§ 13. Die die Poesie in Zwangs-Regeln eingefaßt, haben dadurch ihren Hochmuth ver- rathen, indem sie andern Gesetze vorgeschrieben. Ein Reimschmied aber siehet nur auf seinen ei- genen poetischen Amboß und Schmiede-Ham- mer, dabey er andern die Freyheit läßt, sich selber Reime zu schmieden, so gut sie können.
3. Anmerkung.
§ 14. Damit ich keinen Begriff unbestim- met lasse: So verstehe ich durch den poetischen Amboß die Reim-Wörter-Bücher. Denn aus solchen sucht man sich erst ein paar hübsche Reime zusammen, die einige Aehnlichkeit in dem Laute haben; nachher bemüht man sich, solche Reime durch den poetischen Schmiede-Ham- mer, oder einen glücklichen Einfall, zusammen zu schmieden, daß sie auf einander passen.
Erste Aufgabe.
§ 15. Wie man sich helfen soll, wenn ein Wort vorkömmt, darauf entweder gar kein Reim, oder doch ein sehr schwerer und un- bekannter ist?
Auflösung.
Wenn ein Wort ohne ein anders ist, das sich drauf reimt: hat man Freyheit, entweder ein anders zu erwehlen, oder aber einen Flick- Reim anzubringen. Z. E. Auf das Wort Mensch will mir kein Reim einfallen: So rei- me ich also: Nun sagt, was reimet sich auf ensch:
So
Die Reimſchmiede-Kunſt ꝛc.
2. Anmerkung.
§ 13. Die die Poeſie in Zwangs-Regeln eingefaßt, haben dadurch ihren Hochmuth ver- rathen, indem ſie andern Geſetze vorgeſchrieben. Ein Reimſchmied aber ſiehet nur auf ſeinen ei- genen poetiſchen Amboß und Schmiede-Ham- mer, dabey er andern die Freyheit laͤßt, ſich ſelber Reime zu ſchmieden, ſo gut ſie koͤnnen.
3. Anmerkung.
§ 14. Damit ich keinen Begriff unbeſtim- met laſſe: So verſtehe ich durch den poetiſchen Amboß die Reim-Woͤrter-Buͤcher. Denn aus ſolchen ſucht man ſich erſt ein paar huͤbſche Reime zuſammen, die einige Aehnlichkeit in dem Laute haben; nachher bemuͤht man ſich, ſolche Reime durch den poetiſchen Schmiede-Ham- mer, oder einen gluͤcklichen Einfall, zuſammen zu ſchmieden, daß ſie auf einander paſſen.
Erſte Aufgabe.
§ 15. Wie man ſich helfen ſoll, wenn ein Wort vorkoͤmmt, darauf entweder gar kein Reim, oder doch ein ſehr ſchwerer und un- bekannter iſt?
Aufloͤſung.
Wenn ein Wort ohne ein anders iſt, das ſich drauf reimt: hat man Freyheit, entweder ein anders zu erwehlen, oder aber einen Flick- Reim anzubringen. Z. E. Auf das Wort Menſch will mir kein Reim einfallen: So rei- me ich alſo: Nun ſagt, was reimet ſich auf enſch:
So
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Die Reimſchmiede-Kunſt ꝛc.
2. Anmerkung.
§ 13. Die die Poeſie in Zwangs-Regeln
eingefaßt, haben dadurch ihren Hochmuth ver-
rathen, indem ſie andern Geſetze vorgeſchrieben.
Ein Reimſchmied aber ſiehet nur auf ſeinen ei-
genen poetiſchen Amboß und Schmiede-Ham-
mer, dabey er andern die Freyheit laͤßt, ſich ſelber
Reime zu ſchmieden, ſo gut ſie koͤnnen.
3. Anmerkung.
§ 14. Damit ich keinen Begriff unbeſtim-
met laſſe: So verſtehe ich durch den poetiſchen
Amboß die Reim-Woͤrter-Buͤcher. Denn
aus ſolchen ſucht man ſich erſt ein paar huͤbſche
Reime zuſammen, die einige Aehnlichkeit in dem
Laute haben; nachher bemuͤht man ſich, ſolche
Reime durch den poetiſchen Schmiede-Ham-
mer, oder einen gluͤcklichen Einfall, zuſammen
zu ſchmieden, daß ſie auf einander paſſen.
Erſte Aufgabe.
§ 15. Wie man ſich helfen ſoll, wenn ein
Wort vorkoͤmmt, darauf entweder gar kein
Reim, oder doch ein ſehr ſchwerer und un-
bekannter iſt?
Aufloͤſung.
Wenn ein Wort ohne ein anders iſt, das
ſich drauf reimt: hat man Freyheit, entweder
ein anders zu erwehlen, oder aber einen Flick-
Reim anzubringen. Z. E. Auf das Wort
Menſch will mir kein Reim einfallen: So rei-
me ich alſo: Nun ſagt, was reimet ſich auf enſch:
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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/30>, abgerufen am 03.03.2025.
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