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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Zwey hundert Maximen
dadurch ein Gnüge zu thun, als hingegen, sei-
nen Schöpfer daraus desto mehr ehren und lie-
ben zu lernen, der bezeiget damit seinen unor-
dentlichen Geschmack.
Doch geht es an sich
an, daß einer ein großer Naturforscher und
Weltweiser seyn kann, der doch ein Atheiste
in der Haut ist. Ein solcher gleichet derjenigen
Art von Gemüths-Verrückten, die nur bey ei-
nem gewissen Punkt eine verletzte Einbildungs-
Kraft
haben, in andern Dingen aber völlig
richtig denken. Man nennet es einen Wahn-
witz,
oder Abweichung von dem allgemeinen
bon sens in gewissen Punkten.
CXXXVII. Wenn der Mensch sich unpar-
teyisch erforschet, findet er an sich und andern
eine Unvermögenheit und Ohnmacht, das Wah-
re und Falsche, Gute und Böse durchgängig zu
treffen, nebst einer Lüsternheit, sich gegen das
Regiment der Vernunft zu empören, und manch-
mal etwas vorzunehmen, das er zu andrer Zeit
anfeindet und verwirft. Daher ist die Erkennt-
niß der Tugend und Laster, auch der natürlichen
Zuneigung zu Jrrthum und Untugend, eine,
nach der jetzigen Beschaffenheit des Menschen
höchst nützliche, ja unentbehrliche, Wissenschaft;
mithin gehört solche zu den Wahrheiten vom
andern Range.
Wären aber keine Laster in
der Welt, welches seyn würde, wenn man voll-
kommen vernünftig wäre: So bedürfte man
auch nicht dieser Wissenschaft; dagegen die Er-
kenntniß Gottes, die Richtigkeit des Verstan-
des,
Zwey hundert Maximen
dadurch ein Gnuͤge zu thun, als hingegen, ſei-
nen Schoͤpfer daraus deſto mehr ehren und lie-
ben zu lernen, der bezeiget damit ſeinen unor-
dentlichen Geſchmack.
Doch geht es an ſich
an, daß einer ein großer Naturforſcher und
Weltweiſer ſeyn kann, der doch ein Atheiſte
in der Haut iſt. Ein ſolcher gleichet derjenigen
Art von Gemuͤths-Verruͤckten, die nur bey ei-
nem gewiſſen Punkt eine verletzte Einbildungs-
Kraft
haben, in andern Dingen aber voͤllig
richtig denken. Man nennet es einen Wahn-
witz,
oder Abweichung von dem allgemeinen
bon ſens in gewiſſen Punkten.
CXXXVII. Wenn der Menſch ſich unpar-
teyiſch erforſchet, findet er an ſich und andern
eine Unvermoͤgenheit und Ohnmacht, das Wah-
re und Falſche, Gute und Boͤſe durchgaͤngig zu
treffen, nebſt einer Luͤſternheit, ſich gegen das
Regiment der Vernunft zu empoͤren, und manch-
mal etwas vorzunehmen, das er zu andrer Zeit
anfeindet und verwirft. Daher iſt die Erkennt-
niß der Tugend und Laſter, auch der natuͤrlichen
Zuneigung zu Jrrthum und Untugend, eine,
nach der jetzigen Beſchaffenheit des Menſchen
hoͤchſt nuͤtzliche, ja unentbehrliche, Wiſſenſchaft;
mithin gehoͤrt ſolche zu den Wahrheiten vom
andern Range.
Waͤren aber keine Laſter in
der Welt, welches ſeyn wuͤrde, wenn man voll-
kommen vernuͤnftig waͤre: So beduͤrfte man
auch nicht dieſer Wiſſenſchaft; dagegen die Er-
kenntniß Gottes, die Richtigkeit des Verſtan-
des,
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[222/0230] Zwey hundert Maximen dadurch ein Gnuͤge zu thun, als hingegen, ſei- nen Schoͤpfer daraus deſto mehr ehren und lie- ben zu lernen, der bezeiget damit ſeinen unor- dentlichen Geſchmack. Doch geht es an ſich an, daß einer ein großer Naturforſcher und Weltweiſer ſeyn kann, der doch ein Atheiſte in der Haut iſt. Ein ſolcher gleichet derjenigen Art von Gemuͤths-Verruͤckten, die nur bey ei- nem gewiſſen Punkt eine verletzte Einbildungs- Kraft haben, in andern Dingen aber voͤllig richtig denken. Man nennet es einen Wahn- witz, oder Abweichung von dem allgemeinen bon ſens in gewiſſen Punkten. CXXXVII. Wenn der Menſch ſich unpar- teyiſch erforſchet, findet er an ſich und andern eine Unvermoͤgenheit und Ohnmacht, das Wah- re und Falſche, Gute und Boͤſe durchgaͤngig zu treffen, nebſt einer Luͤſternheit, ſich gegen das Regiment der Vernunft zu empoͤren, und manch- mal etwas vorzunehmen, das er zu andrer Zeit anfeindet und verwirft. Daher iſt die Erkennt- niß der Tugend und Laſter, auch der natuͤrlichen Zuneigung zu Jrrthum und Untugend, eine, nach der jetzigen Beſchaffenheit des Menſchen hoͤchſt nuͤtzliche, ja unentbehrliche, Wiſſenſchaft; mithin gehoͤrt ſolche zu den Wahrheiten vom andern Range. Waͤren aber keine Laſter in der Welt, welches ſeyn wuͤrde, wenn man voll- kommen vernuͤnftig waͤre: So beduͤrfte man auch nicht dieſer Wiſſenſchaft; dagegen die Er- kenntniß Gottes, die Richtigkeit des Verſtan- des,

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/230>, abgerufen am 25.11.2024.