Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.Dreyßig Fragestücke Pfütze; Haus, Maus; Sieb, Dieb: Sofüllte ich solche folgendergestalt aus: Lisettgen isset gerne Wurst; Mit Brandtwein stillt sie bloß den Durst; Sie weiß nichts mehr vom Jungfer-Kranz; Sie lobet den Paruken-Schwanz; Sie liebet eine rauche Mütze; Ohnlängst trat sie in eine Pfütze; Jhr Mäulgen ist als wie ein Sieb; Die Liebe ist ihr ärgster Dieb. Eine aus der Gesellschaft aber reimte, großen- Mein Herr! ihr seyd als wie Hans Wurst, Jhr sauft, und stillt nicht meinen Durst; Euch steht nicht der Magister-Kranz; Jhr seyd ein Hündgen ohne Schwanz; Jm Bett seyd ihr wie ein' Schlaf-Mütze; Jhr tretet gern in fremde Pfütze; Der Beutel ist bey euch ein Sieb; Jhr stehlt die Herzen, wie ein Dieb. Das Thema war glücklich durchgeführt; nur 18. Frage. Was fället der Herr Candidat für ein Ur- theil von quodlibetischen Gedichten; und wo sind solche am besten anzubringen? Antwort. Ein Quodlibet ist entweder eine Mischung bekannt
Dreyßig Frageſtuͤcke Pfuͤtze; Haus, Maus; Sieb, Dieb: Sofuͤllte ich ſolche folgendergeſtalt aus: Liſettgen iſſet gerne Wurſt; Mit Brandtwein ſtillt ſie bloß den Durſt; Sie weiß nichts mehr vom Jungfer-Kranz; Sie lobet den Paruken-Schwanz; Sie liebet eine rauche Muͤtze; Ohnlaͤngſt trat ſie in eine Pfuͤtze; Jhr Maͤulgen iſt als wie ein Sieb; Die Liebe iſt ihr aͤrgſter Dieb. Eine aus der Geſellſchaft aber reimte, großen- Mein Herr! ihr ſeyd als wie Hans Wurſt, Jhr ſauft, und ſtillt nicht meinen Durſt; Euch ſteht nicht der Magiſter-Kranz; Jhr ſeyd ein Huͤndgen ohne Schwanz; Jm Bett ſeyd ihr wie ein’ Schlaf-Muͤtze; Jhr tretet gern in fremde Pfuͤtze; Der Beutel iſt bey euch ein Sieb; Jhr ſtehlt die Herzen, wie ein Dieb. Das Thema war gluͤcklich durchgefuͤhrt; nur 18. Frage. Was faͤllet der Herr Candidat fuͤr ein Ur- theil von quodlibetiſchen Gedichten; und wo ſind ſolche am beſten anzubringen? Antwort. Ein Quodlibet iſt entweder eine Miſchung bekannt
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Dreyßig Frageſtuͤcke
Pfuͤtze; Haus, Maus; Sieb, Dieb: So
fuͤllte ich ſolche folgendergeſtalt aus:
Liſettgen iſſet gerne Wurſt;
Mit Brandtwein ſtillt ſie bloß den Durſt;
Sie weiß nichts mehr vom Jungfer-Kranz;
Sie lobet den Paruken-Schwanz;
Sie liebet eine rauche Muͤtze;
Ohnlaͤngſt trat ſie in eine Pfuͤtze;
Jhr Maͤulgen iſt als wie ein Sieb;
Die Liebe iſt ihr aͤrgſter Dieb.
Eine aus der Geſellſchaft aber reimte, großen-
theils auf gut grobſchmiediſch, alſo auf eben
ſolche vorſtehende Reime:
Mein Herr! ihr ſeyd als wie Hans Wurſt,
Jhr ſauft, und ſtillt nicht meinen Durſt;
Euch ſteht nicht der Magiſter-Kranz;
Jhr ſeyd ein Huͤndgen ohne Schwanz;
Jm Bett ſeyd ihr wie ein’ Schlaf-Muͤtze;
Jhr tretet gern in fremde Pfuͤtze;
Der Beutel iſt bey euch ein Sieb;
Jhr ſtehlt die Herzen, wie ein Dieb.
Das Thema war gluͤcklich durchgefuͤhrt; nur
etwas zu plump und zweydeutig, weil es der
Perſon, die es anging, ins Geſichte vorgeleſen
wurde.
18. Frage.
Was faͤllet der Herr Candidat fuͤr ein Ur-
theil von quodlibetiſchen Gedichten; und
wo ſind ſolche am beſten anzubringen?
Antwort.
Ein Quodlibet iſt entweder eine Miſchung
vieler Hiſtoriettgen, da alſo niemand das Ge-
dichte recht verſtehet, als wem die Geſchichten
bekannt
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Zitationshilfe: | Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/106>, abgerufen am 03.03.2025. |