniſchen Pfeffer paßiren. Hat
nun Neukirch zu viel Ambra in ſeinen Ge-
dichten, wie der Autor pag. 18. vorgiebt: So
iſt doch ſolcher, wegen ſeines lieblichen Ge-

ruchs,
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[299/0307] XXI. Gebratene Lerchen. Ein und zwanzigſtes Couvert. Am Spieß gebratene Lerchen. Die luſtigen Stellen p. 16. 17. ſind ſo ſchmackhaft, als bey uns zu Michael im groſ- ſen Jochims-Thale zu Leipzig eine Schuͤſſel mit Spieß-Lerchen. Er hat ſogar die Platz- Majors und Saͤnftentraͤger mit in ſeinen Geſchmacks-Tempel gebracht, als welche das Leibwort haben: Platz! Platz! oder: vorge- ſehn! vorgeſehn! Und es haͤtte ihm ſelber billig einer vorrufen moͤgen: Platz, Platz vor den Wohledlen und Kunſterfahrnen Bau- meiſter des Geſchmacks-Tempels. Denn ſonſt hat ihm Huͤbner und Neukirch, die er pag. 16. 17. anſticht, den Platz ſo verrennt, daß jener Schriften in allen Buchlaͤden noch werden aufgeſucht werden, wenn ſein Tem- pel-Riß das Schickſal erleben duͤrfte, endlich in den Kram-Laͤden als ein tuͤchtiger Um- ſchlag der abgewogenen Pfeffer-Waaren ge- braucht zu werden; wiewol ich glaube, wenn man ſeine Schrift pulveriſirte, werde ſolche, weil ſie ſehr gepfeffert iſt, indem man, nach beſchehener Durchleſung, ſich die dafuͤr ge- zahlte vier Groſchen faſt reuen laͤſſet, mit der Zeit vor ſpaniſchen Pfeffer paßiren. Hat nun Neukirch zu viel Ambra in ſeinen Ge- dichten, wie der Autor pag. 18. vorgiebt: So iſt doch ſolcher, wegen ſeines lieblichen Ge- ruchs,

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/307>, abgerufen am 13.11.2024.