Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850.ich ihnen auch heute den Besuch geschenkt, denn die Araber, reich oder arm, haben wenig Begriffe von Reinlichkeit. Dazu wollte man mir die kleinen, ganz besudelten Kinder auf den Schooß oder auf den Arm geben, und ich wußte gar nicht, wie mich anstellen, um diesem Vergnügen zu entkommen. Viele von ihnen waren mit den Alleppo-Beulen behaftet und andern fehlte es nicht an bösen Augen- und Haut-Krankheiten. Nachdem die Weiber und Kinder mich verlassen hatten, kam mein Hauswirth. Dieser war wenigstens reinlich gekleidet und benahm sich mit mehr Lebensart. Am 2. Juni verließ ich mit Sonnenaufgang die Stadt Hilla und ritt ohne Unterbrechung bis nach dem Chan Scandaria (sechzehn Meilen), wo ich einige Stunden anhielt, und ging denselben Tag noch nach Bir Yanus (abermals bei sechzehn Meilen). Um ein Uhr nach Mitternacht brach ich wieder auf und nahm einen Soldaten zur Begleitung mit. Kaum waren wir vier bis fünf Meilen vom Chan entfernt, so vernahmen wir einen höchst verdächtigen Lärm. Wir hielten an und der Diener bedeutete mir, mich sehr ruhig zu verhalten, damit unsere Anwesenheit nicht verrathen werde. Der Soldat stieg vom Pferde und kroch mehr als er ging im Sande der gefährlichen Gegend zu, um zu recognosciren. Meine Ermüdung war so groß, daß ich, obwohl allein in finsterer Nacht in der schauerlichen Wüste, dennoch anfing, auf dem Pferde einzuschlummern und erst erwachte, als der Soldat mit einem Freudenrufe zurückkehrte und uns erzählte, daß er auf keine Räuber, sondern auf einen Scheik gestoßen sei, der in Begleitung seines Gefolges nach Bagdad ging. ich ihnen auch heute den Besuch geschenkt, denn die Araber, reich oder arm, haben wenig Begriffe von Reinlichkeit. Dazu wollte man mir die kleinen, ganz besudelten Kinder auf den Schooß oder auf den Arm geben, und ich wußte gar nicht, wie mich anstellen, um diesem Vergnügen zu entkommen. Viele von ihnen waren mit den Alleppo-Beulen behaftet und andern fehlte es nicht an bösen Augen- und Haut-Krankheiten. Nachdem die Weiber und Kinder mich verlassen hatten, kam mein Hauswirth. Dieser war wenigstens reinlich gekleidet und benahm sich mit mehr Lebensart. Am 2. Juni verließ ich mit Sonnenaufgang die Stadt Hilla und ritt ohne Unterbrechung bis nach dem Chan Scandaria (sechzehn Meilen), wo ich einige Stunden anhielt, und ging denselben Tag noch nach Bir Yanus (abermals bei sechzehn Meilen). Um ein Uhr nach Mitternacht brach ich wieder auf und nahm einen Soldaten zur Begleitung mit. Kaum waren wir vier bis fünf Meilen vom Chan entfernt, so vernahmen wir einen höchst verdächtigen Lärm. Wir hielten an und der Diener bedeutete mir, mich sehr ruhig zu verhalten, damit unsere Anwesenheit nicht verrathen werde. Der Soldat stieg vom Pferde und kroch mehr als er ging im Sande der gefährlichen Gegend zu, um zu recognosciren. Meine Ermüdung war so groß, daß ich, obwohl allein in finsterer Nacht in der schauerlichen Wüste, dennoch anfing, auf dem Pferde einzuschlummern und erst erwachte, als der Soldat mit einem Freudenrufe zurückkehrte und uns erzählte, daß er auf keine Räuber, sondern auf einen Scheik gestoßen sei, der in Begleitung seines Gefolges nach Bagdad ging. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0152" n="144"/> ich ihnen auch heute den Besuch geschenkt, denn die Araber, reich oder arm, haben wenig Begriffe von Reinlichkeit. Dazu wollte man mir die kleinen, ganz besudelten Kinder auf den Schooß oder auf den Arm geben, und ich wußte gar nicht, wie mich anstellen, um diesem Vergnügen zu entkommen. Viele von ihnen waren mit den Alleppo-Beulen behaftet und andern fehlte es nicht an bösen Augen- und Haut-Krankheiten. Nachdem die Weiber und Kinder mich verlassen hatten, kam mein Hauswirth. Dieser war wenigstens reinlich gekleidet und benahm sich mit mehr Lebensart.</p> <p>Am 2. 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Meine Ermüdung war so groß, daß ich, obwohl allein in finsterer Nacht in der schauerlichen Wüste, dennoch anfing, auf dem Pferde einzuschlummern und erst erwachte, als der Soldat mit einem Freudenrufe zurückkehrte und uns erzählte, daß er auf keine Räuber, sondern auf einen Scheik gestoßen sei, der in Begleitung seines Gefolges nach <hi rendition="#aq">Bagdad</hi> ging. </p> </div> </body> </text> </TEI> [144/0152]
ich ihnen auch heute den Besuch geschenkt, denn die Araber, reich oder arm, haben wenig Begriffe von Reinlichkeit. Dazu wollte man mir die kleinen, ganz besudelten Kinder auf den Schooß oder auf den Arm geben, und ich wußte gar nicht, wie mich anstellen, um diesem Vergnügen zu entkommen. Viele von ihnen waren mit den Alleppo-Beulen behaftet und andern fehlte es nicht an bösen Augen- und Haut-Krankheiten. Nachdem die Weiber und Kinder mich verlassen hatten, kam mein Hauswirth. Dieser war wenigstens reinlich gekleidet und benahm sich mit mehr Lebensart.
Am 2. Juni verließ ich mit Sonnenaufgang die Stadt Hilla und ritt ohne Unterbrechung bis nach dem Chan Scandaria (sechzehn Meilen), wo ich einige Stunden anhielt, und ging denselben Tag noch nach Bir Yanus (abermals bei sechzehn Meilen). Um ein Uhr nach Mitternacht brach ich wieder auf und nahm einen Soldaten zur Begleitung mit. Kaum waren wir vier bis fünf Meilen vom Chan entfernt, so vernahmen wir einen höchst verdächtigen Lärm. Wir hielten an und der Diener bedeutete mir, mich sehr ruhig zu verhalten, damit unsere Anwesenheit nicht verrathen werde. Der Soldat stieg vom Pferde und kroch mehr als er ging im Sande der gefährlichen Gegend zu, um zu recognosciren. Meine Ermüdung war so groß, daß ich, obwohl allein in finsterer Nacht in der schauerlichen Wüste, dennoch anfing, auf dem Pferde einzuschlummern und erst erwachte, als der Soldat mit einem Freudenrufe zurückkehrte und uns erzählte, daß er auf keine Räuber, sondern auf einen Scheik gestoßen sei, der in Begleitung seines Gefolges nach Bagdad ging.
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Zitationshilfe: | Pfeiffer, Ida: Eine Frauenfahrt um die Welt, Band 3. Wien, 1850, S. 144. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pfeiffer_frauenfahrt03_1850/152>, abgerufen am 16.02.2025. |