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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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vom gesunden Witze, etc.
dir so viel Kraft und Nachsicht, als ich einem
Geschöpfe, ohne mich der Gottheit zu begeben,
irgend verstatten kann; aber am Ende wirst du
und alle Welt erfahren, daß kein Geschöpf es
mit dem ewigen Gott aushalten könne, sondern
entweder in sein vorig Nichts zurück fallen, oder
sich endlich vor ihm demüthigen müsse. Die
Quelle also aller Touren des öbersten abtrünni-
gen Geistes ist kein wirklich böses principium,
sondern daß die Macht Gottes ihn in gewissen
Grund-Begriffen mit einem Wahnwitze beleget
hat. Gott verfähret freylich mit denen abtrün-
nigen Geistern so, als er verfahren würde, wenn
sie selbstständige Wesen wären, die sich gegen
Gott feindselig aufführeten. Dieses kommt aus
dem unumschränkten Rechte Gottes, mit sei-
nen Geschöpfen frey umzugehen, um alle Arten
seiner göttlichen Macht kund zu thun. Weil
aber Gott die ewige Liebe ist, wird er endlich
allen Geschöpfen, die er zur Lust gedemüthiget
hat, hinlänglichen Ersatz thun. Wer es fas-
sen kann, der fasse es!
CXLIX. Es ist eine recht wunderbare Ein-
richtung in der menschlichen Seele, daß sie durch
Furcht und Hoffnung, mithin durch Strafen
und Belohnungen, von vielen Lastern abgezo-
gen und zur Tugend gewöhnet wird. Ob auch
gleich in jedem Menschen ein zureichender oder
überwichtiger Grund aller seiner Handlungen
ist, sonst keine zur Wirklichkeit käme, wenn nicht
ein Uebergewichte in der Seele wäre, da es
denn
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vom geſunden Witze, ꝛc.
dir ſo viel Kraft und Nachſicht, als ich einem
Geſchoͤpfe, ohne mich der Gottheit zu begeben,
irgend verſtatten kann; aber am Ende wirſt du
und alle Welt erfahren, daß kein Geſchoͤpf es
mit dem ewigen Gott aushalten koͤnne, ſondern
entweder in ſein vorig Nichts zuruͤck fallen, oder
ſich endlich vor ihm demuͤthigen muͤſſe. Die
Quelle alſo aller Touren des oͤberſten abtruͤnni-
gen Geiſtes iſt kein wirklich boͤſes principium,
ſondern daß die Macht Gottes ihn in gewiſſen
Grund-Begriffen mit einem Wahnwitze beleget
hat. Gott verfaͤhret freylich mit denen abtruͤn-
nigen Geiſtern ſo, als er verfahren wuͤrde, wenn
ſie ſelbſtſtaͤndige Weſen waͤren, die ſich gegen
Gott feindſelig auffuͤhreten. Dieſes kommt aus
dem unumſchraͤnkten Rechte Gottes, mit ſei-
nen Geſchoͤpfen frey umzugehen, um alle Arten
ſeiner goͤttlichen Macht kund zu thun. Weil
aber Gott die ewige Liebe iſt, wird er endlich
allen Geſchoͤpfen, die er zur Luſt gedemuͤthiget
hat, hinlaͤnglichen Erſatz thun. Wer es faſ-
ſen kann, der faſſe es!
CXLIX. Es iſt eine recht wunderbare Ein-
richtung in der menſchlichen Seele, daß ſie durch
Furcht und Hoffnung, mithin durch Strafen
und Belohnungen, von vielen Laſtern abgezo-
gen und zur Tugend gewoͤhnet wird. Ob auch
gleich in jedem Menſchen ein zureichender oder
uͤberwichtiger Grund aller ſeiner Handlungen
iſt, ſonſt keine zur Wirklichkeit kaͤme, wenn nicht
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[231/0239] vom geſunden Witze, ꝛc. dir ſo viel Kraft und Nachſicht, als ich einem Geſchoͤpfe, ohne mich der Gottheit zu begeben, irgend verſtatten kann; aber am Ende wirſt du und alle Welt erfahren, daß kein Geſchoͤpf es mit dem ewigen Gott aushalten koͤnne, ſondern entweder in ſein vorig Nichts zuruͤck fallen, oder ſich endlich vor ihm demuͤthigen muͤſſe. Die Quelle alſo aller Touren des oͤberſten abtruͤnni- gen Geiſtes iſt kein wirklich boͤſes principium, ſondern daß die Macht Gottes ihn in gewiſſen Grund-Begriffen mit einem Wahnwitze beleget hat. Gott verfaͤhret freylich mit denen abtruͤn- nigen Geiſtern ſo, als er verfahren wuͤrde, wenn ſie ſelbſtſtaͤndige Weſen waͤren, die ſich gegen Gott feindſelig auffuͤhreten. Dieſes kommt aus dem unumſchraͤnkten Rechte Gottes, mit ſei- nen Geſchoͤpfen frey umzugehen, um alle Arten ſeiner goͤttlichen Macht kund zu thun. Weil aber Gott die ewige Liebe iſt, wird er endlich allen Geſchoͤpfen, die er zur Luſt gedemuͤthiget hat, hinlaͤnglichen Erſatz thun. Wer es faſ- ſen kann, der faſſe es! CXLIX. Es iſt eine recht wunderbare Ein- richtung in der menſchlichen Seele, daß ſie durch Furcht und Hoffnung, mithin durch Strafen und Belohnungen, von vielen Laſtern abgezo- gen und zur Tugend gewoͤhnet wird. Ob auch gleich in jedem Menſchen ein zureichender oder uͤberwichtiger Grund aller ſeiner Handlungen iſt, ſonſt keine zur Wirklichkeit kaͤme, wenn nicht ein Uebergewichte in der Seele waͤre, da es denn P 4

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/239>, abgerufen am 25.11.2024.