Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.schon lange zu kämpfen bis er diese angeborne Furcht bewältigt. Die Missionäre sagen, daß sie mit diesem Nimbus erscheinen müssen, um Eindruck und Achtung hervorzubringen; ich denke aber, daß man Achtung durch edles Benehmen einflößen kann und den Menschen durch Tugend und nicht durch äußern Glanz an sich ziehen soll. Viele unter den Missionären glauben, unendliches zu leisten, wenn sie in Städten und Dörfern in der Landessprache predigen und religiöse Schriften austheilen. Sie machen die hinreißendsten Berichte über die Unzahl von Menschen, die sich herbei drängten, ihre Predigten zu hören, ihre Broschüren in Empfang zu nehmen; man könnte, nach den Schilderungen, mit Recht vermuthen, daß wenigstens die Hälfte der Zuhörer sich alsogleich zum Christenthume bekehren würde. Leider ist aber das Zuhören aus Bücher-Annehmen so viel als gar kein Beweis. -- Würden nicht chinesische, indische, persische Priester große Schaaren eben so vieler Zuhörer haben, wenn sie in Frankreich französisch, in England englisch predigten und dabei in ihrer eigenthümlichen Landestracht erschienen? Würden sich die Menschen nicht haufenweise um sie sammeln, würden sie die unentgeltlich ausgetheilten Bücher und Broschüren nicht annehmen, selbst wenn sie selbe nicht lesen könnten? Ich habe mich in allen Orten genau nach den Erfolgen der Missionäre erkundigt und überall gehört, daß eine Taufe zu den größten Seltenheiten gehöre. Die wenigen Christen in Indien, z. B. die hin und wieder Dörfchen von zwanzig bis dreißig Familien bilden, sind aus elternlosen verlassenen Kindern entstanden, welche von den Missionären aufgenommen und erzogen wurden, aber mit schon lange zu kämpfen bis er diese angeborne Furcht bewältigt. Die Missionäre sagen, daß sie mit diesem Nimbus erscheinen müssen, um Eindruck und Achtung hervorzubringen; ich denke aber, daß man Achtung durch edles Benehmen einflößen kann und den Menschen durch Tugend und nicht durch äußern Glanz an sich ziehen soll. Viele unter den Missionären glauben, unendliches zu leisten, wenn sie in Städten und Dörfern in der Landessprache predigen und religiöse Schriften austheilen. Sie machen die hinreißendsten Berichte über die Unzahl von Menschen, die sich herbei drängten, ihre Predigten zu hören, ihre Broschüren in Empfang zu nehmen; man könnte, nach den Schilderungen, mit Recht vermuthen, daß wenigstens die Hälfte der Zuhörer sich alsogleich zum Christenthume bekehren würde. Leider ist aber das Zuhören aus Bücher-Annehmen so viel als gar kein Beweis. — Würden nicht chinesische, indische, persische Priester große Schaaren eben so vieler Zuhörer haben, wenn sie in Frankreich französisch, in England englisch predigten und dabei in ihrer eigenthümlichen Landestracht erschienen? Würden sich die Menschen nicht haufenweise um sie sammeln, würden sie die unentgeltlich ausgetheilten Bücher und Broschüren nicht annehmen, selbst wenn sie selbe nicht lesen könnten? Ich habe mich in allen Orten genau nach den Erfolgen der Missionäre erkundigt und überall gehört, daß eine Taufe zu den größten Seltenheiten gehöre. Die wenigen Christen in Indien, z. B. die hin und wieder Dörfchen von zwanzig bis dreißig Familien bilden, sind aus elternlosen verlassenen Kindern entstanden, welche von den Missionären aufgenommen und erzogen wurden, aber mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0217" n="209"/> schon lange zu kämpfen bis er diese angeborne Furcht bewältigt. 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Leider ist aber das Zuhören aus Bücher-Annehmen so viel als gar kein Beweis. — Würden nicht chinesische, indische, persische Priester große Schaaren eben so vieler Zuhörer haben, wenn sie in Frankreich französisch, in England englisch predigten und dabei in ihrer eigenthümlichen Landestracht erschienen? Würden sich die Menschen nicht haufenweise um sie sammeln, würden sie die unentgeltlich ausgetheilten Bücher und Broschüren nicht annehmen, selbst wenn sie selbe nicht lesen könnten?</p> <p>Ich habe mich in allen Orten genau nach den Erfolgen der Missionäre erkundigt und überall gehört, daß eine Taufe zu den größten Seltenheiten gehöre. Die wenigen Christen in Indien, z. B. die hin und wieder Dörfchen von zwanzig bis dreißig Familien bilden, sind aus elternlosen verlassenen Kindern entstanden, welche von den Missionären aufgenommen und erzogen wurden, aber mit </p> </div> </body> </text> </TEI> [209/0217]
schon lange zu kämpfen bis er diese angeborne Furcht bewältigt. Die Missionäre sagen, daß sie mit diesem Nimbus erscheinen müssen, um Eindruck und Achtung hervorzubringen; ich denke aber, daß man Achtung durch edles Benehmen einflößen kann und den Menschen durch Tugend und nicht durch äußern Glanz an sich ziehen soll.
Viele unter den Missionären glauben, unendliches zu leisten, wenn sie in Städten und Dörfern in der Landessprache predigen und religiöse Schriften austheilen. Sie machen die hinreißendsten Berichte über die Unzahl von Menschen, die sich herbei drängten, ihre Predigten zu hören, ihre Broschüren in Empfang zu nehmen; man könnte, nach den Schilderungen, mit Recht vermuthen, daß wenigstens die Hälfte der Zuhörer sich alsogleich zum Christenthume bekehren würde. Leider ist aber das Zuhören aus Bücher-Annehmen so viel als gar kein Beweis. — Würden nicht chinesische, indische, persische Priester große Schaaren eben so vieler Zuhörer haben, wenn sie in Frankreich französisch, in England englisch predigten und dabei in ihrer eigenthümlichen Landestracht erschienen? Würden sich die Menschen nicht haufenweise um sie sammeln, würden sie die unentgeltlich ausgetheilten Bücher und Broschüren nicht annehmen, selbst wenn sie selbe nicht lesen könnten?
Ich habe mich in allen Orten genau nach den Erfolgen der Missionäre erkundigt und überall gehört, daß eine Taufe zu den größten Seltenheiten gehöre. Die wenigen Christen in Indien, z. B. die hin und wieder Dörfchen von zwanzig bis dreißig Familien bilden, sind aus elternlosen verlassenen Kindern entstanden, welche von den Missionären aufgenommen und erzogen wurden, aber mit
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