Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.wurden. Man ist gewohnt, die Zahl der Brandstellen nach Tausenden zu rechnen. Das erste Feuer brach des Abends aus, als wir noch bei Tische saßen. Einer der Gäste trug sich an, mich dahin zu begleiten, und meinte, daß mich ein solches Schauspiel, wenn ich es noch nicht gesehen habe, gewiß interessiren würde. Der Schauplatz war ziemlich weit von unserem Hause entfernt; allein wir hatten kaum hundert Schritte gemacht, als wir uns schon in einem großen Gewirre von Menschen befanden, welche alle Papierlaternen*) trugen, wodurch die Gassen hell erleuchtet wurden. Alles schrie und lief wild durcheinander, die Bewohner der Häuser rissen alle Fenster auf, frugen die Vorübereilenden nach dem Grade der Gefahr und starrten mit Angst und Beben nach dem Wiederschein der Flammen an dem Himmel. Dazwischen erscholl das kräftige: "Guarda, Guarda" (aufgeschaut) der Leute, die kleine Feuerspritzen*) und Wasserschläuche auf den Achseln trugen und alles über den Haufen rannten, was nicht schnell bei Seite sprang. Berittenes Militär, Fußsoldaten und Wachen stürmten hinter her, und Pascha's kamen mit ihrem Gefolge geritten, um die Leute zum Löschen und zur Hülfe anzuspornen. *) Constantinopel ist nicht beleuchtet; wer daher ohne Laterne geht, wird als verdächtig angehalten und auf die nächste Wache geführt. *) Da die Straßen Constantinopels enge, voll Löcher und Unebenheiten sind, und man nicht überall mit einem Wagen hingelangen kann, muß man sich mit kleinen Feuerspritzen, die von vier Männern getragen werden, behelfen.
wurden. Man ist gewohnt, die Zahl der Brandstellen nach Tausenden zu rechnen. Das erste Feuer brach des Abends aus, als wir noch bei Tische saßen. Einer der Gäste trug sich an, mich dahin zu begleiten, und meinte, daß mich ein solches Schauspiel, wenn ich es noch nicht gesehen habe, gewiß interessiren würde. Der Schauplatz war ziemlich weit von unserem Hause entfernt; allein wir hatten kaum hundert Schritte gemacht, als wir uns schon in einem großen Gewirre von Menschen befanden, welche alle Papierlaternen*) trugen, wodurch die Gassen hell erleuchtet wurden. Alles schrie und lief wild durcheinander, die Bewohner der Häuser rissen alle Fenster auf, frugen die Vorübereilenden nach dem Grade der Gefahr und starrten mit Angst und Beben nach dem Wiederschein der Flammen an dem Himmel. Dazwischen erscholl das kräftige: „Guarda, Guarda“ (aufgeschaut) der Leute, die kleine Feuerspritzen*) und Wasserschläuche auf den Achseln trugen und alles über den Haufen rannten, was nicht schnell bei Seite sprang. Berittenes Militär, Fußsoldaten und Wachen stürmten hinter her, und Pascha’s kamen mit ihrem Gefolge geritten, um die Leute zum Löschen und zur Hülfe anzuspornen. *) Constantinopel ist nicht beleuchtet; wer daher ohne Laterne geht, wird als verdächtig angehalten und auf die nächste Wache geführt. *) Da die Straßen Constantinopels enge, voll Löcher und Unebenheiten sind, und man nicht überall mit einem Wagen hingelangen kann, muß man sich mit kleinen Feuerspritzen, die von vier Männern getragen werden, behelfen.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0314" n="306"/> wurden. Man ist gewohnt, die Zahl der Brandstellen nach Tausenden zu rechnen.</p> <p>Das erste Feuer brach des Abends aus, als wir noch bei Tische saßen. Einer der Gäste trug sich an, mich dahin zu begleiten, und meinte, daß mich ein solches Schauspiel, wenn ich es noch nicht gesehen habe, gewiß interessiren würde. Der Schauplatz war ziemlich weit von unserem Hause entfernt; allein wir hatten kaum hundert Schritte gemacht, als wir uns schon in einem großen Gewirre von Menschen befanden, welche alle Papierlaternen<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Constantinopel</hi> ist nicht beleuchtet; wer daher ohne Laterne geht, wird als verdächtig angehalten und auf die nächste Wache geführt.</note> trugen, wodurch die Gassen hell erleuchtet wurden. Alles schrie und lief wild durcheinander, die Bewohner der Häuser rissen alle Fenster auf, frugen die Vorübereilenden nach dem Grade der Gefahr und starrten mit Angst und Beben nach dem Wiederschein der Flammen an dem Himmel. Dazwischen erscholl das kräftige: „<hi rendition="#aq">Guarda, Guarda</hi>“ (aufgeschaut) der Leute, die kleine Feuerspritzen<note place="foot" n="*)">Da die Straßen <hi rendition="#aq">Constantinopels</hi> enge, voll Löcher und Unebenheiten sind, und man nicht überall mit einem Wagen hingelangen kann, muß man sich mit kleinen Feuerspritzen, die von vier Männern getragen werden, behelfen.</note> und Wasserschläuche auf den Achseln trugen und alles über den Haufen rannten, was nicht schnell bei Seite sprang. Berittenes Militär, Fußsoldaten und Wachen stürmten hinter her, und Pascha’s kamen mit ihrem Gefolge geritten, um die Leute zum Löschen und zur Hülfe anzuspornen. </p> </div> </body> </text> </TEI> [306/0314]
wurden. Man ist gewohnt, die Zahl der Brandstellen nach Tausenden zu rechnen.
Das erste Feuer brach des Abends aus, als wir noch bei Tische saßen. Einer der Gäste trug sich an, mich dahin zu begleiten, und meinte, daß mich ein solches Schauspiel, wenn ich es noch nicht gesehen habe, gewiß interessiren würde. Der Schauplatz war ziemlich weit von unserem Hause entfernt; allein wir hatten kaum hundert Schritte gemacht, als wir uns schon in einem großen Gewirre von Menschen befanden, welche alle Papierlaternen *) trugen, wodurch die Gassen hell erleuchtet wurden. Alles schrie und lief wild durcheinander, die Bewohner der Häuser rissen alle Fenster auf, frugen die Vorübereilenden nach dem Grade der Gefahr und starrten mit Angst und Beben nach dem Wiederschein der Flammen an dem Himmel. Dazwischen erscholl das kräftige: „Guarda, Guarda“ (aufgeschaut) der Leute, die kleine Feuerspritzen *) und Wasserschläuche auf den Achseln trugen und alles über den Haufen rannten, was nicht schnell bei Seite sprang. Berittenes Militär, Fußsoldaten und Wachen stürmten hinter her, und Pascha’s kamen mit ihrem Gefolge geritten, um die Leute zum Löschen und zur Hülfe anzuspornen.
*) Constantinopel ist nicht beleuchtet; wer daher ohne Laterne geht, wird als verdächtig angehalten und auf die nächste Wache geführt.
*) Da die Straßen Constantinopels enge, voll Löcher und Unebenheiten sind, und man nicht überall mit einem Wagen hingelangen kann, muß man sich mit kleinen Feuerspritzen, die von vier Männern getragen werden, behelfen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie: A digital library of works by german-speaking women: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |