Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.
13. September. Der Wind hatte sich gelegt, wir konnten uns furchtlos dem Meere anvertrauen, auf welchem wir uns einige Stunden schaukeln mußten, um vor dem Hauptarme des Ribons in den Seitenarm zu kommen, an welchem Redutkale liegt. Es führt zwar ein Kanal vom Haupt- in den Nebenfluß, allein man kann ihn nur bei sehr hohen Wasserstand befahren, da er hoch versandet ist. Auch in Redutkale nahm mich ein spekulirende Kosakenwirth auf, der drei Kämmerchen für Gäste hielt. Nach russischem Kalender war heute der letzte August, am 1. September sollte das Dampfschiff ankommen das nach zweistündigem Aufenthalte wieder absegelt. Ich eilte daher sogleich zum Kommandanten des Städtchens um den Paß visiren zu lassen und um Aufnahme auf das Schiff zu bitten. Jeden Monat zweimal, am 1. und 13. fahren Krondampfschiffe von Redutkale über Kertsch bis Odessa, -- Gelegenheiten mit Segelschiffen gehören zu den Seltenheiten. Diese Krondampfschiffe halten sich beständig der Küste nahe, sie berühren achtzehn Stationen (Festungen und Militärplätze), besorgen Militär Transporte aller Art und nehmen jeden Reisenden und entgeldlich mit. Er hat weder für sich noch sein Gepäcke das geringste zu bezahlen, muß aber freilich mit dem Deckplatze vorlieb nehmen; der Kajüten sind nur wenige, und diese gehören für das Schiffspersonale und für vornehme Offiziere, die häufig von einer Station zur andern fahren. Plätze gegen Bezahlung gibt es nicht. Der Kommandant fertigte Paß und Schein sogleich aus. Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit 13. September. Der Wind hatte sich gelegt, wir konnten uns furchtlos dem Meere anvertrauen, auf welchem wir uns einige Stunden schaukeln mußten, um vor dem Hauptarme des Ribons in den Seitenarm zu kommen, an welchem Redutkale liegt. Es führt zwar ein Kanal vom Haupt- in den Nebenfluß, allein man kann ihn nur bei sehr hohen Wasserstand befahren, da er hoch versandet ist. Auch in Redutkale nahm mich ein spekulirende Kosakenwirth auf, der drei Kämmerchen für Gäste hielt. Nach russischem Kalender war heute der letzte August, am 1. September sollte das Dampfschiff ankommen das nach zweistündigem Aufenthalte wieder absegelt. Ich eilte daher sogleich zum Kommandanten des Städtchens um den Paß visiren zu lassen und um Aufnahme auf das Schiff zu bitten. Jeden Monat zweimal, am 1. und 13. fahren Krondampfschiffe von Redutkale über Kertsch bis Odessa, — Gelegenheiten mit Segelschiffen gehören zu den Seltenheiten. Diese Krondampfschiffe halten sich beständig der Küste nahe, sie berühren achtzehn Stationen (Festungen und Militärplätze), besorgen Militär Transporte aller Art und nehmen jeden Reisenden und entgeldlich mit. Er hat weder für sich noch sein Gepäcke das geringste zu bezahlen, muß aber freilich mit dem Deckplatze vorlieb nehmen; der Kajüten sind nur wenige, und diese gehören für das Schiffspersonale und für vornehme Offiziere, die häufig von einer Station zur andern fahren. Plätze gegen Bezahlung gibt es nicht. Der Kommandant fertigte Paß und Schein sogleich aus. Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0283" n="275"/> <p>13. September. Der Wind hatte sich gelegt, wir konnten uns furchtlos dem Meere anvertrauen, auf welchem wir uns einige Stunden schaukeln mußten, um vor dem Hauptarme des Ribons in den Seitenarm zu kommen, an welchem <hi rendition="#aq">Redutkale</hi> liegt. Es führt zwar ein Kanal vom Haupt- in den Nebenfluß, allein man kann ihn nur bei sehr hohen Wasserstand befahren, da er hoch versandet ist.</p> <p>Auch in <hi rendition="#aq">Redutkale</hi> nahm mich ein spekulirende Kosakenwirth auf, der drei Kämmerchen für Gäste hielt.</p> <p>Nach russischem Kalender war heute der letzte August, am 1. September sollte das Dampfschiff ankommen das nach zweistündigem Aufenthalte wieder absegelt. Ich eilte daher sogleich zum Kommandanten des Städtchens um den Paß visiren zu lassen und um Aufnahme auf das Schiff zu bitten. Jeden Monat zweimal, am 1. und 13. fahren Krondampfschiffe von <hi rendition="#aq">Redutkale</hi> über <hi rendition="#aq">Kertsch</hi> bis <hi rendition="#aq">Odessa</hi>, — Gelegenheiten mit Segelschiffen gehören zu den Seltenheiten. Diese Krondampfschiffe halten sich beständig der Küste nahe, sie berühren achtzehn Stationen (Festungen und Militärplätze), besorgen Militär Transporte aller Art und nehmen jeden Reisenden und entgeldlich mit. Er hat weder für sich noch sein Gepäcke das geringste zu bezahlen, muß aber freilich mit dem Deckplatze vorlieb nehmen; der Kajüten sind nur wenige, und diese gehören für das Schiffspersonale und für vornehme Offiziere, die häufig von einer Station zur andern fahren. Plätze gegen Bezahlung gibt es nicht.</p> <p>Der Kommandant fertigte Paß und Schein sogleich aus. Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit </p> </div> </body> </text> </TEI> [275/0283]
13. September. Der Wind hatte sich gelegt, wir konnten uns furchtlos dem Meere anvertrauen, auf welchem wir uns einige Stunden schaukeln mußten, um vor dem Hauptarme des Ribons in den Seitenarm zu kommen, an welchem Redutkale liegt. Es führt zwar ein Kanal vom Haupt- in den Nebenfluß, allein man kann ihn nur bei sehr hohen Wasserstand befahren, da er hoch versandet ist.
Auch in Redutkale nahm mich ein spekulirende Kosakenwirth auf, der drei Kämmerchen für Gäste hielt.
Nach russischem Kalender war heute der letzte August, am 1. September sollte das Dampfschiff ankommen das nach zweistündigem Aufenthalte wieder absegelt. Ich eilte daher sogleich zum Kommandanten des Städtchens um den Paß visiren zu lassen und um Aufnahme auf das Schiff zu bitten. Jeden Monat zweimal, am 1. und 13. fahren Krondampfschiffe von Redutkale über Kertsch bis Odessa, — Gelegenheiten mit Segelschiffen gehören zu den Seltenheiten. Diese Krondampfschiffe halten sich beständig der Küste nahe, sie berühren achtzehn Stationen (Festungen und Militärplätze), besorgen Militär Transporte aller Art und nehmen jeden Reisenden und entgeldlich mit. Er hat weder für sich noch sein Gepäcke das geringste zu bezahlen, muß aber freilich mit dem Deckplatze vorlieb nehmen; der Kajüten sind nur wenige, und diese gehören für das Schiffspersonale und für vornehme Offiziere, die häufig von einer Station zur andern fahren. Plätze gegen Bezahlung gibt es nicht.
Der Kommandant fertigte Paß und Schein sogleich aus. Ich kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit
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| Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/283>, abgerufen am 22.11.2024. |
