Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.des Werthes u. s. w. Mehrere Handwerker, die mit dem Schiffe gekommen waren, wurden mit einem Dienstmädchen in ein und dasselbe Zimmer gewiesen. Die Leute aßen während der ganzen zwölf Tage kein warmes Gericht, sie lebten von Brod, Käs und getrockneten Feigen. Das Mädchen bat mich nach einigen Tagen, sie um Gotteswillen in mein Zimmer aufzunehmen, da sich die Leute nicht anständig gegen sie betrügen. In welcher Lage wäre das arme Mädchen gewesen, wenn sich zufällig keine Frau unter den Reisenden befunden, oder wenn ich sie nicht aufgenommen hätte! Sind solche Einrichtungen öffentlicher Anstalten würdig? -- Können in derlei Anstalten nicht auf Kosten der Regierung einige Gemächer für Arme eingerichtet, kann dem Unbemittelten nicht für billigen Preis ein einfaches warmes Mahl, wenigstens einmal im Tage gereicht werden? Ist der Arme nicht schon genug bestraft, daß er in so langer Zeit nichts verdienen kann, soll er um das schwer Erworbene noch auf so abscheuliche Weise kommen?! Am zweiten Tage wurde der Hof geöffnet und uns erlaubt, in einem umzäumten Gebiete hundert fünfzig Schritte weit an der Meeresküste spazieren zu gehen. Die Aussicht war recht hübsch, die ganze Reihe der Cycladen lag vor uns -- kleine gebirgige Inseln, meist unbewohnt und mitunter bewaldet. Sie mögen einst wohl mit dem Festlande verbunden und durch ein großes Naturereigniß getrennt worden sein. Am vierten Tage wurde unser Käfig noch mehr erweitert, man erlaubte uns unter der Aufsicht eines Wächters einen Spaziergang nach dem kahlen Hügel zu machender des Werthes u. s. w. Mehrere Handwerker, die mit dem Schiffe gekommen waren, wurden mit einem Dienstmädchen in ein und dasselbe Zimmer gewiesen. Die Leute aßen während der ganzen zwölf Tage kein warmes Gericht, sie lebten von Brod, Käs und getrockneten Feigen. Das Mädchen bat mich nach einigen Tagen, sie um Gotteswillen in mein Zimmer aufzunehmen, da sich die Leute nicht anständig gegen sie betrügen. In welcher Lage wäre das arme Mädchen gewesen, wenn sich zufällig keine Frau unter den Reisenden befunden, oder wenn ich sie nicht aufgenommen hätte! Sind solche Einrichtungen öffentlicher Anstalten würdig? — Können in derlei Anstalten nicht auf Kosten der Regierung einige Gemächer für Arme eingerichtet, kann dem Unbemittelten nicht für billigen Preis ein einfaches warmes Mahl, wenigstens einmal im Tage gereicht werden? Ist der Arme nicht schon genug bestraft, daß er in so langer Zeit nichts verdienen kann, soll er um das schwer Erworbene noch auf so abscheuliche Weise kommen?! Am zweiten Tage wurde der Hof geöffnet und uns erlaubt, in einem umzäumten Gebiete hundert fünfzig Schritte weit an der Meeresküste spazieren zu gehen. Die Aussicht war recht hübsch, die ganze Reihe der Cycladen lag vor uns — kleine gebirgige Inseln, meist unbewohnt und mitunter bewaldet. Sie mögen einst wohl mit dem Festlande verbunden und durch ein großes Naturereigniß getrennt worden sein. Am vierten Tage wurde unser Käfig noch mehr erweitert, man erlaubte uns unter der Aufsicht eines Wächters einen Spaziergang nach dem kahlen Hügel zu machender <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0318" n="310"/> des Werthes u. s. w. Mehrere Handwerker, die mit dem Schiffe gekommen waren, wurden mit einem Dienstmädchen in ein und dasselbe Zimmer gewiesen. Die Leute aßen während der ganzen zwölf Tage kein warmes Gericht, sie lebten von Brod, Käs und getrockneten Feigen. Das Mädchen bat mich nach einigen Tagen, sie um Gotteswillen in mein Zimmer aufzunehmen, da sich die Leute nicht anständig gegen sie betrügen.</p> <p>In welcher Lage wäre das arme Mädchen gewesen, wenn sich zufällig keine Frau unter den Reisenden befunden, oder wenn ich sie nicht aufgenommen hätte!</p> <p>Sind solche Einrichtungen öffentlicher Anstalten würdig? — Können in derlei Anstalten nicht auf Kosten der Regierung einige Gemächer für Arme eingerichtet, kann dem Unbemittelten nicht für billigen Preis ein einfaches warmes Mahl, wenigstens einmal im Tage gereicht werden? Ist der Arme nicht schon genug bestraft, daß er in so langer Zeit nichts verdienen kann, soll er um das schwer Erworbene noch auf so abscheuliche Weise kommen?!</p> <p>Am zweiten Tage wurde der Hof geöffnet und uns erlaubt, in einem umzäumten Gebiete hundert fünfzig Schritte weit an der Meeresküste spazieren zu gehen. Die Aussicht war recht hübsch, die ganze Reihe der Cycladen lag vor uns — kleine gebirgige Inseln, meist unbewohnt und mitunter bewaldet. Sie mögen einst wohl mit dem Festlande verbunden und durch ein großes Naturereigniß getrennt worden sein.</p> <p>Am vierten Tage wurde unser Käfig noch mehr erweitert, man erlaubte uns unter der Aufsicht eines Wächters einen Spaziergang nach dem kahlen Hügel zu machender </p> </div> </body> </text> </TEI> [310/0318]
des Werthes u. s. w. Mehrere Handwerker, die mit dem Schiffe gekommen waren, wurden mit einem Dienstmädchen in ein und dasselbe Zimmer gewiesen. Die Leute aßen während der ganzen zwölf Tage kein warmes Gericht, sie lebten von Brod, Käs und getrockneten Feigen. Das Mädchen bat mich nach einigen Tagen, sie um Gotteswillen in mein Zimmer aufzunehmen, da sich die Leute nicht anständig gegen sie betrügen.
In welcher Lage wäre das arme Mädchen gewesen, wenn sich zufällig keine Frau unter den Reisenden befunden, oder wenn ich sie nicht aufgenommen hätte!
Sind solche Einrichtungen öffentlicher Anstalten würdig? — Können in derlei Anstalten nicht auf Kosten der Regierung einige Gemächer für Arme eingerichtet, kann dem Unbemittelten nicht für billigen Preis ein einfaches warmes Mahl, wenigstens einmal im Tage gereicht werden? Ist der Arme nicht schon genug bestraft, daß er in so langer Zeit nichts verdienen kann, soll er um das schwer Erworbene noch auf so abscheuliche Weise kommen?!
Am zweiten Tage wurde der Hof geöffnet und uns erlaubt, in einem umzäumten Gebiete hundert fünfzig Schritte weit an der Meeresküste spazieren zu gehen. Die Aussicht war recht hübsch, die ganze Reihe der Cycladen lag vor uns — kleine gebirgige Inseln, meist unbewohnt und mitunter bewaldet. Sie mögen einst wohl mit dem Festlande verbunden und durch ein großes Naturereigniß getrennt worden sein.
Am vierten Tage wurde unser Käfig noch mehr erweitert, man erlaubte uns unter der Aufsicht eines Wächters einen Spaziergang nach dem kahlen Hügel zu machender
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/318>, abgerufen am 18.07.2024. |