Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.in dem Tempel des guten Geschmacks. schmiederey, zusammenlöten lassen? O duarmseliger Belehrer des guten Geschmacks! lerne doch erst selber ohne großen Schweiß und Mühe, ein paar Reime, die gut klap- pen, auf einander zu fügen! Aber hier magst du wol dich viel wissen, daß du den herrlichen Einfall: modo Minellii, hast mit Schweiß und Müh zusammen reimen können! Jch schwöre darauf: Kein Buchhändler hätte dei- ne Charteque verlegt, wenn du nicht Geld über Geld zugegeben, damit nur der übel- gerathene Witzling, wie du pag. 6. sagtest, zur Welt käme! 18. Wollt ihr nie zum Geschmack und seinem Tempel gehn? Wir? schrien sie, wahr- lich, nein, es ist ein Hirngespinste! Aber- mahls: Notetur haec phrasis, non semper occurrit! Der Autor gestehet hier selber zu, daß sein Geschmacks-Tempel ein bloßes Hirn- gespenste sey; folglich habe ich ihm vorhin sub No. 14. nicht Unrecht gethan. Undeutsch aber sind die Worte: Wollt ihr nie zum Geschmacke gehn? 19. Wir grübeln, forschen nach, und sez- zen in ein Licht, was andre sonst gedacht; wir aber denken nicht. pag. 7. Das soll ein sehr feiner Stich auf die Criticos seyn. Weil er aber selber durchgängig einen Cri- ticum agirt: So muß er entweder zugestehen, daß er selbst nicht Gedanken gehabt, da er andere beurtheilet, oder aber, daß einer gnung zu
in dem Tempel des guten Geſchmacks. ſchmiederey, zuſammenloͤten laſſen? O duarmſeliger Belehrer des guten Geſchmacks! lerne doch erſt ſelber ohne großen Schweiß und Muͤhe, ein paar Reime, die gut klap- pen, auf einander zu fuͤgen! Aber hier magſt du wol dich viel wiſſen, daß du den herrlichen Einfall: modo Minellii, haſt mit Schweiß und Muͤh zuſammen reimen koͤnnen! Jch ſchwoͤre darauf: Kein Buchhaͤndler haͤtte dei- ne Charteque verlegt, wenn du nicht Geld uͤber Geld zugegeben, damit nur der uͤbel- gerathene Witzling, wie du pag. 6. ſagteſt, zur Welt kaͤme! 18. Wollt ihr nie zum Geſchmack und ſeinem Tempel gehn? Wir? ſchrien ſie, wahr- lich, nein, es iſt ein Hirngeſpinſte! Aber- mahls: Notetur haec phraſis, non ſemper occurrit! Der Autor geſtehet hier ſelber zu, daß ſein Geſchmacks-Tempel ein bloßes Hirn- geſpenſte ſey; folglich habe ich ihm vorhin ſub No. 14. nicht Unrecht gethan. Undeutſch aber ſind die Worte: Wollt ihr nie zum Geſchmacke gehn? 19. Wir gruͤbeln, forſchen nach, und ſez- zen in ein Licht, was andre ſonſt gedacht; wir aber denken nicht. pag. 7. Das ſoll ein ſehr feiner Stich auf die Criticos ſeyn. Weil er aber ſelber durchgaͤngig einen Cri- ticum agirt: So muß er entweder zugeſtehen, daß er ſelbſt nicht Gedanken gehabt, da er andere beurtheilet, oder aber, daß einer gnung zu
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <list> <item><pb facs="#f0293" n="285"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in dem Tempel des guten Geſchmacks.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">ſchmiederey,</hi> zuſammenloͤten laſſen? O du<lb/> armſeliger <hi rendition="#fr">Belehrer des guten Geſchmacks!</hi><lb/> lerne doch erſt ſelber <hi rendition="#fr">ohne großen Schweiß<lb/> und Muͤhe,</hi> ein paar Reime, die <hi rendition="#fr">gut klap-<lb/> pen,</hi> auf einander zu fuͤgen! Aber hier magſt<lb/> du wol dich <hi rendition="#fr">viel wiſſen,</hi> daß du den herrlichen<lb/> Einfall: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">modo Minellii,</hi></hi> haſt <hi rendition="#fr">mit Schweiß<lb/> und Muͤh</hi> zuſammen reimen koͤnnen! Jch<lb/> ſchwoͤre darauf: Kein Buchhaͤndler haͤtte dei-<lb/> ne Charteque <hi rendition="#fr">verlegt,</hi> wenn du nicht <hi rendition="#fr">Geld<lb/> uͤber Geld</hi> zugegeben, damit nur der <hi rendition="#fr">uͤbel-<lb/> gerathene Witzling,</hi> wie du <hi rendition="#aq">pag.</hi> 6. ſagteſt,<lb/> zur Welt kaͤme!</item><lb/> <item>18. <hi rendition="#fr">Wollt ihr nie zum Geſchmack und<lb/> ſeinem Tempel gehn? Wir? ſchrien ſie, wahr-<lb/> lich, nein, es iſt ein Hirngeſpinſte!</hi> Aber-<lb/> mahls: <hi rendition="#aq">Notetur haec phraſis, non ſemper<lb/> occurrit!</hi> Der Autor geſtehet hier <hi rendition="#fr">ſelber</hi> zu,<lb/> daß ſein <hi rendition="#fr">Geſchmacks-Tempel</hi> ein bloßes <hi rendition="#fr">Hirn-<lb/> geſpenſte</hi> ſey; folglich habe ich ihm vorhin<lb/><hi rendition="#aq">ſub No.</hi> 14. nicht Unrecht gethan. <hi rendition="#fr">Undeutſch</hi><lb/> aber ſind die Worte: <hi rendition="#fr">Wollt ihr nie zum<lb/> Geſchmacke gehn?</hi></item><lb/> <item>19. <hi rendition="#fr">Wir gruͤbeln, forſchen nach, und ſez-<lb/> zen in ein Licht, was andre ſonſt gedacht;<lb/> wir aber denken nicht.</hi> <hi rendition="#aq">pag.</hi> 7. Das ſoll<lb/> ein ſehr feiner <hi rendition="#fr">Stich</hi> auf die <hi rendition="#aq">Criticos</hi> ſeyn.<lb/> Weil er aber ſelber <hi rendition="#fr">durchgaͤngig</hi> einen Cri-<lb/> ticum agirt: So muß er entweder zugeſtehen,<lb/> daß er <hi rendition="#fr">ſelbſt nicht Gedanken gehabt,</hi> da er<lb/> andere beurtheilet, oder aber, daß einer <hi rendition="#fr">gnung</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">zu</hi></fw><lb/></item> </list> </div> </div> </body> </text> </TEI> [285/0293]
in dem Tempel des guten Geſchmacks.
ſchmiederey, zuſammenloͤten laſſen? O du
armſeliger Belehrer des guten Geſchmacks!
lerne doch erſt ſelber ohne großen Schweiß
und Muͤhe, ein paar Reime, die gut klap-
pen, auf einander zu fuͤgen! Aber hier magſt
du wol dich viel wiſſen, daß du den herrlichen
Einfall: modo Minellii, haſt mit Schweiß
und Muͤh zuſammen reimen koͤnnen! Jch
ſchwoͤre darauf: Kein Buchhaͤndler haͤtte dei-
ne Charteque verlegt, wenn du nicht Geld
uͤber Geld zugegeben, damit nur der uͤbel-
gerathene Witzling, wie du pag. 6. ſagteſt,
zur Welt kaͤme!
18. Wollt ihr nie zum Geſchmack und
ſeinem Tempel gehn? Wir? ſchrien ſie, wahr-
lich, nein, es iſt ein Hirngeſpinſte! Aber-
mahls: Notetur haec phraſis, non ſemper
occurrit! Der Autor geſtehet hier ſelber zu,
daß ſein Geſchmacks-Tempel ein bloßes Hirn-
geſpenſte ſey; folglich habe ich ihm vorhin
ſub No. 14. nicht Unrecht gethan. Undeutſch
aber ſind die Worte: Wollt ihr nie zum
Geſchmacke gehn?
19. Wir gruͤbeln, forſchen nach, und ſez-
zen in ein Licht, was andre ſonſt gedacht;
wir aber denken nicht. pag. 7. Das ſoll
ein ſehr feiner Stich auf die Criticos ſeyn.
Weil er aber ſelber durchgaͤngig einen Cri-
ticum agirt: So muß er entweder zugeſtehen,
daß er ſelbſt nicht Gedanken gehabt, da er
andere beurtheilet, oder aber, daß einer gnung
zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |