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Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

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Zwey hundert Maximen
CXXXI. Die Wissenschaft, sich zeitlich und
ewig glückselig zu machen, begreifet Wahrhei-
ten vom öbersten Range. Folglich ist die Er-
kenntniß des allerhöchsten Wesens und der wah-
ren Religion eine Wissenschaft der höchsten Clas-
se; daher derjenige, der solche gering achtet, sei-
nen verdorbenen Geschmack merklich veroffen-
baret.
CXXXII. Wer nicht im Stande ist, in de-
nen nöthigen Wahrheiten einzusehen, was wirk-
lich wahr, oder falsch sey, der kann für keinen
vernünftigen Menschen gehalten werden. Folg-
lich gehöret die Aufklärung des Verstandes, da-
durch man eine Fertigkeit erlanget, richtig zu
denken, zu den Wahrheiten vom öbersten Ran-
ge (§ 129). Wer demnach seinen Verstand in
Jrrthum und Ungewißheit stecken lässet, und
meynet, daß solches nichts auf sich habe, der
verräth dadurch seinen verkehrten Geschmack.
CXXXIII. Wer sich nicht in den Stand
setzet, eines andern Vortrag auf überzeugende
Art in ihm selber zu unterscheiden, was wahr
oder falsch sey, sondern sich die Maxime in den
Kopf setzet, das für wahr oder falsch zu halten,
was ihm der andre dafür ausgiebt, der verleug-
net den Adel seiner Seele, wird ein wahrhafter
Mucker oder Kriecher mit seinem Verstande,
stehet in beständiger Gefahr, durch Einfalt oder
Betrug eines andern verführet zu werden, und
hat einen ekelhaften Geschmack, indem er das
bloß nachkäuet, was ihm ein anderer vorgekäuet
hat.
CXXXIV.
Zwey hundert Maximen
CXXXI. Die Wiſſenſchaft, ſich zeitlich und
ewig gluͤckſelig zu machen, begreifet Wahrhei-
ten vom oͤberſten Range. Folglich iſt die Er-
kenntniß des allerhoͤchſten Weſens und der wah-
ren Religion eine Wiſſenſchaft der hoͤchſten Claſ-
ſe; daher derjenige, der ſolche gering achtet, ſei-
nen verdorbenen Geſchmack merklich veroffen-
baret.
CXXXII. Wer nicht im Stande iſt, in de-
nen noͤthigen Wahrheiten einzuſehen, was wirk-
lich wahr, oder falſch ſey, der kann fuͤr keinen
vernuͤnftigen Menſchen gehalten werden. Folg-
lich gehoͤret die Aufklaͤrung des Verſtandes, da-
durch man eine Fertigkeit erlanget, richtig zu
denken, zu den Wahrheiten vom oͤberſten Ran-
ge (§ 129). Wer demnach ſeinen Verſtand in
Jrrthum und Ungewißheit ſtecken laͤſſet, und
meynet, daß ſolches nichts auf ſich habe, der
verraͤth dadurch ſeinen verkehrten Geſchmack.
CXXXIII. Wer ſich nicht in den Stand
ſetzet, eines andern Vortrag auf uͤberzeugende
Art in ihm ſelber zu unterſcheiden, was wahr
oder falſch ſey, ſondern ſich die Maxime in den
Kopf ſetzet, das fuͤr wahr oder falſch zu halten,
was ihm der andre dafuͤr ausgiebt, der verleug-
net den Adel ſeiner Seele, wird ein wahrhafter
Mucker oder Kriecher mit ſeinem Verſtande,
ſtehet in beſtaͤndiger Gefahr, durch Einfalt oder
Betrug eines andern verfuͤhret zu werden, und
hat einen ekelhaften Geſchmack, indem er das
bloß nachkaͤuet, was ihm ein anderer vorgekaͤuet
hat.
CXXXIV.
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[220/0228] Zwey hundert Maximen CXXXI. Die Wiſſenſchaft, ſich zeitlich und ewig gluͤckſelig zu machen, begreifet Wahrhei- ten vom oͤberſten Range. Folglich iſt die Er- kenntniß des allerhoͤchſten Weſens und der wah- ren Religion eine Wiſſenſchaft der hoͤchſten Claſ- ſe; daher derjenige, der ſolche gering achtet, ſei- nen verdorbenen Geſchmack merklich veroffen- baret. CXXXII. Wer nicht im Stande iſt, in de- nen noͤthigen Wahrheiten einzuſehen, was wirk- lich wahr, oder falſch ſey, der kann fuͤr keinen vernuͤnftigen Menſchen gehalten werden. Folg- lich gehoͤret die Aufklaͤrung des Verſtandes, da- durch man eine Fertigkeit erlanget, richtig zu denken, zu den Wahrheiten vom oͤberſten Ran- ge (§ 129). Wer demnach ſeinen Verſtand in Jrrthum und Ungewißheit ſtecken laͤſſet, und meynet, daß ſolches nichts auf ſich habe, der verraͤth dadurch ſeinen verkehrten Geſchmack. CXXXIII. Wer ſich nicht in den Stand ſetzet, eines andern Vortrag auf uͤberzeugende Art in ihm ſelber zu unterſcheiden, was wahr oder falſch ſey, ſondern ſich die Maxime in den Kopf ſetzet, das fuͤr wahr oder falſch zu halten, was ihm der andre dafuͤr ausgiebt, der verleug- net den Adel ſeiner Seele, wird ein wahrhafter Mucker oder Kriecher mit ſeinem Verſtande, ſtehet in beſtaͤndiger Gefahr, durch Einfalt oder Betrug eines andern verfuͤhret zu werden, und hat einen ekelhaften Geſchmack, indem er das bloß nachkaͤuet, was ihm ein anderer vorgekaͤuet hat. CXXXIV.

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Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/228>, abgerufen am 25.11.2024.