Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.vom gesunden Witze, etc. menschlichen Lebens. Sie sind fast unzehlbar.Und weil die Gelehrten so zahlreich sind, daß man- cher lange harren muß, ehe er ein Amt bekömmt: So wäre es nicht undienlich, wenn die Mode ein- geführt würde, daß ein Gelehrter, wie ehedem bey den Juden die Rabbinen, auch eine Kunst oder Handwerk mit lernte, um sich dessen bis auf erfol- gendes Amt zu gebrauchen. CXCIX. Es giebt auch entbehrliche Künste, die dennoch genug Liebhaber finden, weil der Ge- schmack vieler Menschen auf Kurzweil, Gaukeley und Begierlichkeit erpicht ist. Dahin gehören die Luftspringer und Seiltänzer, Taschenspieler, Comödianten, Glücksbüdener, Lotterie- und A- ctienkrämer, nebst Karten- und Würfelspielern. Endlich giebt es fürwitzige und unsichere Künste, daran doch manche einen Geschmack finden, als die Goldmacher-Kunst; Astrologie, oder Wahr- sagerey aus dem Gestirne; die Chiromantie; Punctir-Kunst; weisse Kunst, oder Umgang mit guten Geistern; die schwarze Kunst, oder Be- schwörung böser Geister; das Vestemachen; Cry- stallgucken; die Befragung der Wünschel-Ru- the, und dergleichen falschberühmte Künste, die öfters entweder eine Berückung von bösen Gei- stern, oder eine Begierde, die Leute ums Geld zu schneiden, hinter sich haben. CC. Jch schliesse mit den Worten eines ehema- ligen großen Mathematici und Weltweisen vom ersten Range, des Hn. von Tzschirnhausen, wel- cher in seiner Medicina mentis et corporis an einem Orte
vom geſunden Witze, ꝛc. menſchlichen Lebens. Sie ſind faſt unzehlbar.Und weil die Gelehrten ſo zahlreich ſind, daß man- cher lange harren muß, ehe er ein Amt bekoͤmmt: So waͤre es nicht undienlich, wenn die Mode ein- gefuͤhrt wuͤrde, daß ein Gelehrter, wie ehedem bey den Juden die Rabbinen, auch eine Kunſt oder Handwerk mit lernte, um ſich deſſen bis auf erfol- gendes Amt zu gebrauchen. CXCIX. Es giebt auch entbehrliche Kuͤnſte, die dennoch genug Liebhaber finden, weil der Ge- ſchmack vieler Menſchen auf Kurzweil, Gaukeley und Begierlichkeit erpicht iſt. Dahin gehoͤren die Luftſpringer und Seiltaͤnzer, Taſchenſpieler, Comoͤdianten, Gluͤcksbuͤdener, Lotterie- und A- ctienkraͤmer, nebſt Karten- und Wuͤrfelſpielern. Endlich giebt es fuͤrwitzige und unſichere Kuͤnſte, daran doch manche einen Geſchmack finden, als die Goldmacher-Kunſt; Aſtrologie, oder Wahr- ſagerey aus dem Geſtirne; die Chiromantie; Punctir-Kunſt; weiſſe Kunſt, oder Umgang mit guten Geiſtern; die ſchwarze Kunſt, oder Be- ſchwoͤrung boͤſer Geiſter; das Veſtemachen; Cry- ſtallgucken; die Befragung der Wuͤnſchel-Ru- the, und dergleichen falſchberuͤhmte Kuͤnſte, die oͤfters entweder eine Beruͤckung von boͤſen Gei- ſtern, oder eine Begierde, die Leute ums Geld zu ſchneiden, hinter ſich haben. CC. Jch ſchlieſſe mit den Worten eines ehema- ligen großen Mathematici und Weltweiſen vom erſten Range, des Hn. von Tzſchirnhauſen, wel- cher in ſeiner Medicina mentis et corporis an einem Orte
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vom geſunden Witze, ꝛc.
menſchlichen Lebens. Sie ſind faſt unzehlbar.
Und weil die Gelehrten ſo zahlreich ſind, daß man-
cher lange harren muß, ehe er ein Amt bekoͤmmt:
So waͤre es nicht undienlich, wenn die Mode ein-
gefuͤhrt wuͤrde, daß ein Gelehrter, wie ehedem bey
den Juden die Rabbinen, auch eine Kunſt oder
Handwerk mit lernte, um ſich deſſen bis auf erfol-
gendes Amt zu gebrauchen.
CXCIX. Es giebt auch entbehrliche Kuͤnſte,
die dennoch genug Liebhaber finden, weil der Ge-
ſchmack vieler Menſchen auf Kurzweil, Gaukeley
und Begierlichkeit erpicht iſt. Dahin gehoͤren
die Luftſpringer und Seiltaͤnzer, Taſchenſpieler,
Comoͤdianten, Gluͤcksbuͤdener, Lotterie- und A-
ctienkraͤmer, nebſt Karten- und Wuͤrfelſpielern.
Endlich giebt es fuͤrwitzige und unſichere Kuͤnſte,
daran doch manche einen Geſchmack finden, als die
Goldmacher-Kunſt; Aſtrologie, oder Wahr-
ſagerey aus dem Geſtirne; die Chiromantie;
Punctir-Kunſt; weiſſe Kunſt, oder Umgang mit
guten Geiſtern; die ſchwarze Kunſt, oder Be-
ſchwoͤrung boͤſer Geiſter; das Veſtemachen; Cry-
ſtallgucken; die Befragung der Wuͤnſchel-Ru-
the, und dergleichen falſchberuͤhmte Kuͤnſte, die
oͤfters entweder eine Beruͤckung von boͤſen Gei-
ſtern, oder eine Begierde, die Leute ums Geld zu
ſchneiden, hinter ſich haben.
CC. Jch ſchlieſſe mit den Worten eines ehema-
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Zitationshilfe: | Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/263>, abgerufen am 24.07.2024. |