Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

für einen Froschmäusler.
wenn er weiter in Reimen mit seinem zu starken
Gegner anbinden wollte: So versinket er ganz
natürlicher Weise in eine Ohnmacht, und man
sagt: Er habe sich nun ganz verschossen!

Fünftes Probestück
eines Candidaten der Froschmäusler-
Gesellschaft.
Bestehend in einem bündigen Erweise des
hohen Vorzugs der Reimschmiede-Kunst
und kriechenden Poesie vor der sogenann-
ten natürlichen, männlichen und erhabe-
nen Dichterey.

§ 1. Auf einen unbekannten Feind loszuge-
hen, mögte unhöflich und gefährlich seyn. Man
muß billig erst seinen Gegner kennen, ehe man
ihn anpacket. Wollte man blindlings drauf
los stechen, ohne zu untersuchen, ob derjenige,
den man vor sich habe, Freund oder Feind sey:
So könnte es einem gehen, wie jenem unvor-
sichtigen Liebhaber. Der wollte seine Schöne,
von Halle aus, zu Merseburg besuchen. Die-
se war indessen, nebst ihrem Bruder und Vet-
ter, auf eine Kirmiß gefahren. Da hatte sich
ihr Bruder einen Rausch getrunken, und der
Kutscher war auch besoffen, daß er ohnweit
Skopa nahe am Wasser umwirft, darüber der
Schönen Bruder so en rage kömmt, daß er den
Kutscher tödtlich verwundet. Die Schöne eilet

in
H 4

fuͤr einen Froſchmaͤusler.
wenn er weiter in Reimen mit ſeinem zu ſtarken
Gegner anbinden wollte: So verſinket er ganz
natuͤrlicher Weiſe in eine Ohnmacht, und man
ſagt: Er habe ſich nun ganz verſchoſſen!

Fuͤnftes Probeſtuͤck
eines Candidaten der Froſchmaͤusler-
Geſellſchaft.
Beſtehend in einem buͤndigen Erweiſe des
hohen Vorzugs der Reimſchmiede-Kunſt
und kriechenden Poeſie vor der ſogenann-
ten natuͤrlichen, maͤnnlichen und erhabe-
nen Dichterey.

§ 1. Auf einen unbekannten Feind loszuge-
hen, moͤgte unhoͤflich und gefaͤhrlich ſeyn. Man
muß billig erſt ſeinen Gegner kennen, ehe man
ihn anpacket. Wollte man blindlings drauf
los ſtechen, ohne zu unterſuchen, ob derjenige,
den man vor ſich habe, Freund oder Feind ſey:
So koͤnnte es einem gehen, wie jenem unvor-
ſichtigen Liebhaber. Der wollte ſeine Schoͤne,
von Halle aus, zu Merſeburg beſuchen. Die-
ſe war indeſſen, nebſt ihrem Bruder und Vet-
ter, auf eine Kirmiß gefahren. Da hatte ſich
ihr Bruder einen Rauſch getrunken, und der
Kutſcher war auch beſoffen, daß er ohnweit
Skopa nahe am Waſſer umwirft, daruͤber der
Schoͤnen Bruder ſo en rage koͤmmt, daß er den
Kutſcher toͤdtlich verwundet. Die Schoͤne eilet

in
H 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0127" n="119"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">fu&#x0364;r einen Fro&#x017F;chma&#x0364;usler.</hi></fw><lb/>
wenn er weiter in <hi rendition="#fr">Reimen</hi> mit &#x017F;einem zu &#x017F;tarken<lb/>
Gegner <hi rendition="#fr">anbinden</hi> wollte: So ver&#x017F;inket er ganz<lb/>
natu&#x0364;rlicher Wei&#x017F;e in eine <hi rendition="#fr">Ohnmacht,</hi> und man<lb/>
&#x017F;agt: Er habe &#x017F;ich nun <hi rendition="#fr">ganz ver&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en!</hi></p>
          </div>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Fu&#x0364;nftes Probe&#x017F;tu&#x0364;ck<lb/>
eines Candidaten der Fro&#x017F;chma&#x0364;usler-<lb/>
Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft.</hi> </head><lb/>
        <list>
          <item>Be&#x017F;tehend in einem bu&#x0364;ndigen Erwei&#x017F;e des<lb/>
hohen Vorzugs der Reim&#x017F;chmiede-Kun&#x017F;t<lb/>
und kriechenden Poe&#x017F;ie vor der &#x017F;ogenann-<lb/>
ten natu&#x0364;rlichen, ma&#x0364;nnlichen und erhabe-<lb/>
nen Dichterey.</item>
        </list><lb/>
        <p>§ 1. Auf einen unbekannten Feind loszuge-<lb/>
hen, mo&#x0364;gte unho&#x0364;flich und gefa&#x0364;hrlich &#x017F;eyn. Man<lb/>
muß billig er&#x017F;t &#x017F;einen Gegner <hi rendition="#fr">kennen,</hi> ehe man<lb/>
ihn anpacket. Wollte man blindlings drauf<lb/>
los &#x017F;techen, ohne zu unter&#x017F;uchen, ob derjenige,<lb/>
den man vor &#x017F;ich habe, <hi rendition="#fr">Freund</hi> oder <hi rendition="#fr">Feind</hi> &#x017F;ey:<lb/>
So ko&#x0364;nnte es einem gehen, wie jenem unvor-<lb/>
&#x017F;ichtigen Liebhaber. Der wollte &#x017F;eine Scho&#x0364;ne,<lb/>
von <hi rendition="#fr">Halle</hi> aus, zu <hi rendition="#fr">Mer&#x017F;eburg</hi> be&#x017F;uchen. Die-<lb/>
&#x017F;e war inde&#x017F;&#x017F;en, neb&#x017F;t ihrem Bruder und Vet-<lb/>
ter, auf eine Kirmiß gefahren. Da hatte &#x017F;ich<lb/>
ihr Bruder einen Rau&#x017F;ch getrunken, und der<lb/>
Kut&#x017F;cher war auch be&#x017F;offen, daß er ohnweit<lb/><hi rendition="#fr">Skopa</hi> nahe am Wa&#x017F;&#x017F;er umwirft, daru&#x0364;ber der<lb/>
Scho&#x0364;nen Bruder &#x017F;o <hi rendition="#aq">en rage</hi> ko&#x0364;mmt, daß er den<lb/>
Kut&#x017F;cher to&#x0364;dtlich verwundet. Die Scho&#x0364;ne eilet<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 4</fw><fw place="bottom" type="catch">in</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0127] fuͤr einen Froſchmaͤusler. wenn er weiter in Reimen mit ſeinem zu ſtarken Gegner anbinden wollte: So verſinket er ganz natuͤrlicher Weiſe in eine Ohnmacht, und man ſagt: Er habe ſich nun ganz verſchoſſen! Fuͤnftes Probeſtuͤck eines Candidaten der Froſchmaͤusler- Geſellſchaft. Beſtehend in einem buͤndigen Erweiſe des hohen Vorzugs der Reimſchmiede-Kunſt und kriechenden Poeſie vor der ſogenann- ten natuͤrlichen, maͤnnlichen und erhabe- nen Dichterey. § 1. Auf einen unbekannten Feind loszuge- hen, moͤgte unhoͤflich und gefaͤhrlich ſeyn. Man muß billig erſt ſeinen Gegner kennen, ehe man ihn anpacket. Wollte man blindlings drauf los ſtechen, ohne zu unterſuchen, ob derjenige, den man vor ſich habe, Freund oder Feind ſey: So koͤnnte es einem gehen, wie jenem unvor- ſichtigen Liebhaber. Der wollte ſeine Schoͤne, von Halle aus, zu Merſeburg beſuchen. Die- ſe war indeſſen, nebſt ihrem Bruder und Vet- ter, auf eine Kirmiß gefahren. Da hatte ſich ihr Bruder einen Rauſch getrunken, und der Kutſcher war auch beſoffen, daß er ohnweit Skopa nahe am Waſſer umwirft, daruͤber der Schoͤnen Bruder ſo en rage koͤmmt, daß er den Kutſcher toͤdtlich verwundet. Die Schoͤne eilet in H 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/127
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/127>, abgerufen am 18.12.2024.