Pfleiderer, Edmund: Kosmopolitismus und Patriotismus. Berlin, 1874.dienstlichkeit beizulegen suchen. Vornehmlich die in jenen Kreisen Ganz dem zur Seite zu stellen ist im Großen gar häufig der Aehnlich, bloß mit viel schwächerer, wo nicht ganz mangeln¬ dienſtlichkeit beizulegen ſuchen. Vornehmlich die in jenen Kreiſen Ganz dem zur Seite zu ſtellen iſt im Großen gar häufig der Aehnlich, bloß mit viel ſchwächerer, wo nicht ganz mangeln¬ <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0024" n="14"/> dienſtlichkeit beizulegen ſuchen. Vornehmlich die in jenen Kreiſen<lb/> viel traktirte „äußere Miſſion“ hat ſolange nur erſt ein zweifel¬<lb/> haftes oder doch ſehr beſchränktes Recht, als die „innere“ noch<lb/> nicht weiter gediehen iſt.</p><lb/> <p>Ganz dem zur Seite zu ſtellen iſt im Großen gar häufig der<lb/> prätenziöſe Kosmopolitismus. Mag der vorübergehende ſtudenti¬<lb/> ſche Frohſinn in heiterer Laune auch einmal ſingen: „Ueberall<lb/> bin ich zu Hauſe, Ueberall bin ich bekannt; Wo mir's gut geht,<lb/> iſt mein Vaterland!“ — das ſpätere und ernſte Leben ſtellt an¬<lb/> dere Forderungen. Beſonders kann es das nicht für zuläſſig er¬<lb/> klären, wenn die Unbefriedigung mit dem Eigenen und Nahen, ſtatt<lb/> Hand zur allmähligen Beſſerung mitanzulegen, ſich mit dem wohl¬<lb/> feilen <choice><sic>Weltbürgertro ſt</sic><corr>Weltbürgertroſt</corr></choice> aus der Enge zieht und in dieſen Flittermantel<lb/> gehüllt die Stürme der Zeit an ſich vorüberbrauſen läßt. Es<lb/> liegt ja auf platter Hand, wie eben unſre deutſchen Geiſtesgrößen<lb/> des vorigen Jahrhunderts in dieſer Weiſe nur aus der Noth der<lb/> Gegenwart eine Tugend machten und in der idealen Flucht zum<lb/> Welt- oder Menſchheitsganzen ſich zu tröſten ſuchten über die er¬<lb/> bärmliche Kleinlichkeit der reellen heimiſchen Zuſtände, die mit der<lb/> Größe ihres eigenen Genius um ſo greller kontraſtirte. Wir füh¬<lb/> len uns von Ferne nicht berufen, deßhalb einen Stein auf die<lb/> ſonſt ſo hellglänzenden Namen des eigenen Volks zu werfen oder<lb/> altklugen Sinnes jene gewaltigen Hero<hi rendition="#aq">ë</hi>n zu tadeln, denen wir ja<lb/> trotzdem ſo unendlich Vieles und Großes auf den mannigfachſten<lb/> Gebieten zu danken haben, ſoweit es ein deutſches Volk gibt.<lb/> Nur ſoviel dürfen wir immerhin aus jenem geſchichtlichen Ver¬<lb/> ſtändniß lernend entnehmen, daß ſelbige Stimmung lange nicht die<lb/> allein geiſteswürdige, modernklaſſiſche und auch für uns noch muſter¬<lb/> gültige ſei, da ſie ja nur als Ausfluß ungeſunder Zuſtände und de߬<lb/> halb peſſimiſtiſcher Verzweiflung an der Wirklichkeit ſich erweiſt.</p><lb/> <p>Aehnlich, bloß mit viel ſchwächerer, wo nicht ganz mangeln¬<lb/></p> </body> </text> </TEI> [14/0024]
dienſtlichkeit beizulegen ſuchen. Vornehmlich die in jenen Kreiſen
viel traktirte „äußere Miſſion“ hat ſolange nur erſt ein zweifel¬
haftes oder doch ſehr beſchränktes Recht, als die „innere“ noch
nicht weiter gediehen iſt.
Ganz dem zur Seite zu ſtellen iſt im Großen gar häufig der
prätenziöſe Kosmopolitismus. Mag der vorübergehende ſtudenti¬
ſche Frohſinn in heiterer Laune auch einmal ſingen: „Ueberall
bin ich zu Hauſe, Ueberall bin ich bekannt; Wo mir's gut geht,
iſt mein Vaterland!“ — das ſpätere und ernſte Leben ſtellt an¬
dere Forderungen. Beſonders kann es das nicht für zuläſſig er¬
klären, wenn die Unbefriedigung mit dem Eigenen und Nahen, ſtatt
Hand zur allmähligen Beſſerung mitanzulegen, ſich mit dem wohl¬
feilen Weltbürgertroſt aus der Enge zieht und in dieſen Flittermantel
gehüllt die Stürme der Zeit an ſich vorüberbrauſen läßt. Es
liegt ja auf platter Hand, wie eben unſre deutſchen Geiſtesgrößen
des vorigen Jahrhunderts in dieſer Weiſe nur aus der Noth der
Gegenwart eine Tugend machten und in der idealen Flucht zum
Welt- oder Menſchheitsganzen ſich zu tröſten ſuchten über die er¬
bärmliche Kleinlichkeit der reellen heimiſchen Zuſtände, die mit der
Größe ihres eigenen Genius um ſo greller kontraſtirte. Wir füh¬
len uns von Ferne nicht berufen, deßhalb einen Stein auf die
ſonſt ſo hellglänzenden Namen des eigenen Volks zu werfen oder
altklugen Sinnes jene gewaltigen Heroën zu tadeln, denen wir ja
trotzdem ſo unendlich Vieles und Großes auf den mannigfachſten
Gebieten zu danken haben, ſoweit es ein deutſches Volk gibt.
Nur ſoviel dürfen wir immerhin aus jenem geſchichtlichen Ver¬
ſtändniß lernend entnehmen, daß ſelbige Stimmung lange nicht die
allein geiſteswürdige, modernklaſſiſche und auch für uns noch muſter¬
gültige ſei, da ſie ja nur als Ausfluß ungeſunder Zuſtände und de߬
halb peſſimiſtiſcher Verzweiflung an der Wirklichkeit ſich erweiſt.
Aehnlich, bloß mit viel ſchwächerer, wo nicht ganz mangeln¬
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