Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.Odessaan. Die Stadt präsentirt sich von der Wasserseite sehr schön. Sie liegt hoch, und man kann daher mit einem Blicke viele der großen, wahrhaft schönen Gebäude übersehen. Zu diesen gehören vorzüglich der Palast des Fürsten Woronzoff, die Börse, das Gouvernements-Gebäude, mehrere große Kasernen, die Quarantaine und viele große prächtige Privathäuser. Obwohl die Umgebung flach und öde ist, geben doch die vielen Gärten und Aleen der Stadt einen freundlichen Anstrich. In dem Hafen sah ich einen wahren Wald von Masten. Dabei liegt der bei weitem größere Theil der Schiffe nicht einmal hier, sondern in dem Quarantaine-Hafen. Die meisten Schiffe kommen nämlich von der türkischen Seite, und für die türkischen Länder ist stets eine vierzehntägige Quarantaine vorgeschrieben, es mag da eine ansteckende Krankheit herrschen oder nicht. Odessa, die Hauptstadt des Gouvernements Cherson, ist durch die Lage am schwarzen Meere und an den Mündungen des Dniestr und des Dniepr eine der wichtigsten Handelsstädte Süd-Rußlands. Die Stadt zählt 80,000 Einwohner, wurde im Jahre 1794 gegründet und im Jahre 1817 zum Freihafen erklärt. Eine schöne Citadelle beherrscht den Hafen vollkommen. Das meiste Verdienst an dem Aufblühen und Emporkommen Odessa's hat der Herzog von Richelieu, der, nachdem er mehrere Feldzüge gegen sein Vaterland (Frankreich) im Emigranten-Corps mitgemacht hatte, nach Rußland ging und im Jahre 1803 zum General-Gouverneur des Gouvernements Cherson ernannt wurde. Er bekleidete diesen Posten bis zum Jahre 1814, in welcher Zeit er die Odessaan. Die Stadt präsentirt sich von der Wasserseite sehr schön. Sie liegt hoch, und man kann daher mit einem Blicke viele der großen, wahrhaft schönen Gebäude übersehen. Zu diesen gehören vorzüglich der Palast des Fürsten Woronzoff, die Börse, das Gouvernements-Gebäude, mehrere große Kasernen, die Quarantaine und viele große prächtige Privathäuser. Obwohl die Umgebung flach und öde ist, geben doch die vielen Gärten und Aleen der Stadt einen freundlichen Anstrich. In dem Hafen sah ich einen wahren Wald von Masten. Dabei liegt der bei weitem größere Theil der Schiffe nicht einmal hier, sondern in dem Quarantaine-Hafen. Die meisten Schiffe kommen nämlich von der türkischen Seite, und für die türkischen Länder ist stets eine vierzehntägige Quarantaine vorgeschrieben, es mag da eine ansteckende Krankheit herrschen oder nicht. Odessa, die Hauptstadt des Gouvernements Cherson, ist durch die Lage am schwarzen Meere und an den Mündungen des Dniestr und des Dniepr eine der wichtigsten Handelsstädte Süd-Rußlands. Die Stadt zählt 80,000 Einwohner, wurde im Jahre 1794 gegründet und im Jahre 1817 zum Freihafen erklärt. Eine schöne Citadelle beherrscht den Hafen vollkommen. Das meiste Verdienst an dem Aufblühen und Emporkommen Odessa’s hat der Herzog von Richelieu, der, nachdem er mehrere Feldzüge gegen sein Vaterland (Frankreich) im Emigranten-Corps mitgemacht hatte, nach Rußland ging und im Jahre 1803 zum General-Gouverneur des Gouvernements Cherson ernannt wurde. Er bekleidete diesen Posten bis zum Jahre 1814, in welcher Zeit er die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0307" n="299"/><hi rendition="#aq">Odessa</hi>an. Die Stadt präsentirt sich von der Wasserseite sehr schön. Sie liegt hoch, und man kann daher mit einem Blicke viele der großen, wahrhaft schönen Gebäude übersehen. Zu diesen gehören vorzüglich der Palast des Fürsten Woronzoff, die Börse, das Gouvernements-Gebäude, mehrere große Kasernen, die Quarantaine und viele große prächtige Privathäuser. Obwohl die Umgebung flach und öde ist, geben doch die vielen Gärten und Aleen der Stadt einen freundlichen Anstrich. In dem Hafen sah ich einen wahren Wald von Masten. Dabei liegt der bei weitem größere Theil der Schiffe nicht einmal hier, sondern in dem Quarantaine-Hafen. Die meisten Schiffe kommen nämlich von der türkischen Seite, und für die türkischen Länder ist stets eine vierzehntägige Quarantaine vorgeschrieben, es mag da eine ansteckende Krankheit herrschen oder nicht.</p> <p><hi rendition="#aq">Odessa</hi>, die Hauptstadt des Gouvernements Cherson, ist durch die Lage am schwarzen Meere und an den Mündungen des Dniestr und des Dniepr eine der wichtigsten Handelsstädte Süd-Rußlands. Die Stadt zählt 80,000 Einwohner, wurde im Jahre 1794 gegründet und im Jahre 1817 zum Freihafen erklärt. Eine schöne Citadelle beherrscht den Hafen vollkommen.</p> <p>Das meiste Verdienst an dem Aufblühen und Emporkommen <hi rendition="#aq">Odessa’s</hi> hat der Herzog von <hi rendition="#aq">Richelieu</hi>, der, nachdem er mehrere Feldzüge gegen sein Vaterland (Frankreich) im Emigranten-Corps mitgemacht hatte, nach Rußland ging und im Jahre 1803 zum General-Gouverneur des Gouvernements Cherson ernannt wurde. Er bekleidete diesen Posten bis zum Jahre 1814, in welcher Zeit er die </p> </div> </body> </text> </TEI> [299/0307]
Odessaan. Die Stadt präsentirt sich von der Wasserseite sehr schön. Sie liegt hoch, und man kann daher mit einem Blicke viele der großen, wahrhaft schönen Gebäude übersehen. Zu diesen gehören vorzüglich der Palast des Fürsten Woronzoff, die Börse, das Gouvernements-Gebäude, mehrere große Kasernen, die Quarantaine und viele große prächtige Privathäuser. Obwohl die Umgebung flach und öde ist, geben doch die vielen Gärten und Aleen der Stadt einen freundlichen Anstrich. In dem Hafen sah ich einen wahren Wald von Masten. Dabei liegt der bei weitem größere Theil der Schiffe nicht einmal hier, sondern in dem Quarantaine-Hafen. Die meisten Schiffe kommen nämlich von der türkischen Seite, und für die türkischen Länder ist stets eine vierzehntägige Quarantaine vorgeschrieben, es mag da eine ansteckende Krankheit herrschen oder nicht.
Odessa, die Hauptstadt des Gouvernements Cherson, ist durch die Lage am schwarzen Meere und an den Mündungen des Dniestr und des Dniepr eine der wichtigsten Handelsstädte Süd-Rußlands. Die Stadt zählt 80,000 Einwohner, wurde im Jahre 1794 gegründet und im Jahre 1817 zum Freihafen erklärt. Eine schöne Citadelle beherrscht den Hafen vollkommen.
Das meiste Verdienst an dem Aufblühen und Emporkommen Odessa’s hat der Herzog von Richelieu, der, nachdem er mehrere Feldzüge gegen sein Vaterland (Frankreich) im Emigranten-Corps mitgemacht hatte, nach Rußland ging und im Jahre 1803 zum General-Gouverneur des Gouvernements Cherson ernannt wurde. Er bekleidete diesen Posten bis zum Jahre 1814, in welcher Zeit er die
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/307>, abgerufen am 17.07.2024. |