Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853.

Bild:
<< vorherige Seite

fiel aber zuerst die rechten! Mehr Fakten werden sich in
den Fällen ergeben.

III. Das ungleich intensive Auftreten des Reflexes auf beiden
Körperseiten bei doppelseitigen Reflexen.

Sobald die Erregung einer Empfindungsfaser Re¬
flexionen in beiden Körperhälften auslöst
, und zwar
in der Weise
, dass diese Krämpfe auf einer Seite
intensiver und heftiger
, als auf der anderen auftre¬
ten
, so befinden sich die stärker am Reflexe bethei¬
ligten Muskeln auf derjenigen Seite
, welcher auch
die gereizte centripetale Faser angehört
. In den ersten
Stadien des Reflexkrampfes gilt das Gesetz absolut, obgleich
es auch bei lang anhaltender Dauer der Krampf-Neurose im
Allgemeinen bestehen bleibt. Ich sage im Allgemeinen, weil
ich unter den vielen Fällen, die ich studirt habe, eine einzelne
Beobachtung von Parry fand, die Hiergegen einen Widerspruch
enthält, und welche ich meinem Leser der Wahrheit gemäss
mittheile. (Parry, Cases of Tetanus and Rabies Contagiosa.
Bath 1814. p. 5.) Der hier erwähnte Fall von Tetanus war eine
Folge von Zerreissung der Integumente über den Gastrocne¬
mii des linken Beines. Es erfolgten Convulsionen im lin¬
ken
Beine nach dem Gesetze der gleichseitigen Leitung. Indem
der Tetanus allgemein auftrat, wütheten die Krämpfe ausser
dem linken Schenkel noch vorzugsweise in der linken Schul¬
ter. Nachdem die Neurose aber eine Zeitlang gedauert, sprach
sich im rectus abdominis rechterseits an einem Tage ein vor¬
zugsweises Betheiligtsein aus. Das ist indessen auch der ein¬
zige Fall, der mir gegenüber so vielen bekannt ist.

IV. Das Gesetz der intersensitiv- motorischen Bewegung und
Reflex-Irradiation.

Unter Reflex-Irradiation verstehe ich denjenigen Vorgang
in der Nervenphysik, vermöge dessen Reflexionen, welche sich

fiel aber zuerst die rechten! Mehr Fakten werden sich in
den Fällen ergeben.

III. Das ungleich intensive Auftreten des Reflexes auf beiden
Körperseiten bei doppelseitigen Reflexen.

Sobald die Erregung einer Empfindungsfaser Re¬
flexionen in beiden Körperhälften auslöst
, und zwar
in der Weise
, dass diese Krämpfe auf einer Seite
intensiver und heftiger
, als auf der anderen auftre¬
ten
, so befinden sich die stärker am Reflexe bethei¬
ligten Muskeln auf derjenigen Seite
, welcher auch
die gereizte centripetale Faser angehört
. In den ersten
Stadien des Reflexkrampfes gilt das Gesetz absolut, obgleich
es auch bei lang anhaltender Dauer der Krampf-Neurose im
Allgemeinen bestehen bleibt. Ich sage im Allgemeinen, weil
ich unter den vielen Fällen, die ich studirt habe, eine einzelne
Beobachtung von Parry fand, die Hiergegen einen Widerspruch
enthält, und welche ich meinem Leser der Wahrheit gemäss
mittheile. (Parry, Cases of Tetanus and Rabies Contagiosa.
Bath 1814. p. 5.) Der hier erwähnte Fall von Tetanus war eine
Folge von Zerreissung der Integumente über den Gastrocne¬
mii des linken Beines. Es erfolgten Convulsionen im lin¬
ken
Beine nach dem Gesetze der gleichseitigen Leitung. Indem
der Tetanus allgemein auftrat, wütheten die Krämpfe ausser
dem linken Schenkel noch vorzugsweise in der linken Schul¬
ter. Nachdem die Neurose aber eine Zeitlang gedauert, sprach
sich im rectus abdominis rechterseits an einem Tage ein vor¬
zugsweises Betheiligtsein aus. Das ist indessen auch der ein¬
zige Fall, der mir gegenüber so vielen bekannt ist.

IV. Das Gesetz der intersensitiv- motorischen Bewegung und
Reflex-Irradiation.

Unter Reflex-Irradiation verstehe ich denjenigen Vorgang
in der Nervenphysik, vermöge dessen Reflexionen, welche sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0095" n="73"/>
fiel aber zuerst die <hi rendition="#g">rechten</hi>! Mehr Fakten werden sich in<lb/>
den Fällen ergeben.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">III. Das ungleich intensive Auftreten des Reflexes auf beiden<lb/>
Körperseiten bei doppelseitigen Reflexen.</hi><lb/>
            </head>
            <p><hi rendition="#g">Sobald die Erregung einer Empfindungsfaser Re¬<lb/>
flexionen in beiden Körperhälften auslöst</hi>, <hi rendition="#g">und zwar<lb/>
in der Weise</hi>, <hi rendition="#g">dass diese Krämpfe auf einer Seite<lb/>
intensiver und heftiger</hi>, <hi rendition="#g">als auf der anderen auftre¬<lb/>
ten</hi>, <hi rendition="#g">so befinden sich die stärker am Reflexe bethei¬<lb/>
ligten Muskeln auf derjenigen Seite</hi>, <hi rendition="#g">welcher auch<lb/>
die gereizte centripetale Faser angehört</hi>. In den ersten<lb/>
Stadien des Reflexkrampfes gilt das Gesetz absolut, obgleich<lb/>
es auch bei lang anhaltender Dauer der Krampf-Neurose im<lb/>
Allgemeinen bestehen bleibt. Ich sage im <hi rendition="#g">Allgemeinen</hi>, weil<lb/>
ich unter den vielen Fällen, die ich studirt habe, eine einzelne<lb/>
Beobachtung von <hi rendition="#g">Parry</hi> fand, die Hiergegen einen Widerspruch<lb/>
enthält, und welche ich meinem Leser der Wahrheit gemäss<lb/>
mittheile. (<hi rendition="#g">Parry</hi>, Cases of Tetanus and Rabies Contagiosa.<lb/>
Bath 1814. p. 5.) Der hier erwähnte Fall von Tetanus war eine<lb/>
Folge von Zerreissung der Integumente über den Gastrocne¬<lb/>
mii des <hi rendition="#g">linken</hi> Beines. Es erfolgten Convulsionen im <hi rendition="#g">lin¬<lb/>
ken</hi> Beine nach dem Gesetze der gleichseitigen Leitung. Indem<lb/>
der Tetanus allgemein auftrat, wütheten die Krämpfe ausser<lb/>
dem <hi rendition="#g">linken</hi> Schenkel noch vorzugsweise in der <hi rendition="#g">linken</hi> Schul¬<lb/>
ter. Nachdem die Neurose aber eine Zeitlang gedauert, sprach<lb/>
sich im rectus abdominis <hi rendition="#g">rechterseits</hi> an einem Tage ein vor¬<lb/>
zugsweises Betheiligtsein aus. Das ist indessen auch der ein¬<lb/>
zige Fall, der mir gegenüber so vielen bekannt ist.</p><lb/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">IV. Das Gesetz der intersensitiv- motorischen Bewegung und<lb/>
Reflex-Irradiation.</hi><lb/>
            </head>
            <p>Unter Reflex-Irradiation verstehe ich denjenigen Vorgang<lb/>
in der Nervenphysik, vermöge dessen Reflexionen, welche sich<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0095] fiel aber zuerst die rechten! Mehr Fakten werden sich in den Fällen ergeben. III. Das ungleich intensive Auftreten des Reflexes auf beiden Körperseiten bei doppelseitigen Reflexen. Sobald die Erregung einer Empfindungsfaser Re¬ flexionen in beiden Körperhälften auslöst, und zwar in der Weise, dass diese Krämpfe auf einer Seite intensiver und heftiger, als auf der anderen auftre¬ ten, so befinden sich die stärker am Reflexe bethei¬ ligten Muskeln auf derjenigen Seite, welcher auch die gereizte centripetale Faser angehört. In den ersten Stadien des Reflexkrampfes gilt das Gesetz absolut, obgleich es auch bei lang anhaltender Dauer der Krampf-Neurose im Allgemeinen bestehen bleibt. Ich sage im Allgemeinen, weil ich unter den vielen Fällen, die ich studirt habe, eine einzelne Beobachtung von Parry fand, die Hiergegen einen Widerspruch enthält, und welche ich meinem Leser der Wahrheit gemäss mittheile. (Parry, Cases of Tetanus and Rabies Contagiosa. Bath 1814. p. 5.) Der hier erwähnte Fall von Tetanus war eine Folge von Zerreissung der Integumente über den Gastrocne¬ mii des linken Beines. Es erfolgten Convulsionen im lin¬ ken Beine nach dem Gesetze der gleichseitigen Leitung. Indem der Tetanus allgemein auftrat, wütheten die Krämpfe ausser dem linken Schenkel noch vorzugsweise in der linken Schul¬ ter. Nachdem die Neurose aber eine Zeitlang gedauert, sprach sich im rectus abdominis rechterseits an einem Tage ein vor¬ zugsweises Betheiligtsein aus. Das ist indessen auch der ein¬ zige Fall, der mir gegenüber so vielen bekannt ist. IV. Das Gesetz der intersensitiv- motorischen Bewegung und Reflex-Irradiation. Unter Reflex-Irradiation verstehe ich denjenigen Vorgang in der Nervenphysik, vermöge dessen Reflexionen, welche sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/95
Zitationshilfe: Pflüger, Eduard Friedrich Wilhelm: Die sensorischen Functionen des Rückenmarks der Wirbelthiere. Berlin, 1853, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pflueger_rueckenmark_1853/95>, abgerufen am 18.12.2024.