Wenn man die harlequinische Passage p. 10. von den Worten an: Zwölf Affen von dem großen Hassen, unpartheyisch anatomirt, siehet man, daß der Autor sich gleichsam selbst in eine Fricassee von Kalbfleisch verwandelt. Wenigstens springt er da herum, wie die jun- gen muthwilligen Kälber, oder wie die müs- sigen Hengste, die das Futter sticht. Endlich, spricht er, sey er zum Tempel des Geschmacks gelanget. Weil er nun sich elf Seiten herum getummelt, ehe er alda angelanget seyn will, müssen wir ihm seine Sprünge und Fehltritte, die er unterwegens gethan, zu gute halten. Aber er fällt bald mit der Thüre ins Haus, da er kaum an die Schwelle seines gerühmten Tempels gekom- men. Denn da er hoch fliegen will, stol- pert er gewaltig. Er spricht p. 10: Den ve- sten Grund zu diesem Gottheits-Sitze hat Griechenland schon ehedem gelegt. Lieber Leser, sage mir aufrichtig, verstehest du diese Phöbus-Rede? Aber er versinket noch tie- fer, da er fortfährt: Der die von Zeit zu Zeit erhöhte Spitze zuletzt bis an die dunkeln Wol- ken trägt. Ja wol muß sein Einfall bis an die dunkeln Wolken getragen worden seyn, welche verhindern, daß man nicht sehen kann,
was
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XV. Fricaſſee von Kalbfleiſch.
Funfzehendes Couvert. Fricaſſee von Kalbfleiſch.
Wenn man die harlequiniſche Paſſage p. 10. von den Worten an: Zwoͤlf Affen von dem großen Haſſen, unpartheyiſch anatomirt, ſiehet man, daß der Autor ſich gleichſam ſelbſt in eine Fricaſſee von Kalbfleiſch verwandelt. Wenigſtens ſpringt er da herum, wie die jun- gen muthwilligen Kaͤlber, oder wie die muͤſ- ſigen Hengſte, die das Futter ſticht. Endlich, ſpricht er, ſey er zum Tempel des Geſchmacks gelanget. Weil er nun ſich elf Seiten herum getummelt, ehe er alda angelanget ſeyn will, muͤſſen wir ihm ſeine Spruͤnge und Fehltritte, die er unterwegens gethan, zu gute halten. Aber er faͤllt bald mit der Thuͤre ins Haus, da er kaum an die Schwelle ſeines geruͤhmten Tempels gekom- men. Denn da er hoch fliegen will, ſtol- pert er gewaltig. Er ſpricht p. 10: Den ve- ſten Grund zu dieſem Gottheits-Sitze hat Griechenland ſchon ehedem gelegt. Lieber Leſer, ſage mir aufrichtig, verſteheſt du dieſe Phoͤbus-Rede? Aber er verſinket noch tie- fer, da er fortfaͤhrt: Der die von Zeit zu Zeit erhoͤhte Spitze zuletzt bis an die dunkeln Wol- ken traͤgt. Ja wol muß ſein Einfall bis an die dunkeln Wolken getragen worden ſeyn, welche verhindern, daß man nicht ſehen kann,
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XV. Fricaſſee von Kalbfleiſch.
Funfzehendes Couvert.
Fricaſſee von Kalbfleiſch.
Wenn man die harlequiniſche Paſſage
p. 10. von den Worten an: Zwoͤlf Affen von
dem großen Haſſen, unpartheyiſch anatomirt,
ſiehet man, daß der Autor ſich gleichſam ſelbſt
in eine Fricaſſee von Kalbfleiſch verwandelt.
Wenigſtens ſpringt er da herum, wie die jun-
gen muthwilligen Kaͤlber, oder wie die muͤſ-
ſigen Hengſte, die das Futter ſticht. Endlich,
ſpricht er, ſey er zum Tempel des Geſchmacks
gelanget. Weil er nun ſich elf Seiten
herum getummelt, ehe er alda angelanget
ſeyn will, muͤſſen wir ihm ſeine Spruͤnge
und Fehltritte, die er unterwegens gethan,
zu gute halten. Aber er faͤllt bald mit
der Thuͤre ins Haus, da er kaum an die
Schwelle ſeines geruͤhmten Tempels gekom-
men. Denn da er hoch fliegen will, ſtol-
pert er gewaltig. Er ſpricht p. 10: Den ve-
ſten Grund zu dieſem Gottheits-Sitze hat
Griechenland ſchon ehedem gelegt. Lieber
Leſer, ſage mir aufrichtig, verſteheſt du dieſe
Phoͤbus-Rede? Aber er verſinket noch tie-
fer, da er fortfaͤhrt: Der die von Zeit zu Zeit
erhoͤhte Spitze zuletzt bis an die dunkeln Wol-
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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/299>, abgerufen am 17.02.2025.
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