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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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vom gesunden Witze, etc.
um einen Sophisten und spitzfindigen Verleum-
der
abzugeben: So ist er wie eine Hornisse,
die ihren Stachel nicht zum Einsammlen des
Honigs, sondern zu heftigem Anstechen derer
gebrauchet, die ihr zu nahe kommen.
CLXIX. Die Wissenschaft der Sprachen
gehöret ebenfalls zu den Hülfs-Wahrheiten,
mithin zu der dritten Classe. Eine Sprache
an sich ist eine Mischung unterschiedener Laute,
die eine gewisse eingeführte Bedeutung haben.
Also liegt in der Sprache selbst keine Realität.
Aber weil keine Wahrheit vom ersten oder an-
dern Range einem andern kann füglich beyge-
bracht werden, als vermittelst der Sprache;
hingegen einer dis, der andere jenes besser ver-
stehet: So kann also einer, der mehrere Spra-
chen weiß, sich dadurch die Erkenntniß wichtiger
Wahrheiten desto mehr erleichtern.
CLXX. Die grammaticalischen, philolo-
gischen
und critischen Sprach-Schriften sind
besondere Hülfs-Mittel zu Erleichterung der
Sprach-Wissenschaft. Da nun aber alle
Sprach-Wissenschaft nur zu der untersten Classe
der Wahrheiten gehöret (§ 169): So verräth
der seinen pedantischen Geschmack, der sich auf
die Sprach-Critic mehr einbildet, und solche
höher schätzet, als die reellen Wissenschaften.
CLXXI. Das Lesen der Bücher ist gut
und heilsam, um sich daraus einen Vorrath nö-
thiger und nützlicher Wahrheiten einzusammeln.
Wer aber nichts thut, als auswendig lernen,
ohne
Q 2
vom geſunden Witze, ꝛc.
um einen Sophiſten und ſpitzfindigen Verleum-
der
abzugeben: So iſt er wie eine Horniſſe,
die ihren Stachel nicht zum Einſammlen des
Honigs, ſondern zu heftigem Anſtechen derer
gebrauchet, die ihr zu nahe kommen.
CLXIX. Die Wiſſenſchaft der Sprachen
gehoͤret ebenfalls zu den Huͤlfs-Wahrheiten,
mithin zu der dritten Claſſe. Eine Sprache
an ſich iſt eine Miſchung unterſchiedener Laute,
die eine gewiſſe eingefuͤhrte Bedeutung haben.
Alſo liegt in der Sprache ſelbſt keine Realitaͤt.
Aber weil keine Wahrheit vom erſten oder an-
dern Range einem andern kann fuͤglich beyge-
bracht werden, als vermittelſt der Sprache;
hingegen einer dis, der andere jenes beſſer ver-
ſtehet: So kann alſo einer, der mehrere Spra-
chen weiß, ſich dadurch die Erkenntniß wichtiger
Wahrheiten deſto mehr erleichtern.
CLXX. Die grammaticaliſchen, philolo-
giſchen
und critiſchen Sprach-Schriften ſind
beſondere Huͤlfs-Mittel zu Erleichterung der
Sprach-Wiſſenſchaft. Da nun aber alle
Sprach-Wiſſenſchaft nur zu der unterſten Claſſe
der Wahrheiten gehoͤret (§ 169): So verraͤth
der ſeinen pedantiſchen Geſchmack, der ſich auf
die Sprach-Critic mehr einbildet, und ſolche
hoͤher ſchaͤtzet, als die reellen Wiſſenſchaften.
CLXXI. Das Leſen der Buͤcher iſt gut
und heilſam, um ſich daraus einen Vorrath noͤ-
thiger und nuͤtzlicher Wahrheiten einzuſammeln.
Wer aber nichts thut, als auswendig lernen,
ohne
Q 2
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[243/0251] vom geſunden Witze, ꝛc. um einen Sophiſten und ſpitzfindigen Verleum- der abzugeben: So iſt er wie eine Horniſſe, die ihren Stachel nicht zum Einſammlen des Honigs, ſondern zu heftigem Anſtechen derer gebrauchet, die ihr zu nahe kommen. CLXIX. Die Wiſſenſchaft der Sprachen gehoͤret ebenfalls zu den Huͤlfs-Wahrheiten, mithin zu der dritten Claſſe. Eine Sprache an ſich iſt eine Miſchung unterſchiedener Laute, die eine gewiſſe eingefuͤhrte Bedeutung haben. Alſo liegt in der Sprache ſelbſt keine Realitaͤt. Aber weil keine Wahrheit vom erſten oder an- dern Range einem andern kann fuͤglich beyge- bracht werden, als vermittelſt der Sprache; hingegen einer dis, der andere jenes beſſer ver- ſtehet: So kann alſo einer, der mehrere Spra- chen weiß, ſich dadurch die Erkenntniß wichtiger Wahrheiten deſto mehr erleichtern. CLXX. Die grammaticaliſchen, philolo- giſchen und critiſchen Sprach-Schriften ſind beſondere Huͤlfs-Mittel zu Erleichterung der Sprach-Wiſſenſchaft. Da nun aber alle Sprach-Wiſſenſchaft nur zu der unterſten Claſſe der Wahrheiten gehoͤret (§ 169): So verraͤth der ſeinen pedantiſchen Geſchmack, der ſich auf die Sprach-Critic mehr einbildet, und ſolche hoͤher ſchaͤtzet, als die reellen Wiſſenſchaften. CLXXI. Das Leſen der Buͤcher iſt gut und heilſam, um ſich daraus einen Vorrath noͤ- thiger und nuͤtzlicher Wahrheiten einzuſammeln. Wer aber nichts thut, als auswendig lernen, ohne Q 2

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/251>, abgerufen am 22.11.2024.