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Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.

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Ich bat den Kaufmann, ein Pferd und einen Führer zu miethen, und entschloß mich, unter allen Gefahren und Umständen wenigstens nach Oromia (fünfzig engl. Meilen) zu gehen. Dort wußte ich amerikanische Missionäre zu finden und war dann für mein Weiterkommen nicht mehr bange.

Der Kaufmann kam am folgenden Tage in Begleitung eines wild aussehenden Kerls, den er mir als meinen Führer vorstellte. Ich mußte, der Gefahr wegen, ohne Karavane zu reisen, einen viermal höhern Preis zahlen, ging aber alles ein, um nur wegzukommen. Der Kontrakt wurde geschlossen und der Führer verpflichtete sich, am nächsten Morgen abzureisen und mich in drei Tagreisen nach Oromia zu bringen. Ich bezahlte die Hälfte des Preises voraus, die andere Hälfte behielt ich bis Oromia vor, um ihn strafen zu können, wenn er den Kontrakt nicht zuhielte.

Freude und Furcht bemächtigten sich meiner, als das Geschäft abgethan war. Um letztere ein wenig zu zerstreuen, ging ich auf die Bazars und vor das Thor des Städtchens spazieren.

Das Städtchen liegt in einem kleinen baumlosen Thale, nahe an einer Hügelkette. Man ließ mich überall ungehindert herum gehen, obwohl ich nichts als den Isar umgeworfen hatte. Die Bazars sind minder armselig als jene in Ravandus, der Chan ist groß und freundlich. Abschreckend fand ich dagegen den Anblick der gemeinen Leute Groß und stark gebaut, mit markirten Zügen, die durch den Ausdruck von Wildheit und Grausamkeit noch mehr

Ich bat den Kaufmann, ein Pferd und einen Führer zu miethen, und entschloß mich, unter allen Gefahren und Umständen wenigstens nach Oromia (fünfzig engl. Meilen) zu gehen. Dort wußte ich amerikanische Missionäre zu finden und war dann für mein Weiterkommen nicht mehr bange.

Der Kaufmann kam am folgenden Tage in Begleitung eines wild aussehenden Kerls, den er mir als meinen Führer vorstellte. Ich mußte, der Gefahr wegen, ohne Karavane zu reisen, einen viermal höhern Preis zahlen, ging aber alles ein, um nur wegzukommen. Der Kontrakt wurde geschlossen und der Führer verpflichtete sich, am nächsten Morgen abzureisen und mich in drei Tagreisen nach Oromia zu bringen. Ich bezahlte die Hälfte des Preises voraus, die andere Hälfte behielt ich bis Oromia vor, um ihn strafen zu können, wenn er den Kontrakt nicht zuhielte.

Freude und Furcht bemächtigten sich meiner, als das Geschäft abgethan war. Um letztere ein wenig zu zerstreuen, ging ich auf die Bazars und vor das Thor des Städtchens spazieren.

Das Städtchen liegt in einem kleinen baumlosen Thale, nahe an einer Hügelkette. Man ließ mich überall ungehindert herum gehen, obwohl ich nichts als den Isar umgeworfen hatte. Die Bazars sind minder armselig als jene in Ravandus, der Chan ist groß und freundlich. Abschreckend fand ich dagegen den Anblick der gemeinen Leute Groß und stark gebaut, mit markirten Zügen, die durch den Ausdruck von Wildheit und Grausamkeit noch mehr

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[198/0206] Ich bat den Kaufmann, ein Pferd und einen Führer zu miethen, und entschloß mich, unter allen Gefahren und Umständen wenigstens nach Oromia (fünfzig engl. Meilen) zu gehen. Dort wußte ich amerikanische Missionäre zu finden und war dann für mein Weiterkommen nicht mehr bange. Der Kaufmann kam am folgenden Tage in Begleitung eines wild aussehenden Kerls, den er mir als meinen Führer vorstellte. Ich mußte, der Gefahr wegen, ohne Karavane zu reisen, einen viermal höhern Preis zahlen, ging aber alles ein, um nur wegzukommen. Der Kontrakt wurde geschlossen und der Führer verpflichtete sich, am nächsten Morgen abzureisen und mich in drei Tagreisen nach Oromia zu bringen. Ich bezahlte die Hälfte des Preises voraus, die andere Hälfte behielt ich bis Oromia vor, um ihn strafen zu können, wenn er den Kontrakt nicht zuhielte. Freude und Furcht bemächtigten sich meiner, als das Geschäft abgethan war. Um letztere ein wenig zu zerstreuen, ging ich auf die Bazars und vor das Thor des Städtchens spazieren. Das Städtchen liegt in einem kleinen baumlosen Thale, nahe an einer Hügelkette. Man ließ mich überall ungehindert herum gehen, obwohl ich nichts als den Isar umgeworfen hatte. Die Bazars sind minder armselig als jene in Ravandus, der Chan ist groß und freundlich. Abschreckend fand ich dagegen den Anblick der gemeinen Leute Groß und stark gebaut, mit markirten Zügen, die durch den Ausdruck von Wildheit und Grausamkeit noch mehr

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Zitationshilfe: Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/206>, abgerufen am 23.11.2024.