Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.nach dem Oertchen Marand zu machen, das am Flusse Ribon liegt, und allwo man den Postkarren mit einem Boote verwechselt um nach Redutkale am schwarzen Meere zu fahren. Die erste Station geht größtentheils durch schöne Waldungen, die zweite bietet freie Aussichten über Feld und Wiesen; Häuser und Hütten sind ganz hinter Gebüsch und Bäumen verborgen. Es begegneten uns viele Bauern, die, wenn sie auch nur einige Hühner, Eier, Früchte u. s. w. zum Verkaufe nach der Stadt brachten, zu Pferde waren. -- An Gras und Weide fehlte es nicht und folglich auch nicht an Hornvieh und Pferden. In Marand stieg ich, in Ermanglung eines Gasthauses, bei einem Kosaken ab. Diese Leute, die zugleich als Kolonisten hier leben, haben niedliche, hölzerne Häuschen von zwei bis drei Kammern, und ein Stück Land, das sie als Feld und Garten benützen. Einige unter ihnen nehmen Reisende auf und wissen für das wenige und erbärmliche, das sie bieten, hinlänglich zu verlangen. Für ein schmutziges Kämmerchen ohne Bett zahlte ich 20 Kop. Slb., für ein Hühnchen eben so viel. Weiter bekam ich nichts, da die Leute zu faul sind, etwas zu holen. Wenn ich Brot, Milch oder sonst etwas benöthigte, was meine Hausleute nicht hatten, konnte ich es mir selbst suchen; sie machen, wie gesagt, höchstens für einen Offizier oder Beamten einen Gang. Ich hatte Tiflis am 5. Sept. des Nachmittags um drei Uhr verlassen, und kam hier am 9. September des Abends an, fünf Tage, um 274 Werste (39 deutsche Meilen) nach dem Oertchen Marand zu machen, das am Flusse Ribon liegt, und allwo man den Postkarren mit einem Boote verwechselt um nach Redutkale am schwarzen Meere zu fahren. Die erste Station geht größtentheils durch schöne Waldungen, die zweite bietet freie Aussichten über Feld und Wiesen; Häuser und Hütten sind ganz hinter Gebüsch und Bäumen verborgen. Es begegneten uns viele Bauern, die, wenn sie auch nur einige Hühner, Eier, Früchte u. s. w. zum Verkaufe nach der Stadt brachten, zu Pferde waren. — An Gras und Weide fehlte es nicht und folglich auch nicht an Hornvieh und Pferden. In Marand stieg ich, in Ermanglung eines Gasthauses, bei einem Kosaken ab. Diese Leute, die zugleich als Kolonisten hier leben, haben niedliche, hölzerne Häuschen von zwei bis drei Kammern, und ein Stück Land, das sie als Feld und Garten benützen. Einige unter ihnen nehmen Reisende auf und wissen für das wenige und erbärmliche, das sie bieten, hinlänglich zu verlangen. Für ein schmutziges Kämmerchen ohne Bett zahlte ich 20 Kop. Slb., für ein Hühnchen eben so viel. Weiter bekam ich nichts, da die Leute zu faul sind, etwas zu holen. Wenn ich Brot, Milch oder sonst etwas benöthigte, was meine Hausleute nicht hatten, konnte ich es mir selbst suchen; sie machen, wie gesagt, höchstens für einen Offizier oder Beamten einen Gang. Ich hatte Tiflis am 5. Sept. des Nachmittags um drei Uhr verlassen, und kam hier am 9. September des Abends an, fünf Tage, um 274 Werste (39 deutsche Meilen) <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0281" n="273"/> nach dem Oertchen <hi rendition="#aq">Marand</hi> zu machen, das am Flusse Ribon liegt, und allwo man den Postkarren mit einem Boote verwechselt um nach <hi rendition="#aq">Redutkale</hi> am schwarzen Meere zu fahren.</p> <p>Die erste Station geht größtentheils durch schöne Waldungen, die zweite bietet freie Aussichten über Feld und Wiesen; Häuser und Hütten sind ganz hinter Gebüsch und Bäumen verborgen. Es begegneten uns viele Bauern, die, wenn sie auch nur einige Hühner, Eier, Früchte u. s. w. zum Verkaufe nach der Stadt brachten, zu Pferde waren. — An Gras und Weide fehlte es nicht und folglich auch nicht an Hornvieh und Pferden.</p> <p>In <hi rendition="#aq">Marand</hi> stieg ich, in Ermanglung eines Gasthauses, bei einem Kosaken ab. Diese Leute, die zugleich als Kolonisten hier leben, haben niedliche, hölzerne Häuschen von zwei bis drei Kammern, und ein Stück Land, das sie als Feld und Garten benützen. Einige unter ihnen nehmen Reisende auf und wissen für das wenige und erbärmliche, das sie bieten, hinlänglich zu verlangen. Für ein schmutziges Kämmerchen ohne Bett zahlte ich 20 Kop. Slb., für ein Hühnchen eben so viel. Weiter bekam ich nichts, da die Leute zu faul sind, etwas zu holen. Wenn ich Brot, Milch oder sonst etwas benöthigte, was meine Hausleute nicht hatten, konnte ich es mir selbst suchen; sie machen, wie gesagt, höchstens für einen Offizier oder Beamten einen Gang.</p> <p>Ich hatte <hi rendition="#aq">Tiflis</hi> am 5. Sept. des Nachmittags um drei Uhr verlassen, und kam hier am 9. September des Abends an, fünf Tage, um 274 Werste (39 deutsche Meilen) </p> </div> </body> </text> </TEI> [273/0281]
nach dem Oertchen Marand zu machen, das am Flusse Ribon liegt, und allwo man den Postkarren mit einem Boote verwechselt um nach Redutkale am schwarzen Meere zu fahren.
Die erste Station geht größtentheils durch schöne Waldungen, die zweite bietet freie Aussichten über Feld und Wiesen; Häuser und Hütten sind ganz hinter Gebüsch und Bäumen verborgen. Es begegneten uns viele Bauern, die, wenn sie auch nur einige Hühner, Eier, Früchte u. s. w. zum Verkaufe nach der Stadt brachten, zu Pferde waren. — An Gras und Weide fehlte es nicht und folglich auch nicht an Hornvieh und Pferden.
In Marand stieg ich, in Ermanglung eines Gasthauses, bei einem Kosaken ab. Diese Leute, die zugleich als Kolonisten hier leben, haben niedliche, hölzerne Häuschen von zwei bis drei Kammern, und ein Stück Land, das sie als Feld und Garten benützen. Einige unter ihnen nehmen Reisende auf und wissen für das wenige und erbärmliche, das sie bieten, hinlänglich zu verlangen. Für ein schmutziges Kämmerchen ohne Bett zahlte ich 20 Kop. Slb., für ein Hühnchen eben so viel. Weiter bekam ich nichts, da die Leute zu faul sind, etwas zu holen. Wenn ich Brot, Milch oder sonst etwas benöthigte, was meine Hausleute nicht hatten, konnte ich es mir selbst suchen; sie machen, wie gesagt, höchstens für einen Offizier oder Beamten einen Gang.
Ich hatte Tiflis am 5. Sept. des Nachmittags um drei Uhr verlassen, und kam hier am 9. September des Abends an, fünf Tage, um 274 Werste (39 deutsche Meilen)
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/281>, abgerufen am 16.02.2025. |