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Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849.

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Mannes und eines Patrioten in Anspruch ninmt; er muß ver-
nünftigen Gründen zugänglich seyn und seine Antipathien, Sympathien
und Vorurtheile verläugnen können.

Fast nur auf solchen Beweggründen aber beruht bei den allermeisten
Gegnern oder Feinden der Hegemonie Preußens ihr Widerspruch. Wenn
die Einheit Deutschlands im Sinne der Totalität, neben der Cen-
tralität, nicht zu erreichen steht, so bleibt nur übrig, die Einheit im
Sinne der Centralität, in möglichster Ausdehnung, zu retten. Oestreich
will in den wahren deutschen Bundesstaat mit Volkshaus nicht eintre-
ten, weil es nicht kann, wie es dieß zuerst, im Programm von Krem-
sier selbst bekannte; die Forderungen, die es stellt, die Bedingungen
seines Eintritts, zerstören das Wesen des Bundesstaats, und darauf wird
Deutschland doch nicht wieder verzichten wollen? Oder doch? Ueberwiegt
der Haß und Neid gegen Preußen so sehr die vielgerühmte Liebe zu
Deutschland, daß man lieber nichts will, als das Gewünschte
aus der Hand Preußens? Wir lachen über den Bauerknaben, welcher
zähnklappernd und heulend vor Frost, sich selbst tröstete: "es geschieht
meinem Vater Recht, daß es seinen Jakob so friert, weil er mir keine
Lederhosen hat machen lassen, und ich die tuchenen nicht anziehe," aber
müßte man nicht lachen und weinen zugleich über einen schadenfrohen
Eigensinn, der einer Antipathie das Heil des Vaterlands aufopferte,
und ausriefe: "Mag Deutschland politisch, ökonomisch und moralisch
untergehen, mag es eine rothe Republik, französisch oder russisch wer-
den, wenn nur Preußen nicht obenan kommt!"

Ist das übertrieben? Leider nein! Aber so häufig man in Süd-
deutschland, in Baiern und auch in Württemberg überall Gelegenheit
hat, Aeußerungen des wüthendsten und offen, ja mit Stolz eingestand-
nen Preußenhasses zu vernehmen: so selten hört man irgend einen stich-
haltigen, durchdachten Vorschlag, was denn nun in Deutschland statt der
preußischen Oberhauptschaft werden solle? -- "Das wird sich zeigen!"
sagt der Eine; "es hat mit der Entscheidung keine Eile! kommt Zeit,
kommt Rath!" der Andere. Die aristokratische und reaktionäre Partei
und manche Katholiken, -- freilich nur Solche, die nach der deutschen
Einheit und Freiheit nie großes Verlangen getragen, -- deuten freude-
strahlend auf Oestreich und dessen zeitweiligen Trabanten, Baiern
hin, -- Baiern, das sich jetzt als der deutscheste Staat geberdet,
obgleich es seit Jahrhunderten mit dem Reichsfeind, Frankreich, fast in
allen Kriegen sich verbündete, das eine ungemeine Zärtlichkeit für
Oestreich an den Tag legt, gegen dessen Verschlingungsgelüste unter
Joseph II. es durch das Schwert und die Energie des preußischen

Mannes und eines Patrioten in Anſpruch ninmt; er muß ver-
nünftigen Gründen zugänglich ſeyn und ſeine Antipathien, Sympathien
und Vorurtheile verläugnen können.

Faſt nur auf ſolchen Beweggründen aber beruht bei den allermeiſten
Gegnern oder Feinden der Hegemonie Preußens ihr Widerſpruch. Wenn
die Einheit Deutſchlands im Sinne der Totalität, neben der Cen-
tralität, nicht zu erreichen ſteht, ſo bleibt nur übrig, die Einheit im
Sinne der Centralität, in möglichſter Ausdehnung, zu retten. Oeſtreich
will in den wahren deutſchen Bundesſtaat mit Volkshaus nicht eintre-
ten, weil es nicht kann, wie es dieß zuerſt, im Programm von Krem-
ſier ſelbſt bekannte; die Forderungen, die es ſtellt, die Bedingungen
ſeines Eintritts, zerſtören das Weſen des Bundesſtaats, und darauf wird
Deutſchland doch nicht wieder verzichten wollen? Oder doch? Ueberwiegt
der Haß und Neid gegen Preußen ſo ſehr die vielgerühmte Liebe zu
Deutſchland, daß man lieber nichts will, als das Gewünſchte
aus der Hand Preußens? Wir lachen über den Bauerknaben, welcher
zähnklappernd und heulend vor Froſt, ſich ſelbſt tröſtete: „es geſchieht
meinem Vater Recht, daß es ſeinen Jakob ſo friert, weil er mir keine
Lederhoſen hat machen laſſen, und ich die tuchenen nicht anziehe,“ aber
müßte man nicht lachen und weinen zugleich über einen ſchadenfrohen
Eigenſinn, der einer Antipathie das Heil des Vaterlands aufopferte,
und ausriefe: „Mag Deutſchland politiſch, ökonomiſch und moraliſch
untergehen, mag es eine rothe Republik, franzöſiſch oder ruſſiſch wer-
den, wenn nur Preußen nicht obenan kommt!“

Iſt das übertrieben? Leider nein! Aber ſo häufig man in Süd-
deutſchland, in Baiern und auch in Württemberg überall Gelegenheit
hat, Aeußerungen des wüthendſten und offen, ja mit Stolz eingeſtand-
nen Preußenhaſſes zu vernehmen: ſo ſelten hört man irgend einen ſtich-
haltigen, durchdachten Vorſchlag, was denn nun in Deutſchland ſtatt der
preußiſchen Oberhauptſchaft werden ſolle? — „Das wird ſich zeigen!“
ſagt der Eine; „es hat mit der Entſcheidung keine Eile! kommt Zeit,
kommt Rath!“ der Andere. Die ariſtokratiſche und reaktionäre Partei
und manche Katholiken, — freilich nur Solche, die nach der deutſchen
Einheit und Freiheit nie großes Verlangen getragen, — deuten freude-
ſtrahlend auf Oeſtreich und deſſen zeitweiligen Trabanten, Baiern
hin, — Baiern, das ſich jetzt als der deutſcheſte Staat geberdet,
obgleich es ſeit Jahrhunderten mit dem Reichsfeind, Frankreich, faſt in
allen Kriegen ſich verbündete, das eine ungemeine Zärtlichkeit für
Oeſtreich an den Tag legt, gegen deſſen Verſchlingungsgelüſte unter
Joſeph II. es durch das Schwert und die Energie des preußiſchen

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Zitationshilfe: Pfizer, Gustav: Die deutsche Einheit und der Preußenhaß. Stuttgart, 1849, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfizer_einheit_1849/19>, abgerufen am 22.11.2024.