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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

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Mein Besuch war angesagt gewesen. Ich fand eine große Gesellschaft von Frauen und Mädchen vereint, die wohl die Neugierde, eine Europäerin zu sehen, herbei gelockt haben mochte. Ihre Kleidung war kostbar wie jene der Prinzessin, nur fehlte der ausgesuchte Schmuck. Es gab unter ihnen mehrere Schönheiten; doch auch sie hatten etwas zu breite Stirnen und zu starke Backenknochen. Das reizendste an den Perserinnen sind die Augen, die sich sowohl durch Größe als auch durch schöne Form und Lebhaftigkeit des Ausdrucks auszeichnen. An Malereien der Haut und Augenhaare fehlte es natürlich nicht.

Dieser Frauenkreis war der angenehmste und feinste von allen, die ich bis jetzt in orientalischen Häusern gefunden hatte. Mit der Frau vom Hause konnte ich mich mit Hülfe ihres achtzehnjährigen Sohnes, der eine ausgezeichnete Erziehung in Constantinopel genossen hatte, in französischer Sprache unterhalten. Nicht nur der Sohn, sondern auch die Mutter und die andern Frauen waren belesen und unterrichtet. Dr. Casolani versicherte mir übrigens, daß die Mädchen der reichen Familien fast alle lesen und schreiben können, -- sie sind hierin den Türken weit voraus.

Die Hausfrau, deren Sohn und ich saßen auf Stühlen, die übrigen kauerten auf den Teppichen um uns herum. Ein Tisch, der erste den ich in einem persischen Hause gewahrte, wurde mit einem schönen Tuche überdeckt und voll der prächtigsten Früchte, Näschereien und Scherbets gestellt. Die Näschereien und Scherbets hatte die Hausfrau selbst verfertiget; unter den Süßigkeiten gab es verzuckerte

Mein Besuch war angesagt gewesen. Ich fand eine große Gesellschaft von Frauen und Mädchen vereint, die wohl die Neugierde, eine Europäerin zu sehen, herbei gelockt haben mochte. Ihre Kleidung war kostbar wie jene der Prinzessin, nur fehlte der ausgesuchte Schmuck. Es gab unter ihnen mehrere Schönheiten; doch auch sie hatten etwas zu breite Stirnen und zu starke Backenknochen. Das reizendste an den Perserinnen sind die Augen, die sich sowohl durch Größe als auch durch schöne Form und Lebhaftigkeit des Ausdrucks auszeichnen. An Malereien der Haut und Augenhaare fehlte es natürlich nicht.

Dieser Frauenkreis war der angenehmste und feinste von allen, die ich bis jetzt in orientalischen Häusern gefunden hatte. Mit der Frau vom Hause konnte ich mich mit Hülfe ihres achtzehnjährigen Sohnes, der eine ausgezeichnete Erziehung in Constantinopel genossen hatte, in französischer Sprache unterhalten. Nicht nur der Sohn, sondern auch die Mutter und die andern Frauen waren belesen und unterrichtet. Dr. Casolani versicherte mir übrigens, daß die Mädchen der reichen Familien fast alle lesen und schreiben können, — sie sind hierin den Türken weit voraus.

Die Hausfrau, deren Sohn und ich saßen auf Stühlen, die übrigen kauerten auf den Teppichen um uns herum. Ein Tisch, der erste den ich in einem persischen Hause gewahrte, wurde mit einem schönen Tuche überdeckt und voll der prächtigsten Früchte, Näschereien und Scherbets gestellt. Die Näschereien und Scherbets hatte die Hausfrau selbst verfertiget; unter den Süßigkeiten gab es verzuckerte

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[235/0243] Mein Besuch war angesagt gewesen. Ich fand eine große Gesellschaft von Frauen und Mädchen vereint, die wohl die Neugierde, eine Europäerin zu sehen, herbei gelockt haben mochte. Ihre Kleidung war kostbar wie jene der Prinzessin, nur fehlte der ausgesuchte Schmuck. Es gab unter ihnen mehrere Schönheiten; doch auch sie hatten etwas zu breite Stirnen und zu starke Backenknochen. Das reizendste an den Perserinnen sind die Augen, die sich sowohl durch Größe als auch durch schöne Form und Lebhaftigkeit des Ausdrucks auszeichnen. An Malereien der Haut und Augenhaare fehlte es natürlich nicht. Dieser Frauenkreis war der angenehmste und feinste von allen, die ich bis jetzt in orientalischen Häusern gefunden hatte. Mit der Frau vom Hause konnte ich mich mit Hülfe ihres achtzehnjährigen Sohnes, der eine ausgezeichnete Erziehung in Constantinopel genossen hatte, in französischer Sprache unterhalten. Nicht nur der Sohn, sondern auch die Mutter und die andern Frauen waren belesen und unterrichtet. Dr. Casolani versicherte mir übrigens, daß die Mädchen der reichen Familien fast alle lesen und schreiben können, — sie sind hierin den Türken weit voraus. Die Hausfrau, deren Sohn und ich saßen auf Stühlen, die übrigen kauerten auf den Teppichen um uns herum. Ein Tisch, der erste den ich in einem persischen Hause gewahrte, wurde mit einem schönen Tuche überdeckt und voll der prächtigsten Früchte, Näschereien und Scherbets gestellt. Die Näschereien und Scherbets hatte die Hausfrau selbst verfertiget; unter den Süßigkeiten gab es verzuckerte

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/243>, abgerufen am 27.11.2024.